Traunstein/Bernau – Ein „Gespräch“ zwischen Häftlingen in der Justizvollzugsanstalt Bernau eskalierte am 16. Mai 2024 zu einer gefährlichen Körperverletzung. Der Initiator, ein 36 Jahre alter, damaliger Untersuchungshäftling aus Georgien, wurde nun von der Zweiten Strafkammer am Landgericht Traunstein unter Vorsitz von Richter Volker Ziegler zu einer Gesamtstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. In diese Strafe wurde eine Vorstrafe von vier Jahren und drei Monaten aus dem September 2024 wegen illegaler Schleusungen und anderer Delikte einbezogen.
Das „Gespräch“ zwischen dem 36-Jährigen und dem späteren Opfer fand während des Hofgangs statt und wurde von einer Gruppe Umstehender sowie einer Überwachungskamera beobachtet. Plötzlich schlug der Angeklagte, möglicherweise nach einer Beleidigung durch den Kontrahenten, dem 27-Jährigen gegen die Brust, woraufhin dieser zu Boden fiel. Anschließend griffen mehrere Männer den am Boden liegenden Geschädigten mit Fäusten und Tritten an. Er erlitt einen Nasenbeinbruch, eine Platzwunde an der Oberlippe und Hautabschürfungen an den Oberschenkeln.
Die genauen Hintergründe des gemeinschaftlichen Angriffs konnten vor der Zweiten Strafkammer nicht vollständig geklärt werden, da der als Zeuge geladene 27-Jährige nicht erschien. Allerdings hatte der 36-Jährige ein umfassendes Geständnis abgelegt, was ihm positiv angerechnet wurde und eine langwierige Beweisaufnahme ersparte. Zudem lag der Kammer ein mehrminütiges Überwachungsvideo sowie ein ärztliches Attest zur Dokumentation der Verletzungen vor.
Der Anklagevertreter plädierte auf eine Gesamtstrafe von vier Jahren und zehn Monaten, während Verteidiger Jörg Zürner aus Mühldorf vier Jahre und acht Monate für ausreichend hielt. Er argumentierte, sein Mandant habe das Opfer lediglich zur Rede stellen wollen und räumte ein, dass dieser keine Selbstjustiz hätte üben dürfen. Die Eigendynamik des Geschehens sei jedoch dem 36-Jährigen anzurechnen. Der Georgier entschuldigte sich in seinem letzten Wort sowohl beim Opfer als auch beim Gericht für den verursachten Aufwand und gab an, nicht nachgedacht zu haben.
Die Zweite Strafkammer kam in ihrem Urteil zu einem ähnlichen Schluss. Laut Video habe sich der Geschädigte nicht aggressiv verhalten, den Angeklagten aber möglicherweise provoziert. Der 36-Jährige habe die Verletzungen des 27-Jährigen in Kauf genommen, auch wenn er nicht selbst zugetreten habe. Das Opfer sei inzwischen aus der Haft entlassen worden und nicht zu einer Aussage nach Traunstein gekommen.
Vorsitzender Richter Volker Ziegler betonte: „Eine Haftanstalt ist kein rechtsfreier Raum. Wir akzeptieren so etwas nicht und werden es stets nachhaltig ahnden.“ Für den ersten Schlag müsse der Angeklagte härter bestraft werden als die anderen. Das Gericht unterstellte keine verabredete Tat, sah aber die Mittäterschaft des Angeklagten als gegeben an.