Traunstein – Die Neunte Strafkammer am Landgericht Traunstein unter Vorsitz von Richterin Barbara Miller verurteilte am gestrigen Freitag einen suchtkranken, voll geständigen Angeklagten aus Traunstein wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie „bewaffneten Handeltreibens“ zu sechs Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe und Unterbringung zum Entzug in einer Fachklinik. Vor der Therapie muss der 42-Jährige zweieinhalb Jahre im Gefängnis verbüßen. Die Untersuchungshaft seit Mitte Dezember 2024 wird davon abgezogen.
Einen Vorwurf aus der Anklageschrift, die Bestellung von 50 Gramm Kokain, 100 Gramm Amphetamin und fünf Gramm Metamphetamin im September 2024, hatte das Gericht auf Antrag von Staatsanwältin Karin Hahn mit Blick auf das strafrechtliche Gewicht der restlichen Taten eingestellt. Es verblieben die Bestellung von 50 Gramm Kokain am 18. Oktober 2024 sowie eine Nachlieferung elf Tage später nach einer Reklamation des 42-Jährigen. Wiederum 50 Gramm Kokain und dazu 100 Ecstasy-Tabletten orderte der Traunsteiner am 2. Dezember 2024. Sieben Tage später erweiterte er die Bestellung um ein Kilogramm Amphetamin. Ein erstes Päckchen des 42-Jährigen mit 2040 Euro erreichte den Lieferanten wegen einer falschen Adresse nicht. Das Geld kam zurück nach Traunstein. Per Paket brachte der Angeklagte dann 3240 Euro in bar auf den Postweg. Die Polizei konnte die Sendung mit den Drogen anschließend abfangen. Als Paketfahrer getarnte Fahnder übergaben dem 42-Jährigen das Päckchen am 17. Dezember 2024. Bei der Gelegenheit erfolgte gleich eine Wohnungsdurchsuchung. Die Beamten stießen nicht nur auf einen Cannabis-Kunden, sondern auch auf jede Menge Drogen sowie auf zahlreiche Schuss-, Hieb- und Stichwaffen. Zwei Präzisions-Armbrüste mit Zieloptik, eine CO-Druckluftwaffe mit passenden Hartgummigeschossen, neun kleine Faustmesser, drei Luftdruckpistolen, eine Federdruckpistole, ein stählener Teleskopschlagstock, eine Axt, zwei Macheten und ein Schwert hatte der 42-Jährige in der Wohnung platziert. Außerdem fand die Polizei 1170 Gramm Amphetamin, 16 Gramm Metamphetamin, 20 Gramm psilocybinhaltige Pilze, 290 Tabletten Ecstasy, 244 LSD-Trips, eineinhalb Stück Fentanyl-Pflaster, 259 Gramm Marihuana, 84 Tabletten Oxycodon sowie fünf Marihuana-Pflanzen.
Nach einem psychiatrischen Gutachten in dem Prozess war der fünffach vorbestrafte Traunsteiner bei allen Taten massiv abhängig von verschiedenen Drogen. Dr. Josef Eberl vom Bezirksklinikum in Gabersee attestierte dem 42-Jährigen einen „Hang“ zu Betäubungsmitteln, aber auch eine Erfolgsaussicht, von ihnen wegzukommen. Die Voraussetzungen für eine zweijährige Therapie seien aus medizinischer Sicht gegeben, so der Sachverständige. Einige kleinere Gutachten, etwa zu untersuchten Haarproben, bestätigten die Diagnose zusätzlich.
Staatsanwältin Karin Hahn plädierte gestern auf eine Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren, während der Verteidiger, Julian Praun aus Traunreut, vier Jahre für ausreichend hielt. Im Urteil stellte die Vorsitzende Richterin fest, angesichts des Geständnisses sei über die Rauschgiftmengen nicht zu diskutieren gewesen. Drei der Waffen, zum Beispiel den Teleskopschlagstock, habe die Kammer dem Drogenhandel in Form eines „bewaffneten Handeltreibens“ zugeordnet. Die übrigen Dinge seien wohl eher Ausstellungsstücke gewesen, hätten aber trotzdem eine „abstrakte Gefährlichkeit“ besessen. Bei der Strafzumessung verwies Barbara Miller auf die hohen Mengen an Betäubungsmitteln und die Vorstrafen des 42-Jährigen. Deshalb sei das Gericht trotz des Geständnisses nicht zu einem minderschweren Fall gelangt, wie der Verteidiger beantragt habe. Bei dem Fall mit dem doppelten Versand von Bargeld habe die Kammer gewertet, dass die Polizei die Aktion überwacht habe. „Trotz langem Vorwegvollzug entsprechend der geänderten Gesetze mache eine Unterbringung zum Entzug Sinn bei dem 42-Jährigen“, schloss die Vorsitzende Richterin. Der Angeklagte nickte zustimmend.
Monika Kretzmer-Diepold