Rosenheim – Im März 2025 hatte die Staatsanwaltschaft ihre Anklage formuliert. Und diese Anklage hat das Landgericht München II nun (Anfang Mai) zugelassen. Außerdem hat der Vorsitzende des Gerichts einen Zeitplan für die Durchführung der Hauptverhandlung festgelegt: Der Prozess gegen Siegfried H. und seine Lebensgefährtin wird in der Zeit vom 16. Juni bis zum 20. August 2025 stattfinden. Gut zwei Jahre nach der Pleite wird der Fall FlexiCamper also gerichtsmäßig.
Siegfried H. und seiner Partnerin macht die Staatsanwaltschaft schwere Vorwürfe. Dazu gehören Insolvenzverschleppung und gewerbsmäßiger Bandenbetrug. Außerdem müssen sich die beiden wegen Kreditbetrugs und wegen „gewöhnlichen“ Betrugs in mehreren Fällen verantworten.
Das klingt alles sehr nüchtern. In Wahrheit hat FlexiCamper wohl Träume zerstört. Dort bleiben, wo es grad gefällt. Losfahren, wenn einen nichts mehr hält. In der Welt zu Hause, mit dem eigenen Heim stets bei sich: So hatten sich das viele Menschen vorgestellt. Mit der Insolvenz der Rosenheimer Firma FlexiCamper verloren sie ihre Anzahlungen, die sie für Camping-Mobile geleistet hatten. In den meisten Fällen waren das Zehntausende von Euro. Summen, für die manche der Betroffenen viele Jahre lang gespart hatten. In den Wochen nach der Pleite kam ein schlimmer Verdacht auf: Die Insolvenz war womöglich viel zu spät angemeldet worden, Kunden möglicherweise bedenkenlos um ihr Geld gebracht worden.
Zudem sollen H. und seine Lebensgefährtin in mehreren Fällen bei mehreren Banken bewusst falsche Angaben zu den finanziellen Verhältnissen der FlexiCamper-GmbH gemacht haben, um an frisches Geld zu gelangen. Außerdem geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die beiden Angeschuldigten Bestellungen von Kunden aufnahmen, obwohl ihnen bereits klar war, dass sie die bestellten Wohnmobile nicht mehr würden ausliefern können. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft führt Fälle mit einer Schadenssumme von 7,7 Millionen Euro an. Insolvenzverwalter ist Klaus Martin Lutz. Und der kommt auf noch höhere Summen. 380 Betroffene hätten sich in seiner Kanzlei gemeldet, und bei ihnen belaufe sich die Schadenssumme auf über 13 Millionen Euro. Er geht davon aus, dass Siegfried H. eine Haftstrafe droht. Schließlich sei der Pleitier schon früher aktenkundig geworden.
Zuletzt mit einem noch größeren Schaden. 2016 implodierte Siegfried H.s Firma KTG Agrar. Dabei verloren 12000 Anleger weit über 300 Millionen Euro. Anfang Juni 2023 stellte die Hamburger Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung und des Bankrotts in diesem Fall gegen eine hohe Geldauflage ein – nur wenige Tage, nachdem die Wohnmobilfirma FlexiCamper Insolvenz angemeldet hatte.
„Missmanagement, Misswirtschaft, das möglicherweise bewusste Schaffen undurchsichtiger Verflechtungen innerhalb und außerhalb des Konzerns, Geldverschwendung, Eigeninteressen, eine nicht im Ansatz professionelle Unternehmensstruktur und eine vollkommen unzureichende Liquidität“. So beschrieb laut „SZ“ damals KTG-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus die Geschäftsmethoden von H.
Nicht viel anders hat er es womöglich bei FlexiCamper gehalten. Die Pleite geht vermutlich als eine der größten in die Justizgeschichte der Region ein. Für die Juristen in München ist sie dagegen nicht so außergewöhnlich. „Bei Wirecard sind wir jetzt schon bei 190 Verhandlungstagen“, sagte ein Sprecher des Landgerichts über die prominenteste Hauptverhandlung.