Wolf nur noch „geschützt“

von Redaktion

War‘s das für Problemwölfe? Der Wolf soll künftig geringeren Schutzstatus genießen. Aus der Region kommt Beifall und auch Skepsis: Wo sich Jäger und Almbauern weiterhin im Paragrafen-Dschungel verirren könnten.

Rosenheim – „Das war überfällig“: So äußerte sich Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) über die Senkung des Schutzstatus‘ für den Wolf.

Der ständige Ausschuss der sogenannten Berner Konvention, ein Abkommen zum Schutz von Tier- und Pflanzenarten, hatte den Wolf von „streng geschützt“ auf „geschützt“ gestellt. Kaniber sprach von einem guten Tag „für die Weidetierhalter und die Biodiversität“. Sie sei erleichtert, dass der Status auf internationaler Ebene abgesenkt worden ist. Allerdings sei man noch nicht am Ziel.

Jäger sieht noch keinen Durchbruch

„Das ist der erste Schritt, ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Rosenheims Kreisbäuerin Katharina Kern. Man müsse auf eine sachliche Ebene zurückkehren, und dazu gehöre die Feststellung, dass der Wolf nicht mehr vom Aussterben bedroht sei. Nunmehr müsse man abwägen, „wo verträgt sich‘s, und wo nicht.“ Andernfalls werde der Wolf auch nie Akzeptanz gewinnen.

Von Jägern und Almbauern in der Region insgesamt kommt Zustimmung. Allerdings auch mit Fragezeichen. „Es ist die Frage, wie die Entscheidung der Berner Konvention ausgelegt wird“, sagt Jakob Sichler, Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Grassau. „Durch die Senkung des Schutzstatus allein geschieht erstmal nichts.“

Dass die Jagd auf den Wolf erleichtert werden muss, davon ist er überzeugt. „Wir müssen den Wolf ja nicht ausrotten“, sagt er. „Also Koexistenz ja, aber nur unter der Möglichkeit der Entnahme.“ Im Übrigen kommt ihm die Absenkung des Status zu spät. „Der Wolf ist noch nie schutzwürdig gewesen“, sagt Sichler. Nahe Grassau war erst kürzlich ein Räuber unterwegs gewesen, und auch schon im Frühjahr will man dort einen Wolf registriert haben.

Ministerin mahnt weitere Schritte an

Auch die Ministerin sieht die Notwendigkeit weiterer Schritte. Ziel sei das dringend erforderliche „aktive Bestandsmanagement“ für den Wolf. „Wir sind durch die Entscheidung noch nicht am Ziel“, geändert werden müsse die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU. Zudem müsse für ganz Deutschland der günstige Erhaltungszustand für den Wolf festgestellt werden, sagte Kaniber. Erst dann könne und müsse der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden. Denn genau das ist mit „aktivem Bestandsmanagement“ gemeint: Dass Bestände nicht nur wachsen, sondern auch verringert werden können.

Schutzstatus: Senkung „zu spät“?

„Ein guter Schritt, wenn auch zu spät“, sagt Willi Gstatter aus Reit im Winkl. „Und jetzt muss die Aufnahme ins Jagdrecht kommen.“ Gstatter hat 2020 selbst Tiere an den Wolf verloren. Ein durchziehender Wolf riss zwölf Tiere. Dreimal suchte er die Weide Gstatters auf, „dem hat‘s wohl da gefallen.“

Mittlerweile arbeitet er eng mit dem Jagdverband zusammen, ist auf Registrierung von Wolfsspuren spezialisiert. Schließlich gilt es, einander schnell zu informieren: Für Almbauern wie Züchter und Jäger kann ein Wolf schnell neue Tatsachen schaffen, vor allem, wenn es sich nicht um einen durchziehenden Wolf handelt, sondern um ein Exemplar, das sich niederlassen möchte.

Wer sich mit Canis Lupus befasst, landet schnell im Wald. Nicht nur im heimischen Mischwald, sondern auch im Paragrafendschungel. Die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht würde Jägern wie Almbauern den Umgang mit dem Wolf erleichtern, glaubt Gstatter. Wer auch nur einen angefahrenen Wolf von seinem Leiden erlösen möchte, bringe sich leicht in Schwierigkeiten. In dieser Ansicht darf er sich vom Bayerischen Umweltministerium bestärkt fühlen. Man brauche ein konsequentes Wolfsmanagement, sagte Minister Thorsten Glauber (Freie Wähler). „Dazu brauchen wir einen klaren Rechtsrahmen.“

Der Umgang mit dem „großen Beutegreifer“ Wolf wird, so viel kann man sagen, auch nach der Senkung des Schutzstatus schwierig bleiben. Bereits seit geraumer Zeit bietet der Bayerische Jagdverband (BJV) in Feldkirchen Schulungen zum Thema Wolf an. Seminare, die in der Regel schnell ausgebucht sind. Den neuesten Schritt sieht man beim BJV vorerst nicht übertrieben euphorisch. Die Sache sei noch immer sehr komplex, sagt eine Sprecherin, der Wolf sei immer noch geschützt. Bislang ändere sich faktisch nichts.

Wölfe nicht immer leicht zu identifizieren

Praktiker weisen überdies darauf hin, dass eine Freigabe noch lange nicht eine erfolgreiche Pirsch bedeute. „Freigegeben heißt nicht geschossen“, sagt Jakob Sichler. „Der Wolf ist schwierig zu jagen.“ Nicht nur deswegen, weil er „extrem schlau ist und schnell dazulernt.“ Sondern auch deswegen, weil Problemwölfe nicht einfach zu identifizieren sind.

In Unterfranken war ein Wolf als Serientäter im September zum Abschuss freigegeben worden. Die ausgesandten Jäger erlegten ein Tier. Es war allerdings die falsche Wölfin, wie ein DNA-Abgleich ergab.

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