Rosenheim – Dieses Plädoyer für Organspende ging im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut: Mitglieder des Bayerischen Landtags verschiedener Fraktionen haben sich jüngst in einem Münchner Tattoo-Studio ein Symbol stechen lassen, das sie als Organspender ausweist. Die Aktion hatte Thomas Zöllner (Freie Wähler), Patientenbeauftragter der Staatsregierung, ins Leben gerufen. Das Motiv, das aus einem Kreis und zwei Halbkreisen besteht, soll letztlich ein „O“ und ein „D“ symbolisieren, was für „organ donor“ (Organspender) steht. Es hat allerdings nur einen symbolischen Charakter und ersetzt nicht den Ausweis. Doch geht das Thema auch den Landtagsabgeordneten aus dem Raum Rosenheim unter die Haut?
Lausch ist seit
Jahrzehnten dabei
Ein Kreis und zwei Halbkreise sind auf dem Körper von Josef Lausch aus Großkarolinenfeld, der für die Freien Wähler im Landtag sitzt, ebenso wie andere Tattoo-Motive nicht zu finden. „Nein, ich habe mir das Motiv nicht stechen lassen“, sagt der Abgeordnete auf OVB-Anfrage. Zum einen habe es zeitlich nicht gepasst, zum anderen „passt ein Tattoo nicht zu mir“, findet der Großkarolinenfelder, der den Körperschmuck grundsätzlich für „Geschmackssache“ hält. Wobei Lausch aber das Tattoo auch nicht braucht, um ihn als Organspender auszuweisen. „Ich habe seit Jahrzehnten einen Organspendeausweis“, verrät der Freie-Wähler-Abgeordnete, dem das Thema nach eigenen Angaben sehr am Herzen liegt. „Wir haben einen riesigen Mangel an Organen und so viele leidende Menschen, die dringend ein Spenderorgan brauchen“, sagt Lausch, der daher die Tattoo-Aktion auch gut findet, um „für Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema zu sorgen“. Er selbst spricht sich klar für die sogenannte Widerspruchslösung aus. Das bedeutet, die Bürger müssten aktiv widersprechen, als Organspender zu gelten.
Eine Lösung, die sich auch Franz Bergmüller von der AfD wünschen würde: „Da ist mir auch egal, wie meine Partei dazu steht“, stellt der Feldkirchen-Westerhamer klar, der sich zwar kein Tattoo stechen lassen würde („Ich mag so etwas nicht“), aber seit 42 Jahren einen Organspende-Ausweis besitzt und damit „wohl so lange, wie niemand sonst im Landtag“. Für ihn sei es „völlig absurd“, dass Menschen sich nach ihrem Tod lieber mit ihren Organen verbrennen ließen, als diese zu spenden und somit eventuell Leben zu retten. Für ihn sei immer wieder beeindruckend, wenn „aktive Botschafter“ davon berichten, wie sie jahrelang oder sogar jahrzehntelang auf ein Organ hoffen oder gehofft haben, um weiterleben zu können. Auch in seinem Bekanntenkreis gäbe es Menschen, die nur aufgrund einer Organspende heute noch am Leben seien. „Wenn es dann im eigenen Umfeld Leute betrifft, dann würden viele Menschen, die die Organspende jetzt ablehnen, sicherlich anders darüber denken“, ist sich der AfD-Abgeordnete sicher. Sein AfD-Fraktionskollege Andreas Winhart aus Bad Aibling weilt derzeit im Urlaub und ist daher für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Und wie sieht es bei den Christsozialen aus? Sebastian Friesinger aus Albaching will sich da (noch) nicht festlegen. Zwar hätten 90 Prozent seiner Familie einen Organspendeausweis, er selbst besitze aber keinen. Das sei „keine bewusste Entscheidung“, zumal er das Thema auf seiner Agenda habe und demnächst auch mit seiner Familie darüber sprechen möchte. Die Tattoo-Aktion im Landtag findet er aber „sehr gut, weil es wichtig ist, über dieses Thema zu reden“. Bei der Frage, ob die Widerspruchslösung die bessere Alternative sei, sei er allerdings noch „hin- und hergerissen“.
Daniel Artmann ist
„Pro Organspende“
Sein Fraktionskollege Daniel Artmann hingegen bekennt sich gegenüber dem OVB ganz klar zur Fraktion „Pro Organspende“, auch wenn er sich der Nadel ferngehalten hat. „Ich habe die Aktion selbstverständlich unterstützt, aber ohne Tattoo“, sagt Artmann. Er selbst ist Besitzer eines Organspendeausweises, weil man „einfacher kein Leben retten kann“. Daher bezeichnet der CSU-Vertreter die Landtagsaktion auch als „im wahrsten Sinne des Wortes überlebenswichtig“. So verweist der Rosenheimer darauf, dass es heuer bereits 122 postmortale Organspender in Bayern gegeben habe, im gesamten Jahr 2023 nur 97. Die Zahl der nach dem Tod gespendeten Organe sei damit von 281 auf 370 im laufenden Jahr gestiegen.
„Die derzeitige Tendenz ist sehr erfreulich – und wir sind damit auf einem guten Weg“, findet Artmann, der aber darauf verweist, dass „aktuell in Bayern immer noch rund 1200 Menschen auf ein lebenswichtiges Spenderorgan“ warten würden. „Deshalb ist es unerlässlich, immer wieder darauf aufmerksam zu machen und für die Entscheidung, sich als Organspenderin oder Organspender eintragen zu lassen, zu werben.“
So positioniert sich der CSU-Politiker auch ganz klar auf der Seite der Widerspruchslösung-Befürworter. „Die weit überwiegende Mehrheit steht der Organ- und Gewebespende positiv gegenüber, aber weniger als die Hälfte der Menschen in Deutschland hat auch einen Organspende-Ausweis oder eine Patientenverfügung, die sich mit der Organ- und Gewebespende befasst“, wird Artmann deutlich. „Daher befürworte ich die Widerspruchslösung. Denn wer zu Lebzeiten selbst entscheidet und für Klarheit sorgt, nimmt seinen Angehörigen die Last einer Entscheidung in schweren Stunden.“
Mathias Weinzierl