Rosenheim – Carlotta Wittenberg, die die Kundgebung am Donnerstagabend veranstaltet hat, ist voller Emotionen. Da ist zum einen das Entsetzen über den Anschlag in der Münchener Innenstadt. Da ist zum anderen die Dankbarkeit darüber, dass Hunderte von Menschen ihrem Aufruf gefolgt sind und in Rosenheim gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen sind.
Fassungslosigkeit
über Anschlag
Und dann ist da die Fassungslosigkeit über das, was sich am Donnerstagabend nur wenige Meter von der Kundgebung entfernt zugetragen hat. Denn während die Teilnehmer im Salingarten gegen Rechtsextremismus demonstrierten, fiel den Beamten der Rosenheimer Polizei ein 20-jähriger Mann ins Auge.
„Er war vermummt und führte einen Rucksack mit sich“, sagt Hauptkommissar Robert Maurer auf OVB-Anfrage. Die Einsatzkräfte hätten die Person daraufhin umgehend kontrolliert. In seinem Rucksack befanden sich Maurer zufolge nicht nur mehrere Böller, sondern auch zwei Messer.
„Der 20-Jährige hat sich während der Kontrolle unkooperativ verhalten“, ergänzt Maurer. Aus diesem Grund habe man ihm Handschellen anlegen müssen, auch um eine Gewalteskalation zu verhindern.
Der 20-Jährige sei anschließend auf die Dienststelle gebracht worden. „Ein Ermittlungsverfahren aufgrund eines Verstoßes nach dem Bayerischen Versammlungsgesetz sowie dem Waffengesetz wurde eingeleitet“, erklärt der Hauptkommissar. Derzeit konzentrieren sich die Ermittlungen ihm zufolge auch darauf, was der 20-Jährige mit den Gegenständen in seinem Rucksack vorhatte. „Über das mögliche Ausmaß und die Absichten der festgenommenen Person möchte ich mich nicht weiter äußern“, sagt Carlotta Wittenberg. Sie sei dankbar für das „schnelle und besonne Eingreifen der Polizei“. Nur dadurch sei es möglich gewesen, dass die Kundgebung friedlich weiterlaufen konnte.
„Es war uns ein Anliegen, dass wir uns gegen rechte Gewalt und Hetze aussprechen“, sagt sie einen Tag nach der Veranstaltung. Ursprünglich sei geplant gewesen, die anstehende Bundestagswahl zum Anlass zu nehmen, um ein Zeichen zu setzen. „Der tragische Vorfall in München hat den Ablauf der Demonstration dann aber komplett verändert“, sagt Wittenberg.
Sie sei „zutiefst erschüttert“, zugleich seien „Schweigen oder Rückzug“ aber keine Option gewesen. Wie wichtig das ist, wurde auch im Rahmen etlicher Reden deutlich. „Es wurden zahlreiche Falschnachrichten über den Täter verbreitet“, sagte beispielsweise Andy, der – ähnlich wie alle anderen Redner – nur seinen Vornamen preisgeben will. Anders als ursprünglich berichtet, hielt sich der mutmaßliche Täter legal in Deutschland auf und arbeitete unter anderem als Ladendetektiv und bei einer Sicherheitsfirma. „Gleichzeitig wurde gestern ein junger Deutscher festgenommen, der ein Heim für Asylbewerber sprengen wollte“, sagte Andy. Hass und Gewalt erzeugen ihm zufolge nur noch mehr Hass und noch mehr Gewalt.
„Wir sind voller Mitgefühl für das Leid und den Schmerz bei den Opfern und deren Angehörigen – und zugleich besorgt um die verbleibenden Wahlkampftage, in denen Minderheiten pauschal stigmatisiert werden“, sagt Claudia.
Es gehöre – so machte sie es bei ihrer Rede während der Veranstaltung deutlich – zu den demokratischen Grundsätzen, niemals eine ganze Menschengruppe für das Handeln Einzelner verantwortlich zu machen.
Solidarität,
Respekt, Vielfalt
Es waren zwei von zahlreichen Reden, die dazu beitragen sollten, klar Stellung zu beziehen. „Statt die Kundgebung abzusagen, habe ich sie angepasst, um all jenen Raum zu geben, die sich gegen rechte Tendenzen stellen möchten“, sagte Carlotta Wittenberg. Ihr sei es wichtig, „gefährlichen Entwicklungen entgegenzutreten und für eine Gesellschaft einzustehen, die auf Solidarität, Respekt und Vielfalt basiert“.