Rohrdorf – Die Situation ist angespannt. Und manchmal trifft’s dann die, die eigentlich Abhilfe schaffen wollen. „Ja, da kommt dann ab und zu schon etwas verbal, oder es fliegt auch mal eine Tomate“, berichtet Joachim Matzka, Projektleiter an der Brücke, die den Verkehr der A8 bei Rohrdorf über ein Bahngleis führt. Fern- und Autofahrer seien halt manchmal genervt, wenn sie eine Stunde oder länger im Stau stehen.
Auf der A8 drohen
Riesen-Staus
90 Jahre ist die Brücke alt, es sei eigentlich ein Wunder, dass sie so lange gehalten habe, diese vielen Jahre, dieses Verkehrsaufkommen, mit dem im Jahre 1935 niemand habe rechnen können, sagt Michael Kordon, Direktor der Niederlassung Südbayern der Autobahn GmbH des Bundes. Nun aber sei sie fällig. Die Bahnbrücke muss abgerissen und neu gebaut werden.
Oder besser: die alte wird entnommen, die neue eingesetzt. Denn genau genommen passiert das gerade an der A8. An einer Turbo-Baustelle, wie Josef Seebacher als Sprecher der Autobahn GmbH sie nennt.
Entlastung noch
vor Pfingstferien?
Im Winter erst stellte man bei einer Routinekontrolle fest, dass die Brücke am Ende ist. Die Ingenieure von Max Bögl machten sich an die Arbeit, und jetzt schon ist die Baustelle eingerichtet, der Spezialkran angerollt, sind die Seilsägen an der Arbeit, um die alte Brücke in Segmente zu zerteilen.
„Noch vor dem Pfingstverkehr“ soll die Brücke erneuert sein, sagt Seebacher. Genau genommen sind es zwei Brücken, eine für die Fahrspur im Süden, die andere für die Fahrspur im Norden. Nur mit Mühe dringen beim Ortstermin auf der Autobahn die Stimmen durchs Kreischen der Sägen und das Brummen der Bohrer, aber so viel bekommt man mit: Die Mitarbeiter der Autobahn-Gesellschaft wie der Baufirma sind gleichermaßen stolz auf dieses Projekt, das in nur sechs Wochen zum Abschluss gebracht werden soll.
Riesen-Lego mit
dem Spezialkran
Neu ist, dass ein aufwendiger Teil der Arbeit nicht erst an der Baustelle, sondern zuvor schon erledigt wird: Der Beton wird nicht in Einschalungen an der Autobahn gegossen, er fließt vielmehr in passgenaue Fertigteile und härtet in der Max-Bögl-Fabrikationshalle aus – so wie die Tübbinge, die Bauteile für die Tunnel-verschalung am Brennerbasistunnel. Die Fertigteile werden mit Schwerlast-Lkw nach Rohdorf transportiert und können mit dem Spezialkran an Ort und Stelle auf die Widerlager gesetzt werden. Über 50 Tonnen wiegt das schwerste Teil – für den Spezialkran ein Klacks. Wenn das Fahrbahnsegment millimetergenau heranschwebt, darf man sich das vorstellen wie Riesen-Lego. Allerdings ist die Maschine mit hundert Tonnen Fahrgewicht – so viel wie 80 Mini Cooper – so schwer, dass sie am westlichen Rand stehen geblieben ist. Über die marode Brücke wäre der Kran mit seinem Gewicht womöglich nicht mehr gelangt.
Auch eine Turbo-Baustelle kostet Nerven. Und Geld. Gerade an einer so wichtigen Verkehrsschlagader wie der A8. Einmal läutet Josef Seebachers Handy, weil ein Spediteur aus Norddeutschland wissen will, ob er mit seinen Schwertransportern überhaupt noch nach Salzburg kommt. „Auch für die im Norden ist die Autobahn hier im Süden entscheidend“, sagt Seebacher.
Unangenehm ist die Baustelle nicht nur für Urlauber, Pendler und Spediteure. Auch für Rohrdorf birgt sie Nachteile. Schließlich versuchen viele Fahrer, den Staus auf der A8 auszuweichen. „In den Straßen von Rohrdorf steht dann manchmal der Verkehr nur noch“, sagt Bürgermeister Simon Hausstetter.
Allerdings sei die Brücke über der Zeit, ein Austausch unumgänglich, die Baustelle mithin verständlich – „anders als das Verhalten mancher Autofahrer“. Der Austausch mit der Autobahn-Gesellschaft sei insgesamt hervorragend, anders als mit der Deutschen Bahn. Der gehören die Gleise, die die Brücke überspannt. Für Rohdorfs Anliegen – ein Rad- und Fußweg unterm Autobahndamm entlang der Gleise – zeigt sie aber kein Entgegenkommen.
81 Brücken an der A8
um die 90 Jahre alt
In nicht ganz sechs Wochen soll die neue Brücke stehen und funktionieren. Bleibt es dabei – und lauern in dem alten Beton keine bösen Überraschungen – wäre es ein guter Start für ein Mammutunternehmen. 81 Brücken der A8 seien um die 90 Jahre alt, sagt Josef Seebacher. „Das ist schon ein Wettlauf mit der Zeit.“