Rosenheim – In ihrem OVB-Wahl-Beitrag äußerte sich die Rosenheimer AfD-Kandidatin Leyla Bilge zum Thema Kinderschutz und der Ideologie „Original Play“. Leyla Bilge sieht in der Ideologie „nichts anderes als Missbrauch“. Sie behauptet, dass diese Ideologie auch im Landkreis Rosenheim zu etablieren versucht wurde. Ein OVB-Faktencheck: Was die zuständigen Behörden, das Kreisjugendamt Rosenheim und das Amt für frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung der Stadt Rosenheim, dazu sagen.
Das Landratsamt Rosenheim mit dem Kreisjugendamt Rosenheim sowie das Amt für frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung der Stadt Rosenheim erläutern unisono: Einrichtungen, in denen sich Kinder für eine überwiegende Zeit des Tages aufhielten, erhielten eine Betriebserlaubnis. Darin enthalten: die pädagogische Konzeption, die sowohl ein sexualpädagogisches Konzept beinhaltet, als auch ein Schutzkonzept.
Sexualpädagogik ist den beiden Behörden zufolge ein Teil der kindlichen Entwicklung und daher im bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan fest verankert, sie verfolgt folgende Ziele: die Entwicklung einer positiven Geschlechtsidentität, um sich in seinem Körper wohl zu fühlen, unbefangen Umgang mit dem eigenen Körper entwickeln, ein Grundwissen über Sexualität erwerben und darüber altersentsprechend sprechen zu können, Bewusstsein über eine persönliche Intimsphäre entwickeln, angenehme und unangenehme Gefühle unterscheiden können und „Nein“-Sagen lernen.
Selbstbestimmung
vermitteln
Die beiden Behörden erklären: Sexualpädagogik in Kindertageseinrichtungen bedeute nicht, Kinder mit Themen zu konfrontieren, die nicht ihrem Entwicklungsstand entsprechen. Vielmehr gehe es darum, sie in ihrer natürlichen Neugierde zu begleiten, Fragen offen und kindgerecht zu beantworten sowie ihnen Grenzen, Respekt und Selbstbestimmung zu vermitteln. Ein professionelles sexualpädagogisches Konzept in Kindertageseinrichtungen vermittele Wissen darüber, wie Kinder über ihren Körper sprechen können und es befähigt Kinder, eigene Grenzen zu erkennen und zu verteidigen.
Bereits 2019 habe das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales über das sogenannte „Original Play“ und dessen schädliche Auswirkung auf Kinder informiert. Bei „Original Play“ handelt es sich um eine Art „Raufen, Ringen und Balgen im engen physischen Kontakt zwischen Kindern und erwachsenen Personen“. Das Sozialministerium und das Institut Frühpädagogik lehnten die Anwendung des „Original Play“ in Kindertageseinrichtungen strikt ab und wiesen die Aufsichtsbehörden an, jeden bekanntwerdenden Fall von „Original Play“ zu melden.
Das Kreisjugendamt Rosenheim informierte eigenen Angaben zufolge daraufhin Ende November 2019 alle Träger und Leitungen von Kindertageseinrichtungen im Landkreis über das Verbot der Anwendung der Methode. Aus dem Kreisjugendamt heißt es dazu: „Sie wurde und wird im Landkreis Rosenheim nicht praktiziert.“ Auch das Amt für frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung der Stadt Rosenheim schließt gegenüber dem OVB den Einsatz solcher Praktiken aus. Deren Leiterin Sabine Hilger sagt: „Diese Methoden kamen und kommen in unseren Kitas nicht vor. Dies lässt sich anhand der Kita-Konzeptionen, der Kinderschutzkonzepte und vor allem durch die Betriebsprüfungen nachweisen.“
Träger von Kindertageseinrichtungen sind den beiden Behörden zufolge verpflichtet, Schutzkonzepte für Kinder zu erstellen, in denen unter anderem beschrieben wird, wie Kinder vor sexueller Gewalt geschützt werden können. Deren Sprecher betont: „Alle Kindertageseinrichtungen in Stadt und Landkreis Rosenheim verfügen über ein solches Schutzkonzept. Diese Schutzkonzepte wurden vom Kreisjugendamt sowie dem Amt für frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung der Stadt Rosenheim in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörden geprüft und sind relevant für die Betriebskostenförderung.“
Kinderschutz hat
hohen Stellenwert
Sabine Stelzmann, die Leiterin des Kreisjugendamtes Rosenheim, sagt: „Der Kinderschutz ist eine zentrale Aufgabe für Jugendämter und hat daher einen sehr hohen Stellenwert. Kinderschutz kann nur gelingen, wenn alle relevanten Akteure zusammenarbeiten.“ In allen Kindertageseinrichtungen und in allen weiteren Kooperationen im Landkreis Rosenheim werde und habe man sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Thema Kinderschutz auseinandergesetzt, um das gesunde Aufwachsen von Kindern zu unterstützen. Stelzmann weiter: „Wir als Jugendamt unterstützen die Akteure im Kinderschutz und Kindertageseinrichtungen in der Entwicklung und Umsetzung von Konzepten, die sowohl den Schutz als auch die Bedürfnisse der Kinder berücksichtigen.“
In der Kommunikation rund um das gesunde Aufwachsen von Kindern habe gerade in allen Kindertageseinrichtungen in der Region die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern eine tragende Rolle. Grundlage dafür sei eine offene und transparente Zusammenarbeit zwischen Kindertageseinrichtung und Elternhaus auch im Bereich der Sexualentwicklung der Kinder.rg