Mehr Mut zum Scheitern

von Redaktion

Interview Professor Dr. Ulrich Voderholzer gibt Tipps zu guten Vorsätzen

Prien – Früher schlafen gehen, ein neues Hobby anfangen oder umweltverträglicher leben: Alle Jahre wieder kommt die Zeit, in der man sich gute Vorsätze fürs neue Jahr gibt. Was ist ein Vorsatz mit hohen Erfolgschancen? Braucht es dafür einfach nur Disziplin? Ist ein Scheitern erlaubt? Ein Gespräch mit Professor Dr. Ulrich Voderholzer, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Schön-Klinik Roseneck in Prien, einer großen Fachklinik für psychische Erkrankungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, über das Gelingen der eigenen Vorhaben.

Was ist ein Vorsatz mit hohen Erfolgschancen?

Man muss den einmal gefassten Vorsatz wirklich wollen. Also sich beispielsweise vornehmen: Am Freitag gehe ich nach der Arbeit eine Stunde schwimmen. Oder dreimal die Woche joggen. Ein solch konkretes und realistisch umsetzbares Ziel ist besser, als wenn man nur vage formuliert: Ich will mehr Sport machen. Ein guter Vorsatz ist also klar formuliert, herausfordernd und dennoch realistisch. Am besten mit konkretem Termin und einer Zielvorgabe, die überprüfbar ist.

Man muss weise genug sein, um zu erkennen, was kann ich im Leben ändern und was nicht. Es ist unsinnig, sich vorzunehmen, „keine Schmerzen mehr zu haben“. Schmerzen kann ich zumeist nicht direkt beeinflussen. Aber ich kann mir beispielsweise sehr wohl vornehmen, regelmäßig Ausdauersport zu machen, meine Skelettmuskulatur zu stärken und mich gesünder zu ernähren. Man weiß schließlich aus der Forschung, dass man damit selbst chronischen Schmerzen und sogar einer Demenz im Alter vorbeugen kann. Und man sollte sich den Weg zum Ziel so attraktiv wie möglich gestalten. Motivieren Sie zum Beispiel einen Kollegen, mitzumachen. Gemeinsam etwas angehen, bestärkt und erzeugt eine höhere Verbindlichkeit. Auch das sagt die Forschung.

Und was hilft noch, stark zu bleiben?

Stark bleiben, das steht für eine radikale Entscheidung für ein Ziel. Unterstützung bietet da beispielsweise das soziale Umfeld: Erzählen Sie Ihren Freunden von Ihrem Vorsatz. Das übt einen positiven Anreiz aus. Wer Ziele lieber für sich behalten möchte, dem kann ein Reminder auf dem Handy oder ein Zettel am Badezimmerspiegel helfen, sie im Auge zu behalten.

Es kann auch helfen, sich zu sagen, dass man dafür selbst aktiv werden muss, dass man eine Vorbildfunktion hat. Nehmen Sie als Beispiel den Umgang miteinander. Zeige ich meinem Gegenüber Wertschätzung? Grüße ich freundlich, schenke ich ein Lächeln? Allein dies beizubehalten ist schon eine lebenslange Herausforderung. Und noch ein Gedanke für Fortgeschrittene: Gelegentlich kann sich auch die Frage lohnen: Wie kann ich selbst dazu beitragen, dass ich ein Ziel weiterverfolge? Oft geben wir der kurzfristigen Erleichterung, etwa am Feierabend direkt auf dem Sofa zu versacken, Vorrang, und behalten das langfristig Bessere nicht im Auge. Die Erholung nach Bewegung kann viel nachhaltiger sein.

Ist ein Scheitern erlaubt?

Ja, auf jeden Fall. Das Leben ist ein lebenslanges Lernen. Wäre es nicht viel entspannter und realistischer, beim Betreten von Neuland im Grunde davon auszugehen, dass sicher Fehler passieren werden, die sogar zum Lernen erforderlich sind? Zudem ist es hilfreich, eine Idee zu haben, wie man mit einem „Fehler“ umgehen will. Eine gute Fehlerkultur ist wichtig.

Interview Elisabeth Kirchner

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