Stephanskirchen – Für Florian Beck war es eine lange Nacht. Der Kommandant der Feuerwehr Stephanskirchen war am Donnerstagabend um 21.45 Uhr in der Simsseestraße im Einsatz. Nur wenige Minuten zuvor rammte dort ein Zug den Wagen eines 22-Jährigen. „Die Wetterbedingungen waren alles andere als gut“, sagt Beck einen Tag nach dem Unfall am Telefon.
Zusammenstoß mit
Verteilerkasten
Es waren genau diese Wetterbedingungen, die wohl auch dem 22-Jährigen aus Schechen zum Verhängnis geworden sind. Er war gerade auf dem Weg nach Riedering, als sein Fahrzeug von der Simsseestraße abkam und gegen einen Verteilerkasten stieß. „Durch den Zusammenprall wurde das Auto ins Gleisbett geschleudert und blieb dort stecken“, sagt Polizeihauptkommissar Robert Maurer.
Der 22-Jährige kletterte anschließend unverletzt aus seinem Wagen. Das Problem: Nur wenige Minuten später senkten sich die Schranken, da sich ein Intercity dem Bahnübergang näherte. Er kam aus Frankfurt am Main, war auf dem Weg nach Salzburg. An Bord: 85 Passagiere. Zwar erkannte der Triebwagenführer den im Gleisbett stehenden Pkw, doch trotz einer Notbremsung kam es zum Zusammenstoß zwischen Auto und Zug.
„Das Gute ist, dass niemand verletzt wurde“, sagt Florian Beck. Trotzdem sei der Einsatz mit einem riesigen Aufwand verbunden gewesen. Gemeinsam mit dem Notfallmanager der Bahn sowie der Polizei habe man zuerst entscheiden müssen, was mit den 85 Passagieren geschehen soll. Letztendlich beschloss man, die Passagiere mit dem Zug zurück nach Rosenheim zu bringen.
Anschließend musste die Stromleitung abgeschaltet und ein Abschleppunternehmen informiert werden. Die Mitarbeiter kümmerten sich darum, das Auto aus dem Gleisbett zu entfernen. Auch die Lok und der erste Waggon des Zuges waren einer Bahnsprecherin zufolge nicht mehr fahrfähig und mussten abgeschleppt werden. „Sie werden nun genauer auf Schäden untersucht“, sagt sie auf OVB-Anfrage. Die hintere Lok war fahrtüchtig und konnte die restlichen Wagen zurück nach München fahren.
Gegen 2 Uhr konnte die Unfallstelle geräumt werden. Vor Ort war neben den Feuerwehren aus Schloßberg, Stephanskirchen sowie Bad Endorf auch die Kreisbrandinspektion, Beamte der Polizeiinspektion Rosenheim sowie der Bundespolizei. „Der Schaden beläuft sich auf über 500000 Euro“, sagt Hauptkommissar Robert Maurer. Auch er sei – ähnlich wie Kommandant Florian Beck – froh darüber, dass niemand verletzt wurde.
Gegen den 22-jährigen Autofahrer wurde Maurer zufolge ein Ermittlungsverfahren wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr eingeleitet. „Es stehen jetzt noch Vernehmungen von anderen Verkehrsteilnehmern an“, sagt er. So muss beispielsweise geklärt werden, ob tatsächlich die Wetterbedingungen schuld am Unfall waren, oder aber eine überhöhte Geschwindigkeit.
„Die Ursachen für Bahnübergangsunfälle sind vielfältiger Natur. Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre zeichnet sich jedoch ab, dass über 95 Prozent der Kollisionen aufgrund von Unaufmerksamkeit, Leichtsinn oder Unkenntnis passieren“, sagt die Sprecherin der Bahn. Sie weist aber auch darauf hin, dass sich die umfassende Beseitigung von Bahnübergängen, aber auch die zunehmende technische Sicherung positiv auf die Unfallzahlen auswirken.
154 Kollisionen
in 2023
Zur besseren Verdeutlichung liefert sie Zahlen aus den vergangenen Jahren: Während es 1995 bundesweit noch zu 603 Unfällen an den Bahnübergängen der Deutschen Bahn gekommen ist, waren es 2023 noch 154 Kollisionen. „Die Zahl der Unfälle ist somit um etwa 75 Prozent gesunken“, sagt sie.