Rollenwechsel – nah am Menschen

von Redaktion

Zwischen Himmel und Erde

Am Samstagmittag komme ich nach einer Beerdigung und dem Mittagessen mit der Trauerfamilie ins Pfarrhaus zurück. Nun soll ich mich am Nachmittag wenigstens kurz beim Kinderfasching in einer unserer Pfarrgemeinden sehen lassen. Natürlich ziehe ich mich dafür um, und die Kinder, mit denen ich ja sonst die Gottesdienste im Kindergarten feiere, freuen sich aufrichtig über mein Kommen. Aber während ich den kleinen Marienkäfern und Wikingern zuschaue, kehren meine Gedanken doch zu der Trauerfamilie zurück. An die Gespräche beim Mittagessen und die ausgetauschten Erinnerungen an ihre verstorbene Mutter. Die Kinder reißen mich aus meinen Gedanken und ich weiß, ich muss innerlich wirklich umschalten. Nach zwei Stunden Kinderfasching ziehe ich mich für den Abendgottesdienst wieder um. Danach noch einmal, denn jetzt soll ich auch noch zum Pfarrball in der anderen Pfarrei.

Einen Moment graut mir ganz furchtbar vor dem erneuten Rollenwechsel, aber es hilft alles nichts. Schließlich habe ich im Seelsorgeteam für diese Veranstaltung zugesagt. „Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden“, schreibt Paulus im Römerbrief. Dieser Satz motiviert mich an diesem Abend, ein viertes Mal die Kleidung zu wechseln und noch einmal aufzubrechen, um an der Seite der Menschen zu sein. Da, wo sie eben sind in ihren verschiedenen Lebenssituationen. Sowohl mit den Eltern beim Kinderfasching, als auch abends beim Pfarrball ergeben sich gute Gespräche, gerade mit den Menschen, die nicht oder nicht mehr zum Gottesdienst kommen. Ich höre zu, soweit das bei der Lautstärke geht, und ich lerne zu verstehen, was die Menschen heute bewegt. Denn „haltet euch nicht allein für klug“, sagt Paulus, und auch da gebe ich ihm recht.

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