Atemberaubendes Spiel auf drei Etagen

von Redaktion

Heiliges Grab in Aschau: Jesu Ölberggebet und seine Auferstehung in barocker Kulisse

Aschau – Als „Heiliges Grab“ wird jenes Grab in Jerusalem bezeichnet, in dem der Leichnam Jesu nach seinem Tod am Kreuz bestattet worden ist. In der Nähe des Golgothahügels hatte Josef von Arimathäa dazu ein Felsengrab zur Verfügung gestellt, das mit einem schweren Rollstein verschlossen wurde. Als einige Frauen am frühen Ostermorgen zum Grab Jesu kamen, um ihm mit der Salbung einen letzten Liebesdienst zu erweisen, standen sie völlig verstört und erschrocken vor einem leeren Grab und nur nach und nach bahnte sich die gläubige Gewissheit ihren Weg von den Frauen zu den zweifelnden Jüngern, dass Jesus auferstanden und in eine neue Weise des Lebens übergegangen ist, in dem Schmerz, Dunkelheit und Tod für immer überwunden sind.

Durch diesen österlichen Sieg über den Tod gewinnen alle anderen Gräber sowie der Tod eine neue Bedeutung im Sinne eines Übergangs von der irdischen Welt in die himmlische.

Im Jahr 326 ließ Kaiser Konstantin das ursprüngliche Grab Christi in Jerusalem freilegen und die Grabeskirche darüber erbauen. In den folgenden Jahrhunderten baute man diese heilige Gedenkstätte in vielen Teilen der Welt nach, und in der Barockzeit entstanden die großen Heilig-Grab-Kulissen für die Karwoche. Alle „Heiligen Gräber“ stehen in enger Beziehung zum Grab Jesu in Jerusalem und zum österlichen Glauben vom Sieg des Herrn über den Tod – zur Hoffnung für uns Menschen.

Kistler und Maler
fertigen das Grab

In den Jahren 1797/99 fertigten der Kistler Sebastian Furtner aus Hohenaschau und der Maler Sebastian Rechenauer der Ältere aus Unterflintsbach ein neues Heiliges Grab für die Aschauer Pfarrkirche. Die Künstler ließen sich von römischen Vorbildern inspirieren und standen noch ganz in der Tradition barocker Kulissenheiliggräber, in denen religiöse Inhalte in theatralischer Weise zum Ausdruck gebracht wurden.

Drei Etagen sind in dem fast zehn Meter hohen Aufbau zu unterscheiden: In der Mitte das Heilige Grab, flankiert von Säulenhallen, die den Blick in Landschaftsmalerei freigeben. Es ist die irdische Ebene, die Welt mit all ihrer Schönheit (dargestellt beispielsweise in der Landschaft und der Harmonie der Säulenarchitektur), aber auch ihrer Vergänglichkeit (Grab).

Darüber ist der himmlische Bereich mit den drei göttlichen Tugenden und der Nische für die Monstranz (so früher) beziehungsweise dem Kreuzreliquiar, sowie für die Figur des Auferstandenen an Ostern.

Die unterste Ebene stellt die Unterwelt dar mit den Verstorbenen der vorchristlichen Zeit, angefangen bei Adam und Eva, die auf Erlösung warten. Flankiert wird dieser Bereich von Ruinenarchitektur.

Während der Fastenzeit bis Gründonnerstag ist in der Mitte der Kulissen das Gebet Christi am Ölberg zu sehen. Der vorhandene Barockengel und die darüber sichtbare Gottvaterdarstellung wurden 2019 in den Werkstätten Wiegerling mit dem betenden Jesus ergänzt. Nach dem Letzten Abendmahl zieht sich Jesus mit seinen Aposteln an den Ölberg zurück, wo er sich in seiner Todesangst Gott, dem Vater, anvertraut: „Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen. Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und stärkte ihn. Und er betete in seiner Angst noch inständiger, und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte.“ (Lk 22,42-44)

In unserer Region finden sich viele Zeugnisse, die jene Ölbergstunde künstlerisch umsetzen; erinnert sei an die Ölbergkapelle in Sachrang sowie an die Ölbergdarstellung in Aschau zwischen Kirche und Pfarrhof. Indem Christus mit aller Konsequenz die Bedrängnis und Todesangst durchleidet, wird gerade sein Gebet am Ölberg zu einer Ermutigung für Menschen in großer Bedrängnis, ihre ganze Not Gott anzuvertrauen. Der Blick auf die Ölbergszene könnte uns daran erinnern.

Typisch für die großen Heilig-Grab-Kulissen sind die mit buntem Wasser gefüllten und von hinten beleuchteten Glaskugeln. Ursprünglich als „Schusterkugeln“ zur Verstärkung des (Kerzen-)Lichts in Werkstätten verwendet, dienten sie im Barocktheater zur Beleuchtung und kamen so in die Heilig-Grab-Kulissen. Die fünf roten Grabkugeln vor dem Grab Christi symbolisieren die fünf Wundmale.

Eindrucksvoll in vollplastischer Holzschnitzerei aus der Barockzeit liegt der Leichnam Jesu am Karfreitag und Karsamstag in der Mitte des Heiligen Grabes. Die Gesichtszüge zeigen noch den Todeskampf am Kreuz, die Hände die Wundmale der Nägel. Jetzt hat er ausgelitten. Die Schulterwunde erinnert an das schwere Kreuz, das Jesus getragen; sie war Gegenstand einer um 1700 aufkommenden eigenen Andachtsform. Im Hintergrund eine der beiden Frauengestalten, die auf die Rückwand des Grabes gemalt sind: Wohl Sibyllen, die nach frühchristlicher Tradition ähnlich wie die alttestamentlichen Propheten auf Christus hinwiesen. Fortsetzung nächste Seite

Die Leidenswerkzeuge der Kreuzigung

Besonderes Licht und Führungen

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