Rosenheim/Traunstein/Mühldorf/Altötting – Das Robert-Koch-Institut läutet noch nicht vehement die Alarmglocken. Aber es klopft schon mal leise an. „Aufgrund der neuen Erkenntnisse möchte das Robert- Koch-Institut (RKI) dafür sensibilisieren, dass Diphtherie wieder vermehrt auftritt“, heißt es im „Epidemiologischen Bulletin“ des Instituts.
„Sensibilisieren“ – damit meint das RKI, dass die Menschen wieder auf ihren Impfschutz achten sollen. Die Impfquote im Landkreis Altötting stellt sich nach Angaben des Gesundheitsamts sehr unterschiedlich dar. So waren nur 70,9 Prozent der Kinder im Alter von 24 Monaten vollständig geimpft, im Einschulungsalter dagegen immerhin 89,1. Etwas besser sieht es im Landkreis Mühldorf aus. Für Kleinstkinder kann das Gesundheitsamt zwar keine Impfquote nennen, zum Schuleingang waren mit 90,2 Prozent etwas mehr geimpft als in Altötting. Zum Vergleich: In Bayern lag die Impfquote bei 94,4 Prozent.
Auch Dr. Wolfgang Hierl in Rosenheim empfiehlt die Überprüfung und Aktualisierung des Impfstatus. Gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) besteht ein Schutz gegen Diphtherie nach der vollständigen Grundimmunisierung mit drei Impfungen. Vorausgesetzt, die Mindestabstände wurden eingehalten. Bei einer Grundimmunisierung im Säuglingsalter werden Auffrischimpfungen im Alter von fünf oder sechs Jahren sowie zwischen neun und 16 Jahren empfohlen. Ab 18 Jahren sollten Auffrischimpfungen alle zehn Jahre erfolgen.
Ein Hinweis vor der nächsten Reise: Gerade da lohnt es sich, den Diphtherie-Impfschutz noch einmal zu checken. Denn in vielen Ländern Afrikas, des Südpazifik und Osteuropas ist Diphtherie endemisch, tritt also regelmäßig auf.
Diphtherie wurde früher als „Würgeengel der Kinder“ bezeichnet. Denn vor der Einführung der vorbeugenden Impfung forderte die schwere Infektionskrankheit viele Opfer – vor allem in der Form, die die Atemwege befällt. „Diphtherie kann schon furchtbar sein“, sagt der Rosenheimer Kinderarzt Otto Laub. „In der schlimmsten Ausprägung kann es tödlich sein.“
Warum es ihm aktuell nicht so große Sorgen macht: Diphtherie ist – noch – selten. „Und man kann halt was tun, es gibt eine wirksame Strategie mit Impfen und Auffrischen.“ Was ihm derzeit mehr Falten auf die Stirn treibt, sind Krankheiten, die sich aufgrund des Klimawandels ausbreiten.
„In Zusammenhang mit dem aktuellen Diphtherie-Ausbruch wurde in Stadt und Landkreis der letzte Hautdiphtherie-Fall im Dezember 2022 registriert“, heißt es seitens des Gesundheitsamts in Rosenheim. Die Infektion sei vollständig geheilt worden, Folgeinfektionen habe es nicht gegeben. Einen Fall von Hautdiphtherie gab es auch im Landkreis Mühldorf, und zwar im Jahr 2023.
Im Landkreis Altötting wurde in den vergangenen fünf Jahren nicht ein einziger Fall nachgewiesen.
Seit Beginn der Dokumentation im Jahr 2001 wurden im Landkreis Traunstein keine Diphtheriefälle gemeldet, die den gesetzlichen Falldefinitionen entsprachen. Das teilt das Landratsamt mit. Zur Sorglosigkeit sieht die Behörde aber keinen Grund. „Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Diphtherie europaweit auf dem Vormarsch ist. Diphtherie ist eine ernstzunehmende bakterielle Infektion“, heißt es in der Antwort auf Anfrage des OVB.