War Hannas Tod doch ein Unfall?

von Redaktion

Im Prozess um den Tod von Hanna W. bringt sich die Verteidigung in Stellung. Sie hat neue Gutachten eingereicht. Starb Hanna durch einen Unfall? Wie die Rechtsanwälte Rick und Georg die Unschuld des Angeklagten Sebastian T. beweisen wollen. Und was die Gutachten für seine Haftsituation bedeuten.

Aschau – Verschuldete ein Unfall Hannas Tod? Davon geht Regina Rick, Verteidigerin des Angeklagten Sebastian T. im „Eiskeller-Prozess“, aus. Sie legte bereits in der ersten Auflage des Mordprozesses (von Oktober 2023 bis März 2024) dar, dass Hanna W. ohne Verschulden eines anderen Menschen in den Bärbach gestürzt und in der Folge ertrunken sei. Nun bringt sich Rick in Stellung für die Neuauflage des Verfahrens, die im September beginnen soll. Das Landgericht Traunstein bestätigte gestern, dass drei neue Gutachten eingegangen sind, die eine Unfallthese unterstützen sollen.

Gerichtsmediziner
legten sich schnell fest

Hannas Leiche war am Nachmittag des 3. Oktober 2022 in der Prien entdeckt worden. Die Gerichtsmediziner legten sich schnell auf ein Gewaltverbrechen fest, begangen wenige Stunden zuvor. Am 19. November 2022 vermeldete dann die Polizei die Festnahme eines dringend Tatverdächtigen: Sebastian T., wie auch Hanna aus Aschau stammend.

Nun soll die Unfallthese wieder stärker in den Mittelpunkt rücken. Die Gutachten seien von der Verteidigung in Auftrag gegeben worden, sagt Cornelia Sattelberger vom Landgericht Traunstein. Sie befassten sich im Großen und Ganzen mit Strömungsdynamik und dem Verhalten eines treibenden Körpers in bewegtem Wasser.

So will die Verteidigung zeigen, dass die schweren Verletzungen Hannas – unter anderem fünf klaffende Wunden am Kopf, beide Schulterdächer gebrochen – durch den Aufprall auf Felsen und andere Hindernisse in Bärbach und Prien entstanden sein könnten.

Die drei Gutachten sollen nicht allein die Unfallthese untermauern, sondern damit wohl auch die Last des dringenden Tatverdachts in einem Kapitalverbrechen von Sebastian T. nehmen. Dann entfällt vermutlich der Hauptgrund für die U-Haft, in der sich T. nun schon seit November 2022 befindet.

Für kommenden Montag hat die Verteidigung mit Regina Rick und Dr. Yves Georg einen Antrag auf Haftprüfung angekündigt. Dann wird das Landgericht entscheiden, ob Sebastian T.s U-Haft gegen Auflagen ausgesetzt werden kann.

Sebastian T. seit gut
zwei Jahren in U-Haft

Wenn dieser Antrag durchgeht, kommt Sebastian T. zumindest vorläufig auf freien Fuß. Am 19. März 2024 war er wegen gefährlicher Körperverletzung und Mordes zu neun Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. Richterin Jacqueline Aßbichler sah es als erwiesen an, dass Hanna W. am 3. Oktober 2022 auf dem Heimweg vom „Eiskeller“ gegen halb drei morgens von Sebastian T. angegriffen worden sei, und zwar aus sexuellen Motiven. T. habe die Medizinstudentin umgerissen, auf ihrem Rücken kniend ihr schwere Verletzungen zugefügt.

Die Bewusstlose habe er in den Bärbach geworfen, wo sie schließlich ertrank. Allerdings gibt es für diesen Hergang keine Zeugen, es gibt keine Tatwaffe, kein Geständnis. Nicht einmal der genaue Tatort konnte nachgewiesen werden. Festgenommen worden war Sebastian T., nachdem eine Schulfreundin ausgesagt hatte, Sebastian T. habe ihr bereits am Abend des 3. Oktober von einer in Aschau ermordeten jungen Frau erzählt. Wissen, das zu diesem frühen Zeitpunkt nur ein Täter hätte haben können. Allerdings erwiesen sich die Aussagen der jungen Frau bei der ersten Verhandlung als widersprüchlich und unzuverlässig.

Wie zuverlässig
ist der JVA-Zeuge?

Zu diesem Zeitpunkt hing der Prozess bereits am seidenen Faden. Da meldete sich ein Zeuge bei der Staatsanwaltschaft: Adrian M., damals ebenfalls in U-Haft. Er sagte aus, Sebastian T. habe ihm gegenüber den Mord an Hanna W. eingeräumt. Doch wie glaubwürdig ist ein JVA-Zeuge, der sich erst ein Jahr nach einer angeblich verräterischen Unterhaltung bei den Ermittlern meldete? Das wird das neue Verfahren vor der 1. Jugendkammer des Landgerichts Traunstein zeigen müssen.

Das Verfahren muss neu aufgelegt werden, nachdem der Bundesgerichtshof im April der Revision der Verteidigung stattgegeben hatte. Allerdings war der Grund nicht der Zweifel des BGH an der Indizienkette, sondern ein Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen Richterin Aßbichler im Februar 2024 gewesen. Die Richter in Karlsruhe sahen in der Ablehnung dieses Antrags einen Rechtsfehler, weil ein vertrauter E-Mail-Austausch zwischen Richterin und Staatsanwalt tatsächlich die Sorge der Befangenheit hätte erwecken können. Die 2. Jugendkammer hätte also abgezogen, der Fall bereits damals neu aufgerollt werden müssen.

Nun ist es also an der 1. Jugendkammer selbst, ein Urteil im Mordprozess um Hanna W. in Aschau zu fällen. Allerdings nicht im Landgericht Traunstein, sondern im Amtsgericht Laufen. Dorthin weicht das Landgericht wegen Platzproblemen aus.

Artikel 3 von 11