Bad Aibling – Viele Monate kämpfte der kleine Maxi Schmidt (6) aus Bad Aibling gegen die Folgen eines Nierentumors an, der Metastasen im ganzen Körper verursacht hatte. Dann galt er als frei von entarteten Zellen. Rund zwölf Monate später der große Schock. Bei dem Buben hatte sich ein Gehirntumor gebildet. Dieser Rückschlag stellt das Leben der Familie auf den Kopf.
„Kampfmodus“. Florian (40) und Maria Schmidt (37) beschreiben ihren Alltag immer wieder mit diesem Wort, seit Neurochirurgen im November vergangenen Jahres in einer rund sechsstündigen Operation im Klinikum München-Großhadern aus dem Kopf des Kindes eine Geschwulst entfernten, die die Größe eines Golfballes hatte. Einige Chemotherapien und 20 Bestrahlungen in einer Heidelberger Spezialklinik hat Maxi zwischenzeitlich bereits über sich ergehen lassen müssen. Etliche weitere sehr belastende Therapieschritte stehen ihm noch bevor.
Gefühlswelt gleicht
Achterbahnfahrt
Ob sie erneut die erhoffte Genesung bringen, ist derzeit ungewiss. Maxis Vater weiß, dass die Ärzte die Überlebenschancen seines Sohnes mit „weniger als 50 Prozent“ einstufen. „Ich werde bis zum Ende meiner oder seiner Kräfte darum kämpfen, dass mein Sohn überleben kann“, sagt Florian Schmidt dennoch voller Entschlossenheit. Seine Ehefrau und er wollen jetzt stark sein, um ihrem Kind eine wichtige Stütze sein zu können. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ihre Gefühlswelt nach der niederschmetternden zweiten Diagnose täglich aufs Neue einer Achterbahnfahrt gleicht.
„So ist das mit einem Onko-Kind. Man kann nichts planen. Jeder Tag bringt neue Ungewissheiten. Vor diesem Hintergrund ist an ein geregeltes Einkommen überhaupt nicht zu denken“, sagt Maria Schmidt. Nach Maxis zwischenzeitlicher Genesung war ihr genau ein Monat vergönnt, in dem sie den Wiedereinstieg ins Berufsleben wagen konnte. Die 37-Jährige arbeitete auf Minijob-Basis als Optikerin in einer Tagesklinik für Patienten mit Augenerkrankungen in Kolbermoor.
Papa Florian, der während der ersten Krankheitsphase seines Sohnes ausschließlich für seine Familie da war, zu der noch Maxis Brüder Moritz (4) und Ludwig (2) gehören, hat erst im Juni eine neue Stelle bei einem Unternehmen in München angetreten, das in der Halbleiter-Branche tätig ist. In Vollzeit zu arbeiten, daran sei im Moment nicht zu denken, sagt der Vater.
„Ich teste aus, ob ich der Firma wenigstens ein paar Stunden in der Woche im Homeoffice zur Verfügung stehen kann‘“, so Schmidt. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, da er sich noch in der Probezeit befindet. Dass ihre jeweiligen Arbeitgeber so großes Verständnis für die belastende Familiensituation zeigen, dafür sind die Eheleute sehr dankbar.
Dennoch: Mit Maxis Leid sind mittlerweile auch wieder Gedanken verbunden, wie die finanzielle Zukunft aussieht. „Steigenden Kosten steht ein deutlich verringertes Einkommen gegenüber“, bilanziert Florian Schmidt. Auf alle Sozialleistungen, die er während Maxis erster Krankheitsphase bezog, kann er in der aktuellen Situation nicht mehr hoffen.
Umso dankbarer erinnert sich Florian Schmidt deshalb an die große Solidarität in der Region, auf die das Ehepaar bauen durfte, als das Schicksal ihres Sohnes publik wurde. Rund 250000 Euro spendeten die Menschen damals für die leidgeprüfte Familie auf das Sonderkonto DE7471150000 0020197570 bei der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling, welches das Geldinstitut zusammen mit der Bürgerstiftung Bad Aibling unter dem Stichwort „Maxi“ eingerichtet hat.
Bad Aiblings Altbürgermeister Felix Schwaller, zugleich Vorsitzender der Bürgerstiftung, hält seither regelmäßig Kontakt zur Familie und hat als Steuerfachmann im Blick, dass es seitens des Finanzamtes keine Beanstandungen bei der Verwendung des Geldes gibt. Dass sich auf dem Konto derzeit noch eine Reserve befindet, verschafft der Familie zumindest im Moment etwas Sicherheit.
Da aber über die nächsten Monate hinweg weiter hohe Kosten anfallen werden, wären die Schmidts für erneute Unterstützung dankbar – Spenden auf das Sonderkonto können steuerlich geltend gemacht werden. Allein 7000 Euro machten beispielsweise die Wohnkosten für den Zeitraum aus, den Maxi mit seinen Eltern und Geschwistern während des Bestrahlungszyklus‘ in Heidelberg verbringen musste.
Hinzu kommen jede Menge Spritkosten für die Fahrten zu ambulanten Behandlungen in München, Zusatzkosten für die Lebensführung in dieser extremen Ausnahmesituation oder für Leistungen, die die Krankenkasse nicht vollständig abdeckt. Und das alles vor dem Hintergrund, dass der Vater als Hauptverdiener situationsbedingt derzeit mit einem Bruchteil seines Gehalts auskommen muss. Für Maxi da zu sein, ihm immer wieder neuen Mut für seinen Kampf gegen die Krankheit zuzusprechen und auch das Wohl seiner Geschwister nicht aus den Augen zu verlieren, das ist für die Eheleute mindestens eine so große Herausforderung wie die Sorge um die finanzielle Sicherheit. Dass sie dabei auf psychologische Unterstützung bauen können, tut Florian und Maria Schmidt gut.
In diesen Gesprächen erhalten die Eltern nicht nur wertvolle Hilfe für ihren Umgang mit Maxi. Offen kann auch über die „Verlustängste“ gesprochen werden, die dessen kleinster Bruder Ludwig (2) an den Tag legt, seit Maxi wieder gegen den Krebs ankämpft. Auch die Rolle, die Moritz (4) einnimmt, wird erörtert. „Der weiß, dass er jetzt wieder stärker als Maxi ist. Er will seinen Bruder unbedingt beschützen“, weiß Maria Schmidt zu berichten.
Kindererziehung
wird zum Spagat
Vor diesem Hintergrund wird die Kindererziehung fast täglich zu einer Art Spagat. „Maxi braucht unsere volle Zuwendung. Wir müssen das aber so hinbekommen, dass wir seinen Geschwistern trotz der schwierigen Situation einen möglichst großen Anteil an unbeschwerter Kindheit bieten können. Das ist nicht immer einfach“, bekennt Florian Schmidt.
Trotz aller Sorgen gibt es auch freudige Momente für die gesamte Familie. Beispielsweise an einem Tag, als Maxi wegen eines Infekts stationär in der Heidelberger Kinderklinik aufgenommen werden musste. Der Bub strahlte über das ganze Gesicht, als ihn seine Mama mit selbst gemachten Tortellini am Krankenbett überraschte, die er besonders gerne mag. Da war es wieder, jenes strahlende Lächeln im Gesicht des Kindes, das seine Eltern dessen schweres Schicksal für kurze Zeit vergessen ließ. Ein Glücksmoment für die beiden in einer Phase der Ungewissheit.