Ursehnsucht nach Hoffnung

von Redaktion

Zwischen Himmel und Erde

In der Schreinerwerkstatt meines Vaters habe ich mich als Kind ganz besonders gern aufgehalten. Mein erstes eigenes Werkstück aus ein paar Holzabfällen war ein Vogelhäuschen. Kein Designerstück, wie es sie heute zu kaufen gibt, sondern aus meiner kindlichen Fantasie heraus etwas schräg zusammengenagelt. Nur eine Bodenplatte mit drei Wänden und ein Dach drauf, fertig! Ob es in unserem Garten wirklich zum Einsatz gekommen ist, bezweifle ich. Zumindest bin ich darauf sehr stolz gewesen. Kürzlich habe ich gelesen, das Vogelhäuschen sei psychologisch gesehen auch ein Bild für die Ursehnsucht der Menschen nach Hoffnung, denn es bietet den Vögeln in schweren Zeiten die Möglichkeit, Nahrung, Schutz und Zuflucht zu suchen. Diese psychologische Dimension hat mich als Kind vermutlich weniger interessiert. Heute aber spüre ich diese Sehnsucht nach Hoffnung, Trost und Zuflucht bei den Menschen in besonderer Weise. Selbst im Rummel der vorweihnachtlichen Tage höre ich das in Gesprächen leise zwischen den Zeilen. Was hält und trägt uns noch, wenn auf dieser Welt nichts mehr stabil und von Dauer zu sein scheint? Wenn man nicht mehr weiß, wem man noch Glauben schenken kann? Dann kommt mir immer ein Vers aus einem der schönsten Psalmen der Bibel in den Sinn: „Der Herr ist deine Zuflucht, du hast dir den Höchsten als Schutz erwählt.“ (Psalm 91). Diese Grundhaltung meint eben gerade kein Verschließen vor der Wirklichkeit mit ihren Herausforderungen und Chancen, sondern ein mutiges Anpacken, aber im Vertrauen auf ein festes Fundament, auf dem man steht und das man nie verlieren kann.

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