2500 geschossene Katzen und viele Fragen

von Redaktion

Horrorvorstellung für Katzenbesitzer: Wenn der eigene Vierbeiner spurlos verschwindet, sind die Sorgen groß. Und in einigen Fällen kommen die Haustiere nicht mehr zurück. Auch, weil mancherorts viele Katzen erschossen werden. Das belegen aktuelle Zahlen. So ist die Lage in Rosenheim.

Rosenheim – Wirklich glauben kann Lorenz Thum die Zahl nicht. Erstaunt reagiert der Berufsjäger und Zweite Vorsitzende der Jägervereinigung Rosenheim am Telefon auf das, was im aktuellen Landesjagdbericht aus Schleswig-Holstein steht. Dort wurden zwischen April 2023 und März 2024 über 2500 Katzen getötet – erschossen von Jägern. „Dass es so viele sind, kann ich mir nicht vorstellen“, sagt Thum, der nebenbei Jagdberater beim Landratsamt ist. Aber der Jäger sagt auch: Es kommt vor, dass Jagd auf Katzen gemacht wird, auch im Landkreis Rosenheim.

„Bei uns sind das aber nur Einzelfälle, ein paar Stück vielleicht“, sagt Thum. Auch seine Kollegen hätten ihm seit Jahren nicht mehr berichtet, dass sie eine Katze erlegt haben. Genauso gibt es weder bei der Unteren Jagdbehörde im Landratsamt noch bei der Rosenheimer Polizei Beschwerden oder Anzeigen über einen Katzen-Abschuss.

Daher ist sich Lorenz Thum sicher: „An die Zahl aus Schleswig-Holstein kommen wir bei Weitem nicht ran.“ Wie viele Katzen in der Region genau getötet werden, das könne der Jäger aber auch nicht sagen. Denn anders als im Bundesland im Norden, in dem die Abschüsse pro Landkreis aufgelistet werden, gibt es in Bayern keine Statistik über abgeschossene Katzen.

Tötung ist 300 Meter
von Wohnbebauung
jederzeit möglich

Im bayerischen Jagdbericht – der sogenannten Streckenliste – stehen unter anderem Rehe, Hasen, Waschbären, Gänse oder Möwen. Katzen fehlen hingegen. Der Grund: „Der Gesetzgeber hat keine Meldepflicht über den Abschuss von Katzen normiert“, teilt ein Sprecher des bayerischen Wirtschaftsministeriums als oberste Jagdbehörde auf OVB-Anfrage mit. Was dagegen schon im Gesetz steht: die Erlaubnis für Jäger, Katzen abzuschießen.

Nach Artikel 40 des Bayerischen Jagdgesetzes dürfen berechtigte Personen zum Schutz des Wildes, auch Jagdschutz genannt, „aufsichtslose Katzen“ erlegen. Auch Hauskatzen. Welche Regeln dabei gelten, verrät ein Blick in Artikel 42 des Gesetzes. Demnach dürfen nur wildernde Katzen, wie auch Hunde, getötet werden. „Katzen gelten als wildernd, wenn sie im Jagdrevier in einer Entfernung von mehr als 300 Metern vom nächsten bewohnten Gebäude angetroffen werden“, erklärt der Sprecher des Ministeriums.

Die Vorschrift sei vor über 100 Jahren eingeführt worden, da von streunenden Katzen für die freilebende Tierwelt eine potenzielle Gefahr ausgehe. „Insbesondere für die dem Jagdrecht unterfallenden Niederwildarten wie Fasane, Hasen, Kaninchen und Rebhühner, aber auch Singvögel“, sagt der Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Dass Katzen tatsächlich anderen gefährdeten Tieren gefährlich werden können, kann Lorenz Thum bestätigen. „Die haben einfach einen Jagdtrieb“, sagt er. Er habe schon Kater gesehen, die einen ausgewachsenen Hasen erlegt hätten.

Jäger versichert
sensiblen Umgang
mit Tierschutzgesetz

Aus diesem Grund findet es der Rosenheimer Jäger gut, dass es die rechtliche Möglichkeit gibt, Katzen zu bejagen. Allerdings gehe jeder Jäger damit inzwischen sehr sensibel um. „Das ist ein heißes Thema. Keiner erschießt einfach so eine Katze“, versichert Thum. Zum einen hätten viele Jäger selbst Katzen und wüssten genau, wie schlimm es für Besitzer wäre, wenn der Vierbeiner beim Freigang abgeschossen wird. „Die Emotionen bei den Haustieren sind groß, darum ist man da natürlich sehr vorsichtig geworden“, betont der Jäger. Zum anderen gebe es mittlerweile viele Tierschutzvereine, die von Hof zu Hof fahren und die Katzen sterilisieren, damit sich diese nicht unkontrolliert vermehren. „Es gibt heute wesentlich weniger Katzen, die verwildern“, sagt Thum. Und speziell nach diesen Tieren, die vermehrt in der Wildnis leben und zum Fressen nicht zu einem Menschen zurückkehren, hielten die Jäger Ausschau.

Die Hauskatze, die nur für ein paar Stunden Freigang hat, laufe in aller Regel nicht Gefahr, abgeschossen zu werden, betont Thum. Katzenbesitzer, deren Haus an kein Jagdgebiet angrenzt, müssten sich ohnehin keine Sorgen machen.

Ob es sich um eine streunende Katze oder eine Hauskatze handelt, überprüfe der zuständige Jäger immer sorgfältig, versichert Thum.

„Wenn ich das Tier
kenne, erschieße ich
die ja nicht gleich“

„Wenn ich eine Katze in der Wiese sitzen sehe, auf sie zugehe und die dann nicht gleich abhaut, bin ich mir sicher, dass die später nicht im Wald verschwindet, um dort zu fressen“, sagt er. Außerdem kenne jeder Jäger früher oder später alle Katzen, die in seinem Jagdrevier unterwegs sind.

Daher sei für Thum auch die 300-Meter-Regel in Ordnung. „Wenn ich das Tier kenne und weiß, dass die ein bisschen weiter geht, dann erschieße ich die ja nicht gleich“, sagt er.

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