Der Glemser-Prozess beginnt

von Redaktion

Im juristischen Nachspiel zu Mike Glemsers tragischem Unfall bei einem Auswärtsspiel der Starbulls Rosenheim geht es in die erste Runde: Das Arbeitsgericht strebt heute in Garmisch eine gütliche Einigung zwischen Glemser und seinem Gegenspieler vom SC Riessersee an. Doch ein Kompromiss scheint unwahrscheinlich.

Rosenheim/Garmisch-Partenkirchen – Es ist die erste und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die letzte Runde: Heute geht es am Arbeitsgericht in Garmisch-Partenkirchen um die Klage von Mike Glemser, früherer Spieler der Starbulls Rosenheim, gegen Jan Niklas Pietsch vom SC Riessersee. Nach einem Check von Pietsch hatte sich Glemser vor zwei Jahren den vierten und fünften Nackenwirbel gebrochen, er ist seitdem querschnittgelähmt. Die Klage summiert sich auf über 800000 Euro.

Nur Einigung wäre
eine Entscheidung

Bei dem Termin in Garmisch handelt es sich um eine sogenannte „Güteverhandlung“. Was das ist, erklärt das Arbeitsgericht in der Antwort auf eine OVB-Anfrage so: In dieser Verhandlung versuche das Gericht lediglich, eine gütliche Einigung zu finden, „das heißt, einen Kompromiss zwischen den Parteien“.

Doch wie geht es weiter, wenn dieser Kompromiss nicht zustande kommt? „Sollte eine Einigung nicht erfolgen, wird die Vorsitzende den Parteien aufgeben, schriftsätzlich vorzutragen sowie Beweismittel zu benennen und hierfür Fristen setzen“, heißt es seitens des Arbeitsgerichts. Das würde bedeuten, dass es irgendwann in den nächsten Monaten zu einer mündlichen Verhandlung vor der Kammer kommt, gegebenenfalls sogar mit Beweisaufnahme.

Ein solcher Verlauf ist wahrscheinlicher als eine Einigung. Wie könnte ein solch gütlicher Ausgang aussehen? Die beiden Parteien sind weit auseinander. Mike Glemser ist seit seinem schweren Unfall beim Gastspiel der Starbulls Rosenheim in Garmisch-Partenkirchen am 3. Februar 2023 auf den Rollstuhl angewiesen. Allein der barrierefreie Umbau einer Wohnung kostet viel Geld, von den Kosten für Reha-Maßnahmen zu schweigen.

Die große Frage ist:
War es Absicht?

Doch hat Pietsch ihn absichtlich verletzt? Darum würde es in der nächsten Runde vor Gericht gehen. Nach dem fatalen Check wurde Glemser noch auf dem Eis erstversorgt, zehn Tage verbrachte er im künstlichen Koma.

Gegen seinen Gegenspieler Jan Niklas Pietsch leitete Glemser im vergangenen Jahr schließlich juristische Schritte ein. Über die Gründe äußerte er sich via „Instagram“: „Mir wurde schnell nach dem Unfall dazu geraten, die Haftpflichtversicherung des Schädigers einzuschalten, um die sehr hohen Kosten, die ein Leben lang durch den Unfall entstehen, zu minimieren.“ Ihm sei versichert worden, dass Pietsch durch die Meldung bei der Haftpflichtversicherung keine Nachteile entstünden. Zu dem harten Schritt gegen seinen ehemaligen Mannschaftskameraden aus Hannoveraner Zeiten scheint sich Mike Glemser auch aus anderen Gründen entschieden zu haben.

„Hat sich kein einziges
Mal bei mir gemeldet“

„Seit dem Unfall hat er sich kein einziges Mal bei mir gemeldet oder gefragt, wie es mir geht.“ Auch sei Pietsch ihm nicht entgegengekommen, indem er seinerseits die Haftpflichtversicherung einschalte, heißt es auf „Instagram“ weiter.

Pietschs Anwalt Wolfram Cech sieht wenig Spielraum in der ersten Runde am Arbeitsgericht. „Ich höre mir alles an“, sagt er. Aber – eine gütliche Einigung scheint dennoch fast ausgeschlossen. Der Vorwurf laute auf vorsätzliche Verletzung Glemsers. „Das schließt jeden Versicherungsschutz aus“, sagt Cech.

Auch für den Sport
geht es jetzt um viel

Ohnehin komme die private Haftpflichtverletzung nicht für einen Arbeitsunfall auf. Somit würde die Forderung an Pietsch hängenbleiben.

Für den Sport an sich sieht Cech ebenfalls viel auf dem Spiel. Das besondere an diesem Fall sei ja nicht der Check, der dem Sturz Glemsers vorangehe, „solche Zweikämpfe werden in jedem Spiel mannigfach geführt“. Einzigartig sei der Umfang des Schadens, der entstanden sei.

Verteidigung sieht
tragische Zufallskette

Glemsers Verletzung sei das Ergebnis einer „tragische Aneinanderkettung von Zufällen“, sagt Cech. Ein Check gehöre dazu, wie das Tackling beim Fußball. Und was, wenn Pietsch verliert? „Dann sage ich allen Eishockey-Spielern: Sucht euch einen neuen Job.“

Laut Arbeitsgericht sind weder Jan Niklas Pietsch noch Mike Glemser verpflichtet, vor Gericht zu erscheinen. Womöglich werden sich also lediglich die Anwälte auf den Weg nach Garmisch-Partenkirchen machen. Glemsers Anwalt Oliver Negele wollte sich gegenüber dem OVB vor der Verhandlung in Garmisch nicht äußern.

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