Traunstein/München/Rosenheim – Mit einem Vergleich vor dem Landgericht Traunstein endete gestern ein Parteiausschlussverfahren des AfD-Landesverbands Bayern gegen den AfD-Landtagsabgeordneten Franz Bergmüller aus dem Landkreis Rosenheim. Der Beklagte erklärte sich bereit, seine Mandatsträgerbeiträge für die Zeit zwischen April 2023 und Mai 2025 in Höhe von insgesamt 18777,76 Euro zu entrichten und den Beitrag auch zukünftig regelmäßig an den Landesverband zu überweisen.
Mit dem Vergleich, den beide Seiten vor der Dritten Zivilkammer mit Vorsitzendem Richter Gerhard Bezzel gestern schlossen, ist gleichzeitig das Parteiausschlussverfahren gegen Bergmüller vom Tisch. Ihre Kosten müssen die Beteiligten jeweils selbst tragen. Die Gerichtskosten für den Vergleich mit einem Streitwert von rund 56659 Euro erlegte das Gericht dem AfD-Landesverband auf.
Nach anfänglichen Worten des Vorsitzenden Richters fordern alle Parteien, egal auf welcher Ebene, von ihren Mandatsträger eine derartige Abgabe. Das seien keine Spenden gemäß Steuerrecht. Franz Bergmüller sei seit etwa zehn Jahren AfD-Mitglied. Die Klage des Landesverbands stütze sich auf dessen Satzung, wonach monatlich acht Prozent der Bemessungsgrundlage abzuführen seien, aktuell monatlich 782,88 pro Monat, früher etwas weniger. Gerhard Bezzel informierte weiter, der Beklagte habe sich sowohl wegen der Nachzahlung als auch hinsichtlich künftiger Zahlungen gegen die Klage gewendet. Sie sei nach Meinung der Beklagten teils unzulässig wegen des Zusammenhangs mit dem laufenden Parteiausschlussverfahren. Außerdem habe die AfD „keinen einklagbaren Anspruch“ auf Mandatsträgerbeiträge. Die Regelungen sähen aus Sicht des Beklagten keine Zahlung vor. Solche Beiträge wären vielmehr „eine unvollkommene Verbindlichkeit“. Wenn man die Satzung anders auslege, würde „gegen die Verfassung des Freistaats Bayern verstoßen“. Begründet werde dies mit „übergroßem Druck, wie ein Mandatsträger sein Mandat auszuüben habe“, erläuterte der Vorsitzende Richter.
Der Landesverband hingegen als Klägerin sehe keinen Verstoß gegen die bayerische Verfassung. Nach Ansicht Bezzels handelt es sich aus rechtlicher Sicht um „ein interessantes Verfahren“. Es gebe eine – wohl rechtskräftig gewordene – Entscheidung des Landgerichts Bremen von 2023, in dem eine AfD-Klage gegen einen AfD-Bundestagsabgeordneten abgewiesen worden sei. Das Landgericht Hamburg habe vor einem ähnlichen Hintergrund im Fall eines Bürgerschaftsabgeordneten den Mandatsträger zur Zahlung verurteilt. Dagegen sei allerdings Berufung eingelegt worden, das Urteil nicht rechtskräftig geworden. Der Zweite Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wiederum sei 2023 zu einer Zahlungspflicht gekommen – jedoch nicht für einen gewählten Abgeordneten, sondern für einen kommunalen Wahlbeamten.
Dazu Gerhard Bezzel: „Das ist das Spannungsfeld in diesem Verfahren.“ Im Fall des Beklagten sei das auch noch das derzeit ruhende Parteiausschlussverfahren gegen Franz Bergmüller von Bedeutung. Darin gehe es nicht nur um die Mandatsbeiträge, sondern auch um dessen Äußerungen über einen Fraktionskollegen, die im jetzigen Prozess aber keine Rolle spielten. Sollte der Beklagte ausgeschlossen werden, erlösche eine eventuelle Beitragspflicht, so der Vorsitzende Richter. Das Verfahren habe „Potenzial, durch die Instanzen zu gehen, weil Rechtsfragen durch den Bundesgerichtshof geklärt werden müssen“.
In der Güteverhandlung lenkte die Klägerin angesichts eines drohenden jahrelangen Rechtsstreits ein. Martin Roth, Mitglied des AfD-Landesvorstands, erklärte, man würde sich eine Klärung der Rechtsfrage wünschen. Unabhängig davon arbeite man in der Fraktion gut zusammen, pflege „meistens ein gutes Miteinander“. Man habe über die „unglücklichen Äußerungen“ gesprochen und Vergleichsgespräche geführt. Franz Bergmüller schloss sich an. Grundsätzlich sei „alles Parteisache“. Und weiter: „Ich bin eigentlich müde, solch einen Streit über Jahre bis zum BGH zu führen.“ Er stelle das gemeinsame Auskommen im Landtag darüber. Der Vorsitzende Richter erinnerte, der Beklagte habe die Zahlungen nicht als solches zurückgehalten, sondern wegen Problemen bei seiner Listenaufstellung im Vorfeld der Landtagswahl .
Nach kurzer Debatte über kleinere Punkte und einer Pause betonte Klägeranwalt Marius Gröteke, beide Seiten wollten ihr Gesicht wahren. Dem folgte Beklagtenanwalt Jochen Lober. In einer Präambel zu dem Vergleich hielten die Beteiligten fest, man sei sich der Verantwortung bewusst. Beide Seiten erklärten ihr Bedauern über die früheren Dissonanzen und ihr Ziel eines „gedeihlichen Auskommens“. Monika Kretzmer-Diepold