Einer trage des anderen Last

von Redaktion

Zwischen Himmel und Erde

Es dauert an der Kasse im Supermarkt. Der Grund dafür ist ein junger Mann, der dort gerade eingearbeitet wird. Grundsätzlich habe ich für alle Anfänger Verständnis. Das gilt für Fahrschulautos im Straßenverkehr und die neue Verkäuferin, die im Fachgeschäft erst einmal länger suchen muss. Ich sehe es als gute Übung für meine Ungeduld. Der Mann vor mir in der Schlange scharrt aber schon ungeduldig mit den Hufen und ich kann sein Augenrollen von hinten zwar nicht sehen, aber förmlich spüren. Als meine Mutter, mit der ich beim Einkaufen bin, einen Blumenkohl auf das Band legt, ist der junge Mann an der Kasse überfordert. Er braucht seinen Anleiter, denn er weiß nicht, wie dieses Gemüse heißt. Ein anderer Azubi war kürzlich beim Kohlrabi überfordert.

Da fällt auch mir langsam die Kinnlade herunter und leise stelle ich mir die Frage, was bei den jungen Leuten auf dem Speiseplan steht. Nein, ich möchte nicht überheblich sein, denn in anderer Hinsicht habe ich selber zu tun, einigermaßen alltagstauglich zu bleiben. Für neue Computerprogramme und Handy-Apps brauche ich oft die Hilfe meiner jüngeren Kollegen. Die technische Entwicklung ist irgendwie immer schneller, als ich noch mitkomme. Kürzlich habe ich einer alten Dame am Bahnhof geholfen, ihre Fahrkarte am Automat zu lösen. Sie hätte es allein nicht geschafft. „Einer trage des anderen Last“ heißt es im Galaterbrief der Bibel. Leben funktioniert immer nur gemeinsam. Das war schon immer so und daran hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegenteil, vielleicht sollten wir neu darüber nachdenken, wenn unsere Welt ständig noch komplizierter wird.

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