Im luftigen Dialog mit den Wolken

von Redaktion

Mit 15 Jahren entschied sich Jan Gohl, seinen Flugschein zu machen. Mittlerweile ist er 19 und nimmt mit seiner 50 Jahre alten Segelflugmaschine an Wettbewerben teil oder stellt neue Rekorde auf. Was ihn antreibt und warum das Fliegen für ihn unverzichtbar ist.

Tuntenhausen – Hoch über den Wolken fühlt sich Jan Gohl zu Hause. Mit seinem Segelflugzeug fliegt der 19-Jährige nicht nur in seiner Freizeit oder auf Wettbewerben, sondern auch mal kurzerhand in den Urlaub.

Mit gerade einmal 15 Jahren entschied er sich, seinen Flugschein zu machen. Bereut hat er diese Entscheidung nie. „Mir gefällt es einfach, wenn ich oben in der Luft bin und die Aussicht genießen kann“, sagt Gohl.

Und nicht nur die Aussicht gefällt ihm. Schon immer habe er sich für Dinge interessiert, die fliegen können. Zunächst interessierte er sich für Modellflugzeuge, ehe er mit 15 Jahren selbst in einen Flieger stieg und seinen Flugschein machte. Diesen absolvierte er in Polen, in seiner Heimatstadt Breslau.

„In dem Moment war
ich super glücklich“

„Meine Mutter hat dort in der Wartungshalle von Ryanair gearbeitet“, erinnert sich Gohl. Einer der Mechaniker habe ihn mal auf einen kurzen Flug in seinem Segelflugzeug mitgenommen. Nur zehn Minuten waren sie in der Luft. Doch für Gohl war das genug: „So einen Moment vergisst man nie. Ich dachte mir, das ist schon geil, das will ich machen.“

Aufgeregt sei er bei seinen ersten Flugstunden nicht gewesen. „Ich war ziemlich entspannt, weil du erst alleine fliegen darfst, wenn der Fluglehrer sicher ist, dass du das schaffst“, so Gohl. Einen Sommer habe er für seinen Schein gebraucht. In einem Intensivkurs lernte er die Theorie, ehe es dann das erste Mal alleine in ein Segelflugzeug ging. „In dem Moment war ich super glücklich“, sagt er.

Seitdem sind vier Jahre vergangen. Für Jan Gohl hat sich in dieser Zeit einiges verändert. Er lebt seit 2024 in München, um dort Raum- und Luftfahrtechnik zu studieren. Während er im Unternehmen Airbus in der Millionenstadt die Praxis kennenlernt, reist er für den Theorieteil immer wieder nach Friedrichshafen. Manchmal bleibt deshalb nur wenig Zeit, um seine 50 Jahre alte Segelflugmaschine im Flugverein Condor in Tuntenhausen zu besuchen.

Wettervorhersage
und viel Planung

Doch ist er einmal dort, stellt der 19-Jährige schnell mal einen neuen Rekord für sich auf. Wie erst kürzlich. In einem fast neun Stunden langen Flug legte Jan Gohl mit seiner LS 1-d eine Strecke von 711 Kilometern zurück. Die Route führte ihn von Antersberg nach Oberstdorf im Allgäu und von dort ging es in Richtung Grimming bei Niederöblarn. Gohl flog dann weiter zum Gerlospass und zum Pinzgau in einer Höhe von 3500 Metern. Von dort ging es dann 100 Kilometer zurück nach Antersberg.

„Es war ein starker Tag“, erinnert sich Gohl. Um das allerdings zu schaffen, braucht es viel Vorbereitung. Gerade mit einem Segelflugzeug müsse man ständig die Wettervorhersage beobachten. Am besten schon einige Tage im Voraus. Ist das Wetter optimal, fährt Gohl zum Flugplatz nach Tuntenhausen und macht seine Maschine startklar. Am Tag seines neuen Rekordversuchs ging es für Gohl um 8 Uhr in die Luft. Mit einem Schlepppiloten wird er in die Höhe befördert. „Ab da muss ich immer wissen, wie sich das Wetter verändert und wo ich wann am besten lang fliege“, erklärt der junge Pilot. Während der gesamten Zeit sei er über Funk mit erfahreneren Fliegern im Austausch gewesen.

Doch nicht nur die lange Vorbereitung ist wichtig. Der 19-Jährige erklärt, dass auch immer genügend Essen und Trinken für die Konzentration dabei sein muss. „Ich muss immer wieder überlegen, welche Wolke ich als Nächstes wähle, um die meiste Energie zu gewinnen und die Schnittgeschwindigkeit hochzukriegen“, sagt Gohl.

Schließlich hat man bei einem Segelflugzeug keinen Motor, sondern es kommt zu einer abwechselnden Steigung im Aufwind und Gleiten. „Man verliert auch immer an Höhe, weil die Atmosphäre nicht stabil ist und die Luft sich bewegt. Wenn also die Luft zum Beispiel nach oben steigt, dann gewinnt das Segelflugzeug an Höhe“, erklärt der Student. Um das zu erreichen, orientiere man sich unter anderem an den sogenannten Cumulus-Wolken. Gohl erklärt, dass diese Wolken für Segelflieger ein Zeichen für Aufwind sind. Sie entstehen, wenn warme Luft nach oben steigt und sich dann abkühlt. Segelflieger nutzen diesen Aufwind, um Höhe zu gewinnen und längere Strecken zu fliegen.

Und darauf musste Jan Gohl fast neun Stunden achten, um es wieder sicher nach Hause zu schaffen. Die 711 Kilometer sind allerdings nicht nur für den 19-Jährigen ein Rekord. Wie der Flugverein FC Condor Antersberg in einer Pressemitteilung mitteilt, hat Jan Gohl damit die längste Distanz unter den Piloten des Vereins geschafft. Darüber freut sich der junge Flieger sichtlich, doch die Gedanken sind schon längst beim nächsten Rekordversuch. „Der Plan ist es, 850 Kilometer am Stück zu fliegen“, sagt er und grinst.

Für Jan Gohl ist es ein besonderes Hobby. Allerdings sei es auch sehr zeitaufwendig. „Manchmal verbringst du auf dem Grund acht Stunden mit der Vorbereitung, nur um dann eine Stunde in der Luft zu sein“, sagt er. Doch für ihn steht fest: Jede Minute in seinem Segelflugzeug lohnt sich. Deshalb könne er es nur weiterempfehlen. Vor allem auch jungen Leuten. „Schon allein die Community ist wirklich sehr stark“, so der 19-Jährige.

Auf seinen Flugschein möchte Jan Gohl niemals verzichten. Schließlich bedeute er auch ein Stück Freiheit. „Als ich 17 war, habe ich mein Zelt eingepackt und bin von Polen bis zu den Alpen geflogen“, sagt er. Zwar sei das Wetter für diesen Kurzurlaub nicht berauschend gewesen, doch solche Abenteuer machen Gohl besonders viel Freude. Und nicht nur das. An ein Erlebnis in der Luft denkt der junge Pilot immer wieder gerne zurück.

Starkes Gefühl
von Gemeinschaft

„Es gibt das Wellenfliegen, wo man immer wieder durch den Wind hoch- und runterfliegt“, erklärt Jan Gohl. In Polen flog er mit seinem Segelflugzeug los und kam zur Grenze nach Tschechien. „Und es ging die ganze Zeit nach oben, nach unten, dann wieder nach oben und nach unten. Es sieht einfach genial aus, wenn du von oben darauf schaust“, sagt Gohl.

Noch beeindruckender sei allerdings der Moment gewesen, als der Himmel etwas aufklarte. Während über Tschechien die Wolken hingen, habe man auf Polen einen ganz klaren Blick bis auf den Boden gehabt. „Und dann kam noch ein Regenbogen um meinen Flieger herum. Das war schon krass.“

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