Ein Hoch auf einen nahbaren Star

von Redaktion

Was für ein Empfang für Franzi Preuß! Nach einer sehr erfolgreichen Biathlon-Saison wurde die Weltcup-Gesamtsiegerin in ihrer Heimatgemeinde Albaching empfangen: mit Salutschüssen, Ski-Spalier und Jubel. Über einen emotionalen Abend und einen sympathischen Superstar ganz privat.

Albaching/Haag – Punkt 18 Uhr kam sie vorgefahren: Untermalt von den Schüssen der Böllerschützen aus Albaching und Edling stieg sie aus dem von der Mama gesteuerten Auto, fast ein wenig verlegen in die Menge lächelnd, die sie auf dem Platz vor dem Bürgersaal empfing: „Bravo-Rufe“, Franzi-Franzi-Gesänge, Applaus, hunderte gezückte Handys. Und dann ging es durch ein Spalier von Skiern, aufgestellt von Mitgliedern ihres Heimatvereins, dem SC Haag.

Es dauerte, bis Franzi Preuß die Bühne erreicht hatte, denn sie erkannte so manches bekannte Gesicht im Empfangskomitee, schüttelte Hände, umarmte Wegbegleiter und Fans, klatschte ab mit den vielen kleinen Fans, für die die große Franzi ein Vorbild ist und die ihr bereits nacheifern beim Skiclub Haag.

Gerührt und
überglücklich

Als die Weltcup-Gesamtsiegerin schließlich Platz nahm, eingerahmt von den Eltern und der Schwester, wirkte sie sichtlich gerührt und überglücklich über diesen Empfang in ihrer Heimatgemeinde, der vom Fanclub organisiert wurde. Vorsitzender Sebastian Friesinger, der, die Vereinsmütze mit dem Franzi-Schriftzug auf dem Kopf durch den Abend führte, sprach aus, was viele auf dem Platz in dieser Saison gedacht hatten: „Die Franzi gewinnt das Ding.“

So kam es auch. Die Biathletin schaffte die erfolgreichste Saison ihrer Karriere mit vier gewonnenen Weltmeisterschaft-Medaillen und den Sieg im Gesamtweltcup. Die beste Biathletin der Welt komme aus Bayern oder aus Wasserburg, werde derzeit in den überregionalen Medien oft kommuniziert, „dabei kommt sie aus Albich“, betonte Hausherr Bürgermeister Rudolf Schreyer stolz. „Was Du geleistet hast, ist einfach unglaublich“, fand er. Ein Adjektiv, das an diesem Abend in fast jeder Gratulationsrede zu hören war. „Unglaublich“, wie sich Franzi Preuß in den vergangenen über zehn Jahren immer wieder durch gesundheitliche Krisen hindurchgekämpft habe. „Unglaublich“, wie sie sich von ihrer Favoritenrolle heuer nicht habe abbringen lassen, „unglaublich“, wie sie das Herzschlag-Finale gewonnen habe.

Eine Botschafterin
für Fairness

„Ein Krimi“, der nach Meinung von Haags Bürgermeisterin Sissi Schätz die „unglaubliche Nervenstärke“ und mentale Kraft der Athletin des SC Haags verdeutlicht habe. „Herzerfrischend“ fand sie außerdem, dass Franzi Preuß auch auf internationalen Turnier-Parkett stets Dialekt gesprochen habe. Eine perfekte Repräsentantin der Region bestätigte Mühldorfs Landrat Max Heimerl: „Super sympathisch und bodenständig“ sei die Athletin. Rosenheims Landrat Otto Lederer sieht in ihr nicht nur eine Botschafterin für den Wintersport, sondern auch für „Fairness und Menschlichkeit“. Ihr Umgang mit der Konkurrentin Lou Jeanmonnot, die im Finale gestürzt war, zeige die „menschliche Größe“ von Franzi Preuß, fand Lederer. In der Tat war der Weltmeisterin auch beim Empfang in Albaching anzumerken, dass ihr das Missgeschick der Rivalin nach wie vor sehr leid tut und sie sich gut in deren Situation hineinfühlen kann.

Mit diesem Verhalten sei Franzi Preuß ein großes Vorbild für die Jugend, berichtete der Vorsitzende des SC Haag, Karl Köstler. Auch weil die Athletin viele Rückschläge weggesteckt und sich nie entmutigen lassen habe. Sie stehe für Talent, Trainingsdisziplin, Ehrgeiz, Empathie und Sportlichkeit. Die Göttin Fortuna habe das berühmteste Mitglied im SC Haag im 99. Jahr des Vereinsbestehens außerdem ebenfalls unterstützt.

Biathlon-Legende
verrät Anekdoten

Doch ohne BiathlonLegende Fritz Fischer, ihr Entdecker, wäre die heute in Ruhpoldingen lebende Sportlerin nicht auf der Bühne in der alten Heimat Albaching gestanden. Sein Auftritt gehörte zu den Höhepunkten des Empfangs, denn Fischer hatte so manche Anekdote aus dem Leben des Sportstars parat. Er verriet beispielsweise, dass Franzi Preuß schon zu Beginn ihrer Karriere in ihren heutigen Lebensgefährten, Simon Schempp, vernarrt war. Dass sie eine ganz Große werden würde, darauf hat Fischer nach eigenen Angaben immer vertraut – „auch wenn ich dich manchmal geschimpft habe, wenn du einen Sieg hergeschenkt hast“, berichtete er lachend. Das Erfolgsgeheimnis von Franzi Preuß brachte Fischer so auf den Punkt: „Sie weiß, was sie braucht.“ Fischer zeigte sich überzeugt: „Ich stehe mit der Franzi nicht das letzte Mal hier oben auf der Bühne.“ 2026 ist Olympiade, da will die Athletin noch einmal eine Einzelmedaille erringen, erzählte sie.

Im Mai beginnt bereits wieder das Training am Schießstand, doch jetzt geht es erst einmal nach Thailand in den Urlaub: Abschalten vom Trubel, den vielen Interviews „mit den immer gleichen Fragen“, den Festen beim WM-Finale, die sie sehr genossen hat. „Doch wir vertragen alle nicht viel und waren schnell hinüber“, deutete sie lachend an, dass sie und ihre Teamkolleginnen keine Feier-Biester sind. Worauf sie sich jetzt besonders freut: „Essen, wenn ich Hunger habe“, das heißt: nicht mehr nach einem festen Ernährungsplan, der sich an den Turnierabläufen ausrichtet. Und so griff sie auch beherzt zu auf den Brotzeitplatten, die Sponsor Alpenhain aus Pfaffing bereitgestellt hatte. Die Molkerei gratulierte ebenso wie Vertreter weiterer Sponsoren: Winzz-Weinschorle aus Albaching mit Manuel Scheyerl, ein direkter Nachbar der Familie Preuß, der zur Glaskugel für den Gesamtweltcup-Sieg ein riesiges Weinglas überreichte, Vinzenz Huber von Huber & Sohn aus Eiselfing, Vorstand Alfred Pongratz von der RSA-Bank, erst kurz vor der WM als Sponsor eingestiegen, und der Leiter der Touristinfo Ruhpolding, Herbert Ringsgwandl. Sponsor ist außerdem die Brauerei Erdinger Weißbier.

Dass es in dieser Saison funktionieren könnte mit dem Gesamtweltcup-Sieg, hat Franzi Preuß bereits im Sommer gespürt. Im Körper habe sich was verändert, sie sei belastungsverträglicher geworden, stabiler. Jetzt, wo alles vorbei sei, fühle sie sich trotz Gewinn des Gesamtweltcups, ein in Erfüllung gegangener Lebenstraum, „eigentlich nicht anders“, sagte sie.

„Das ist wunderschön
für mich“

Im Gespräch mit dem Fanclub-Vorsitzenden Friesinger und im Interview mit ihrem Neffen Julian verriet sie dem Publikum noch viel Privates: dass sie am besten bei einer guten Netflix-Serie entspannt, ihr Lieblingsort in Albaching der Weiher am elterlichen Hof ist und – erstaunlich: dass sie den Sommer mehr liebt als den Winter. Der kehrte zum Schluss des Festes noch einmal zurück: Der Empfang, aufgrund des großen Andrangs nach draußen verlegt, endete mit Nieselregen. Das tat Franzi Preuß Stimmung jedoch keinen Abbruch: Sie schrieb noch fleißig Autogramme und ließ sich mit den Fans fotografieren. Das Fest in Albaching sei die Krönung einer tollen Saison. „Ich stehe eigentlich gar nicht so gerne im Mittelpunkt. Doch dieser Empfang heute: Das ist wunderschön für mich.“

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