Rosenheim – Für die Planer des Brenner-Nordzulaufs läuft es im Moment nicht rund. Dabei hatte es im Oktober 2024 für die Bahn noch ganz gut ausgesehen. In der Anhörung vorm Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages hatte sich eine klare Zustimmung des Parlaments für den Neubau einer Zulaufstrecke zum Brennerbasistunnel abgezeichnet.
Verzögerung
jetzt auch in Tirol
Doch drei Wochen danach platzte die Ampel-Koalition. Der Termin für die Abstimmung über den Brenner-Nordzulauf in der Region Rosenheim, ursprünglich für Frühjahr 2025 vorgesehen, ist nun in die Ferne gerückt. Und nun rumpelt es auch bei den Österreichern. Wie der ORF berichtete, verzögert sich die Fertigstellung des rein österreichischen Teils des Brenner-Nordzulaufs um zwei Jahre.
Zuletzt für das Jahr 2037 avisiert, soll die Unterinntaltrasse zwischen Radfeld und Schaftenau nun erst 2039 fertig werden. Das wäre einerseits „sehr schmerzhaft“ fürs Land, wie Tirols Verkehrslandesrat René Zumtobel laut ORF sagte. Schließlich bringt der vierspurige Ausbau der Bahn im Inntal den angeschlossenen Gemeinden immense Vorteile: Zwischen Innsbruck und Kundl gibt es dank der vergrößerten Kapazitäten so etwas wie einen S-Bahn-Takt.
Die Deutschen brauchen noch länger
Fürs Große und Ganze allerdings lässt sich die Verzögerung eher verschmerzen. Denn wenn die Österreicher bis Schaftenau kurz vor Kufstein vorgestoßen sein werden, sind die deutschen Bauarbeiten immer noch am Laufen: Nach den Worten des Nordzulauf-Chefplaners Matthias Neumaier soll der Nordzulauf bis 2040 fertig ausgebaut sein.
Da ahnte er allerdings nicht, dass sich durch die politischen Entwicklungen der Beschluss des Bundestages verzögern könnte.
Möglicherweise sind die Unwägbarkeiten in Deutschland der wahre Grund für die Verzögerungen auf österreichischer Seite. Der ORF berichtete zwar von Sparmaßnahmen der Bundesregierung als Grund für die verspätete Fertigstellung. Die Österreichischen Bundesbahnen und die Tiroler Landesregierung zeigen allerdings auf die Nachbarn im Norden. Fehlende konkrete Planungen zum Nordzulauf in Deutschland machte den Planern auch auf österreichischer Seite das Leben schwer.
Misstrauen
unter den Partnern
Auf enge Zusammenarbeit insbesondere im grenzüberschreitenden Bereich hatten sich Deutschland und Österreich 2012 im „Rosenheimer Vertrag“ verpflichtet. 13 Jahre danach hat sich Misstrauen breitgemacht. Die Österreicher argwöhnen offenbar, dass Deutschland den Brenner-Nordzulauf auf Eis legen könnte. Aus Kostengründen, aber auch weil Bahnverbindungen in West-Richtung aufgrund der Nato-Planungen Vorrang genießen könnten.
In der Region Rosenheim wiederum äußern Vertreter der Bürgerinitiativen häufig den Verdacht, dass auch die Italiener keinen vollständigen vierspurigen Ausbau im Sinn hätten. So auch im Internet-Portal des Brennerdialogs. „Die von Tirol.ORF veröffentlichte Karte offenbart, dass der Südzulauf bis Verona in großen Teilen noch nicht einmal geplant ist“, steht da zu lesen.
Lediglich Umfahrungen etwa bei Bozen oder Abschnitte, die zum Brenner-basistunnel unbedingt nötig sein würden – etwa der 17 Kilometer lange Abschnitt zwischen Waidbruck und dem Südportal des Brenner-basistunnels bei Franzensfeste – seien in Planung oder gar schon im Bau. Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher hatte allerdings im OVB-Exklusiv-Interview betont, dass Italien den Südzulauf vollständig viergleisig ausbaue.
Lausch findet Ausrede „fast schon amüsant“
Die Brenner-Zuläufe im Norden wie im Süden wurden oft als notwendig für das europäische Großprojekt eines Scan-Med-Korridors zwischen Skandinavien und Sizilien bezeichnet. Bislang allerdings wirken sie eher als Zankäpfel.
Sepp Lausch, Landtagsabgeordneter der Freien Wähler aus Großkarolinenfeld, gibt sich jedenfalls missvergnügt. Die Ausrede, dass Deutschland an den Verzögerungen in Tirol schuld sei, sei „fast schon amüsant“, äußerte er gegenüber den OVB-Heimatzeitungen.