Rosenheim/Traunstein – Vor dem Landgericht Traunstein stehen derzeit drei Angeklagte im Fokus, denen vorgeworfen wird, schadensträchtige Verkehrsunfälle im Landkreis Rosenheim provoziert zu haben. Zwischen 2018 und 2020 sollen sogenannte „Autobumser“ bei fünf inszenierten Unfällen fast 95000 Euro Schaden für Versicherungen verursacht haben. Die Opfer waren meist unschuldige Autofahrer, die in Kreisverkehren unterwegs waren.
Die Hauptverhandlung der Zweiten Strafkammer unter Vorsitz von Richter Volker Ziegler begann gestern mit intensiven Rechtsgesprächen. Dabei loteten die Prozessbeteiligten mögliche Strafrahmen für die Angeklagten im Falle von Geständnissen aus. Die nächsten Verhandlungstermine sind für den 2., 3. und 9. Dezember, jeweils um 9 Uhr, angesetzt. Ob die ursprünglich geplanten sieben Verhandlungstage bis in den Januar notwendig sind, hängt von den Geständnissen der mutmaßlichen Täter ab. Ein 30-jähriger Österreicher ist inzwischen aus dem Verfahren ausgeschieden, da er in seinem Heimatland eine mehrjährige Freiheitsstrafe verbüßt. Die Vorwürfe im Landkreis Rosenheim wurden angesichts der umfangreicheren Anklagen in Österreich eingestellt. Die verbleibenden drei Angeklagten, die zuletzt in Pfaffing im Landkreis Rosenheim lebten, sind zwei Männer im Alter von 38 und 27 Jahren sowie eine 37-jährige Frau. Laut Anklage fanden die Taten bevorzugt im Schwaiger Kreisel in Rosenheim und im Pullacher Kreisel in Kolbermoor statt.
Staatsanwalt Daniel Musin wirft dem Trio gewerbsmäßigen Bandenbetrug in mehreren Fällen sowie weitere Delikte vor. Die Männer müssen sich zudem wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verantworten. Der unfallanalytische Gutachter Dr. Andreas Thalhammer aus Rott wird noch detaillierte Informationen zu den Gefährdungssituationen liefern.
Die Verteidiger der Angeklagten – Gabriele Sachse aus Rosenheim, Jürgen Pirkenseer aus Piding, Werner Kränzlein aus München, Raphael Botor aus Rosenheim und Michael Adams aus München – beantragten ein Rechtsgespräch mit Staatsanwalt Musin und dem Gericht. Nach intensiver Beratung gab der Vorsitzende Richter die zu erwartenden Strafspannen bekannt. Diese sind an vollständige Geständnisse und persönliche Angaben der Angeklagten geknüpft. Zahlreiche Dokumente sollen im Selbstleseverfahren geprüft werden.
Für den 38-jährigen Haupttäter stellte Ziegler eine Freiheitsstrafe zwischen vier und viereinhalb Jahren in Aussicht, was deutlich von dessen Wunsch nach einer Bewährungsstrafe von maximal zwei Jahren abweicht. Der Kammervorsitzende betonte: „Wir wollen keine falschen Hoffnungen wecken. Wir müssen die Vorstrafen, die Anzahl der Taten und generalpräventive Überlegungen berücksichtigen.“ Für den 27-Jährigen könnte eine Haftstrafe zwischen zwei Jahren drei Monaten und zwei Jahren neun Monaten verhängt werden. Die Strafe der 37-jährigen Angeklagten könnte zwischen 15 und 21 Monaten liegen und zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Höhe des einzuziehenden Wertersatzes und die mögliche Einziehung von Tatmitteln sind von der Vereinbarung nicht betroffen, wie der Vorsitzende Richter gestern betonte. kd