Partys, Harleys, Haftstrafen

von Redaktion

Die krasse Chronik der Hells Angels in der Region Rosenheim

Rosenheim – So viel Aufmerksamkeit erhält ein normaler Club nicht: 200 Polizeibeamte wachten am vergangenen Wochenende darüber, dass bei der Einweihungsparty für ein Clubheim der Hells Angels niemand über die Stränge schlägt. Messer wurden sichergestellt, auch eine Machete – ansonsten aber blieb es laut Polizei ruhig in Altenmarkt an der Alz.

Immer wieder
war Gewalt im Spiel

Das war nicht immer so. Die Geschichte der Hells Angels in der Region Rosenheim ist auch eine Geschichte der Gewalt. Und der Kriminalität. In den vergangenen Jahren nahm sich die Polizei daher systematisch die Führungsetage der Hells Angels vor. Mehrere Angels wurden für Jahre hinter Gitter geschickt.

So musste sich im März 2022 der ehemalige Präsident des Charters Rosenheim wegen Zuhälterei und schwerer Zwangsprostitution vor dem Landgericht Frankfurt verantworten. Gegen die Verurteilung zu einer langjährigen Haftstrafe legte der damals 36-Jährige Revision ein. Der BGH hat das Urteil mittlerweile teilweise aufgehoben beziehungsweise abgeändert. Aber – auch der BGH hielt für den Rocker acht Jahre Gefängnis für angemessen. Nur gut zwei Jahre weniger als das Landgericht in Frankfurt. Das Urteil jedenfalls sei nun rechtskräftig, sagt der Sprecher des Landgerichts.

Bereits der Vorgänger beim Rosenheimer Charter musste ins Gefängnis: Wegen illegaler Prostitution wurde er 2020 zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung verurteilt.

Tuntenhausen
wehrt sich erfolgreich

Sein Versuch, in Tuntenhausen ein Vereinslokal zu etablieren, war zuvor am Widerstand im Ort und auch am Verhandlungsgeschick von Bürgermeister Georg Weigl gescheitert, der die Rocker von der mangelnden Eignung seines Ortes für eine Zentrale von harten Jungs überzeugen konnte.

Die Polizei war zudem in Tuntenhausen offensiv auf die Öffentlichkeit zugegangen, hatte über die Gefahr der organisierten Kriminalität informiert.

Die Polizei beließ es nicht bei Informationen. Auch einen so genannten Sergeant at Arms, den Sicherheitschef des Charters, sowie seinen Stellvertreter machte die Polizei 2022 dingfest. In Rosenheim wurde es daraufhin ruhig um die Rocker-Gang. Ist die Einrichtung eines „Angels Place“ in Altenmarkt der Versuch, einen neuen Stützpunkt in der Region einzurichten und sich neu zu sortieren?

Die Chronik der Rocker in der Region ist krass. Und zweideutig. Nicht immer geht‘s um das Gehabe von Rowdys oder gar Verbrechen. Mal sind sie die netten Gastgeber von Sommerfesten. Einmal kandidierte in Mühldorf ein Hells-Angels- Mitglied sogar als Stadtrat – für die Freien Wähler.

Immer wieder gab es aber auch bedenkliche Vorfälle. 2009 etwa; da wollte sich ein Zahnarzt an einem rumänischen früheren Geschäftspartner rächen. Er heuerte dazu mutmaßlich zwei Hells Angels an, die in Reit im Winkl den Rumänen vermöbeln und ihm seinen Porsche rauben sollten.

Wiederholt
gab es Razzien

Des Öfteren klopfte die Polizei an Wohnungen von Hells Angels an. Zum Beispiel im Juli 2015: Mehrere Dutzend Beamte durchsuchten elf Wohnungen hauptsächlich in Rosenheim, aber auch im südlichen Landkreis und in Kufstein. An der Razzia waren auch Spezialeinsatzkräfte der Polizei und das Rauschgifteinsatzkommando des Landeskriminalamts sowie österreichische Beamte beteiligt. Sechs Frauen und Männer wurden festgenommen.

Sichergestellt wurden Drogen im Wert von 60000 Euro, überwiegend Kokain, aber auch 1,5 Kilogramm Marihuana. Daneben fanden die Ermittler Falschgeld sowie Schlagringe, Totschläger und ein Springmesser. Überhaupt, die Drogen: Im November 2022 endete vorm Landgericht Traunstein ein Prozess gegen zwei Dealer mit hohen Haftstrafen von zehn beziehungsweise zwölf Jahren. Sie hatten Hells Angels mit Rauschgift versorgt und lieferten in der Verhandlung Einblicke in die Schattenwelt des Rocker-Milieus. Drogen, Zwangsprostitution, Erpressung: Immer wieder ist im Zusammenhang mit diesen Verbrechen von Rockern die Rede.

Gepanzertes Fahrzeug
in Töging im Einsatz

Für viel Aufmerksamkeit sorgte vergangenes Jahr eine Razzia gegen das Vereinslokal der Hells Angels in Töging. Dort setzte die Polizei ein gepanzertes Fahrzeug ein, um das Clublokal der Hells Angels zu stürmen. Anlass war eine Disco-Prügelei im Februar 2023, angeordnet worden war die Aktion von der Staatsanwaltschaft Traunstein.

Wo auch immer die Hells Angels auftauchen, scheinen es die bayerischen Behörden ihnen nicht zu gemütlich werden zu lassen. Und in Altenmarkt? Man werde die Hells Angels dort im Auge behalten, sagt Stefan Sonntag, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd.

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