OVB-Leser geben Kindern ein Zuhause

von Redaktion

Kinder aus schwierigen Verhältnissen finden in Pinswang ein neues Zuhause. Das Albert-Schweitzer-Familienwerk unterhält dort zwei Kinderdorfhäuser. Der Weg dahin konnte durch eine OVB-Spen- denaktion geebnet werden. Was mit dem Geld der Leser passiert ist – und wie es heute im Kinderdorf aussieht.

Pinswang/Neubeuern – „Ohne die OVB-Spendenaktion könnten die Kinder heute nicht hier sein“, sagt Heiner Koch. Er ist geschäftsführender Vorsitzender des Albert-Schweitzer-Familienwerks Bayern und hat zur Besichtigung des neuen Kinderdorfhauses eingeladen, um zu zeigen, was mit dem gespendeten Geld passiert ist.

Die OVB-Weihnachtsspendenaktion hat den Bau eines neuen Hauses im Kinderdorf maßgeblich finanziert. Rund 750000 Euro kamen beim ersten Spendenaufruf 2012 zusammen. Weitere 500000 Euro spendeten die OVB-Leser beim zweiten Aufruf im Jahr 2018.

Umbau kostet rund 1,3 Millionen Euro

Mit diesem Geld hat das Albert-Schweitzer-Familienwerk in Pinswang bei Neubeuern ein Zuhause geschaffen. In den beiden Häusern Kerbhaus und Rosenhof wohnen jeweils neun Kinder und Jugendliche zwischen vier und 18 Jahren. Allerdings gibt es den Rosenhof, wie er heute aussieht, noch gar nicht so lang.

Bis 2010 war das Gebäude ein Bauernhof und wurde von Ruth Kerb bewohnt. Sie hatte damals bereits ein Grundstück an die Stiftung übergeben, auf dem seit 2005 das nach ihr benannte Kerbhaus steht. Nach ihrem Tod im Jahr 2010 vermachte sie ihr ehemaliges Zuhause der Stiftung. Doch einfach einziehen konnte man in das veraltete Gebäude nicht.

„Renovierung und Umbau haben insgesamt 1,3 Millionen Euro gekostet“, weiß Birgit Thierer, die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. 2016 habe man nach einigen arbeitsreichen Jahren endlich in den Rosenhof einziehen können.

„Das ist das Herzstück“, erklärt Stefanie Seifert-Keller, Hausleitung des Rosenhofs. Sie steht im ehemaligen Stall des Hauses. Der zentral gelegene Raum ist eine Kombination aus Wohnzimmer und Küche. „Für die Kinder, die hierherkommen, sind warme Mahlzeiten nicht selbstverständlich“, sagt Seifert-Keller. Deshalb sei es auch besonders wichtig, dass selber gekocht wird. Jedes der Kinder hat außerdem ein eigenes Zimmer. Auch nachts sind die Bewohner nicht alleine: „Es schläft immer jemand im Betreuungszimmer“, betont die Hausleiterin. Sollte jemand Albträume oder Probleme haben, ist immer jemand direkt vor Ort.

„Unsere Kinder bekommen hier aber nicht nur ein Dach über dem Kopf,“ sagt Seifert-Keller. „Sie lernen auch wichtige Fähigkeiten, die ihnen im späteren Leben helfen werden.“ Den Mitarbeitern sei es wichtig, dass die Kinder sich sicher fühlen und wissen, dass sie auf Unterstützung zählen können.

Leben wie in
einer Großfamilie

Den Großteil des Tages verbringen die Bewohner allerdings nicht in ihren Zimmern. „Morgens werden alle geweckt und wir frühstücken zusammen“, erzählt Seifert-Keller. Das sei wie in einer Großfamilie. „Die Kinder gehen auf unterschiedliche Schulen und Kindergärten, deshalb sind wir vormittags alleine. Dann ist Zeit für die Büroarbeit.“

„Dazu gehört natürlich der Kontakt mit dem Jugendamt, aber auch mit den Eltern“, betont Seifert-Keller. Hier versuche man, die Angehörigen soweit wie möglich auch mit einzubinden. „Eltern müssen sich auch weiterentwickeln“, weiß die Pädagogin.

Wenn mittags alle nach Hause kommen, sei es oft ein ziemliches Durcheinander, denn jeder habe viel zu erzählen. Beim Mittagessen versammeln sich wieder alle, danach werden Hausaufgaben erledigt. „Nachmittags gibt es freie Spielzeit“, erklärt die Hausleiterin. Die sei aber oft nicht so frei, wie sie es sich wünscht.

„Viele Kinder müssen zum Arzt oder zur Therapie. Das reicht von Ergo- und Physiotherapie bis hin zur Psychotherapie“, erzählt Seifert-Keller. Ein Großteil der Kinder ist auch in Sportvereinen aktiv. Außerdem wohnen neben einem Kater auch noch zwei Pferde im Kinderdorf, bei deren Versorgung die Bewohner fleißig mithelfen. Nach dem gemeinsamen Abendessen geht es dann nach etwas Fernsehzeit für viele erschöpfte Kinder schon ins Bett.

Trauer und Heimweh gehören auch dazu

„Abends machen wir dann nochmal einen Rundgang durch alle Zimmer“, betont Seifert-Keller. Das sei sehr wichtig, denn: „Abends kommt das hoch, was im aktiven Alltag einfach untergeht.“ Dann seien die Kinder und Jugendlichen auch mal traurig oder hätten Heimweh.

Die Bewohner, zwischen vier und 18 Jahren, stammen allesamt aus schwierigen Familienverhältnissen. Einige Kinder hätten Gewalt oder sexuellen Missbrauch erlebt, manchmal seien die Eltern auch psychisch krank oder alkoholsüchtig. „Wir sind die letzte Station. Wenn es zu Hause einfach nicht klappt, können wir familienersetzend sein“, betont sie. Bei manchen Kindern sei es möglich, dass sie ihre Eltern am Wochenende besuchen. Bei anderen wiederum sei das gar nicht oder nur unter Aufsicht machbar.

„Jeder putzt
und räumt auf“

Mit dem Geld der OVB-Leser konnte der Rosenhof aufwendig renoviert werden. Aber auch jetzt fallen immer wieder kleinere Arbeiten an. „Wie es hier aussieht, steht und fällt mit den Mitarbeitern“, betont Seiffert-Keller. „Jeder putzt und räumt auf. So sehen die Kinder, dass das nicht nur die Aufgabe der Putzfrau ist. Jeder kann einen Beitrag leisten.“ Wenn es beispielsweise etwas zu streichen gebe, greifen alle zum Pinsel.

Darüber hinaus nehmen die Betreuer manchmal ihre Kinder mit zur Arbeit. Oft entstünden dabei sogar schöne Momente. „Manche der aufgedrehten Kinder sind mit den Kleinen total ruhig, setzen sich zusammen und spielen“, sagt Seifert-Keller.

Kinderdorf feiert
erste Erfolge

Einer der Absolventen ist im Kinderdorf aufgewachsen und danach in eine eigene Wohnung gezogen. Er hat eine Ausbildung im Metallbereich begonnen und auch heute noch Kontakt zu den Pädagogen im Kinderdorf. Er war auch der Erste, der in das renovierte Nebenhaus des ehemaligen Bauernhofs eingezogen ist. „Hier können Jugendliche, bis sie 21 sind, in einer eigenen Wohnung leben, aber sind trotzdem noch nah an allem dran“, erklärt Birgit Thierer.

Die Angestellten des Albert-Schweitzer-Familienwerks versuchen, Kindern aus schwierigen Verhältnissen ein normales Leben zu ermöglichen. Doch das alleine reicht nicht. Es braucht Kinderdorfhäuser wie die in Pinswang bei Neubeuern, die diesen Kindern ein Zuhause bieten. Und dazu haben rund 17000 Einzelspenden der OVB-Leser einen großen Teil beigetragen.

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