Rosenheim – Der siebte Rosenheimer Suchthilfetag am Mittwoch, 20. November, im Kuko bot eine breite Palette an Informationen und regen Austausch zwischen den involvierten Profis und ehrenamtlichen Helfern.
Oberbürgermeister Andreas März begrüßte die weit über 700 Besucher . Die Veranstaltung wurde von dem sozialtherapeutischen Unternehmen Anthojo, der Stiftungsgesellschaft Neon, die in Rosenheim einen Großteil der Therapien rund um Suchterkrankungen ambulant betreut, und dem kbo-InnSalzach-Klinikum, das ebenfalls Suchterkrankungen ambulant und stationär betreut, getragen.
März unterstrich die große Brisanz, die Suchterkrankungen in der Gesellschaft bis in die Familien haben. Jede Bemühung, die Wege aus jedweder Sucht aufzeigen könne, sei es wert, unterstützt zu werden. Dass dies wichtig und richtig sei, zeige sich an der Vielzahl der Teilnehmer, denen er neue Perspektiven und Informationen aus Vorträgen und Kontakten wünschte.
Der stellvertretende Bezirkstagspräsident von Oberbayern, Michael Asam, zeigte sich ebenfalls überwältigt von der großen Beteiligung. Er verwies auf die Notwendigkeit jeglicher Hilfestellung für Erkrankte und forderte die Teilnehmer auf, die Gelegenheit zum hilfreichen Erfahrungsaustausch zu nutzen.
Prof. Dr. Peter Zwanziger, ärztlicher Direktor des kbo- InnSalzach-Klinikums, erklärte in seinem Grußwort, es gelte, diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit Brücken aus der Isolation zu lösen. Es müssten neue Lösungen gefunden werden, um der Herausforderung zu begegnen. Der Bundesbeauftragte für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert, wandte sich in einer Videobotschaft ebenfalls an die Versammlung.
In sieben Vorträgen, von der Cannabis-Legalisierung über psychedelische Behandlungsformen und Glücksspiel-Problemen bis hin zu Nikotin und Prävention für Kinder und Jugendliche, wurde eine breite Palette an Informationen angeboten. Die Thematik der Teil-Legalisierung erfuhr naturgemäß großen Zuspruch.
Ludwig Binder, psychoanalytischer und systemischer Therapeut, beleuchtete das Thema aus der Sicht des praktizierenden Therapeuten. Prinzipiell begrüßte er die Legalisierung, beklagte jedoch eine handwerklich bedenkliche Umsetzung, die zunächst Herstellung und Vertrieb illegaler Drogen befeuere. Der vorhandene Bedarf und die mögliche Produktion durch die CannabisSocialClubs (CSC) an Cannabis für die Bedürfnisse der Konsumenten könne niemals ausreichen. Er leugnete die Risiken dieses Konsums keineswegs. Jedoch könne nur auf diesem Wege und mittelfristig, bei gleichzeitiger Regulierung und Überwachung, eine echte Verbesserung der Cannabisproblematik erreicht werden. Er zeigte der Politik eine „Must-do-Liste“ auf, mittels derer die Startfehler dieses Gesetzes behoben werden könnten. Sein Resümee: Die „Teil“-Legalisierung sei lediglich eine „Teil“-Lösung für ein „ganzes“ Problem.
Von der Partydroge zu korrekten medizinischen Anwendungen: Eine hochinteressante Therapieversion für Depressionspatienten zeigte Dr. Henrik Jungaberle in seinem Vortrag über psychedelische Therapien auf. Gleich zu Beginn unterstrich er, dass bislang noch keine dieser Behandlungen mit diesen nicht ungefährlichen psychotropen Substanzen zugelassen ist. Alle derartigen Heilsversprechen, zum Beispiel aus dem Internet, seien völlig irreal und diese Psychodelika bislang lediglich in noch nicht abgeschlossenen Studien getestet. Allerdings sei er durchaus optimistisch, dass es zumindest in einigen Jahren möglich sei, mit solchen Gaben medizinische Erfolge bei schweren Depressionen zu erzielen.
Alle diese Vorträge bereicherten nicht nur, sondern gaben vielfache Anstöße zu Diskussionen und Austausch auf den verschiedensten Ebenen. Dass es in großzügig bemessenen Pausen beim Kaffee dazu genügend Raum gab, unterstreicht die Professionalität der Veranstalter. Der Rosenheimer Suchthilfetag – eine Veranstaltung, die für eine wirklich vorhandene Problematik wirklich vorhandene Hilfen bot.Theo Auer