Babys halten sich nicht an Spielregeln

von Redaktion

Heute ist Hebammentag – Deutschland bei Versorgung im unteren Drittel

Bernau/Schleching – Im letzten Jahr wurden in Deutschland etwa 677000 Kinder geboren (Statistisches Bundesamt), das ist die Hälfte des Babyboom-Rekordjahres 1964 mit 1,36 Millionen Geburten. Im Februar begann die Kampagne „Frauen zahlen den Preis“ – mit der Aufforderung an die Politiker, eine 1:1-Betreuung mit einem wohnortnahen Versorgungsnetz während Schwangerschaft und Wochenbett zu bieten.

Deutschland liegt im europäischen Vergleich bei der Versorgung der Mütter in, während und nach der Schwangerschaft im unteren Drittel. Gründe hierfür sind – besonders im ländlichen Raum – weite Distanzen zur nächsten Klinik mit einem Kreißsaal und einer Station für Geburtshilfe. Hier in der Region gibt es rund um die Uhr besetzte Geburtshilfestationen nur in Rosenheim, Traunstein und Wasserburg.

Körper regeneriert
sich allmählich

„Ich fange da an, wo die Hebamme aufhört“, sagt Franziska Westarp aus Schleching-Raiten. Sie ist zertifizierte Wochenbettbegleiterin. Die sechs Wochen nach der Entbindung werden Wochenbett genannt. Dies ist der Zeitraum, in dem sich der Körper der Mutter allmählich regeneriert. In der Phase tut Hilfe oft Not. Franziska Westarp unterstützt im Achental Mütter nach der Geburt bei den alltäglichen Dingen. Im Haushalt und bei der Organisation von Arztbesuchen, Gymnastik-Terminen, beim Einkaufen und Kochen, bei der Säuglingspflege, bei Stillfragen oder der Betreuung der Geschwisterkinder, um nur einige Aufgaben zu nennen. Hebammen bieten während der Schwangerschaft, der Geburt und danach medizinische Versorgung an. Mütterpflegerinnen unterstützen Mutter und Kind bei praktischen Problemen, um den Alltag entspannt mit dem Familienzuwachs genießen zu können.

In Zusammenarbeit mit Hebammen und Gynäkologen wird ein Netzwerk aufgebaut. Julia Winzer ist freiberufliche Hebamme in Bernau und vermittelt die Mütter gern nach der Geburt an die „Mütterpflege-Organisation“. Auch sie berichtet von verschiedenen Beispielen aus ihrer Praxis für eine Indikation: Bein gebrochen in der Schwangerschaft; die Mutter bekommt gerade ihr viertes Kind und der Mann ist beruflich unterwegs; oder eine Wundheilungsstörung nach einem Kaiserschnitt. Julia Winzer sagt: „Es könnten viele später auftretende Probleme vermieden werden, wenn rechtzeitig Hilfe und Entlastung erfolgt.“ Sie gibt jungen Müttern einen Rat für die zeitliche Planung, er gilt für eine unkomplizierte Geburt: Nach der Entbindung eine Woche im Bett bleiben, eine Woche ums Bett laufen, eine Woche bis zum Briefkasten und erst in der vierten Woche vielleicht eine kleine Runde spazieren gehen. Dieser Zeitablauf sollte laut Julia Winzer am besten vor der Geburt geplant und gegebenenfalls die Hilfe einer Wochenbettbegleiterin in Anspruch genommen werden. Dr. Franziska Schäfer, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, hält die Arbeit der Hebamme für sehr wichtig. „Der Beruf sollte gestärkt werden – mit angemessener Bezahlung für ihre unverzichtbare Arbeit.“ Der Impuls für die Indikation einer Mütterpflegerin muss nach ihrer Ansicht vom Gynäkologen und der Hebamme kommen. „Früher haben die Großfamilien die Entlastung einer Mutter im Wochenbett übernommen, heute sind Frauen mit Zusatzproblemen auf Hilfe von außen angewiesen, zum Beispiel bei einer gar nicht so seltenen Wochenbettdepression.“ Schäfer ist es wichtig, dass der zusätzliche Einsatz von Mütterpflegerinnen an der richtigen Stelle ankommt, bei Frauen, die die Hilfe wirklich benötigen.

Die Sternstunde
für Väter

Schäfer sieht die Zeit des Wochenbetts als ruhige und intime Zeit für die Mütter, „hier kann der Familienvater in der Elternzeit seinen großen Augenblick bekommen“. Zum Beispiel bei der Geburt eines zweiten Kindes die intensivere Beschäftigung mit dem ersten Kind, das mit der Situation einer Schwester oder eines Bruders in der Familie zurechtkommen muss, sowie eben die praktische Entlastung der Mutter nach der Geburt.

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