Raubling – „Söder hat seinen Kampf gegen die Cannabis-Vereine gewonnen.“ Mit diesem Satz meldete sich Florian Degenhart, Vorsitzender des Cannabis-Social-Clubs (CSC) Inntal-Raubling, vergangene Woche beim OVB. Als noch unter der Ampel-Regierung klar war, dass das Cannabis-Gesetz kommt, war für ihn klar, dass er selbst einen Verein gründen möchte. „Wir müssen Menschen, die Cannabis konsumieren, eine legale Möglichkeit geben, sich mit Cannabis zu versorgen. Der Schwarzmarkt ist gefährlich“, sagte der Vorsitzende. Doch schon von Beginn an hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) deutlich gemacht, was er von der Teillegalisierung hält – nämlich gar nichts.
„Werden Gesetz
restriktiv anwenden“
„Wir werden dieses Gesetz extremst restriktiv anwenden“, sagte Söder bereits im Februar vergangenes Jahr. Dennoch erhielten nach langer Wartezeit am 23. April die ersten drei Clubs in Bayern die Anbaugenehmigung vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Die Freude bei Degenhart und den Vereinsmitgliedern war groß – doch sie währte nicht lange.
Während also bei den Vereinen alles für einen zeitnahen Anbau-Start vorbereitet wurde – mit teils kostenintensiven Investitionen – hatte die bayerische Staatsregierung schon das nächste Ass im Kampf gegen die CSCs im Ärmel. Bereits Mitte Dezember wies das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr die Landratsämter darauf hin, dass Cannabis-Anbauvereinigungen baurechtlich als „nichtgewerbliche Sondernutzung eigener Art (sui generis)“ zu beurteilen sind.
Begründet wird diese Entscheidung damit, dass einerseits eine gewerbliche Nutzung ausscheide, da das Cannabis-Gesetz nur nichtgewerblichen Anbau gestattet. Auch ein Gartenbaubetrieb, eine Gemeinbedarfsanlage oder eine Einordnung als baugebetsbezogene Nebenanlage können laut Ministerium ausgeschlossen werden.
Bayern macht gegen
Cannabis Druck
Degenhart war das zu diesem Zeitpunkt nicht mitgeteilt worden, sagt er. Er hat diese Information, wie ein Schreiben des Landratsamts Rosenheim belegt, erst am 16. Mai erhalten. Zuvor wurde ihm beim Landratsamt mündlich mitgeteilt, dass für seine Anbaufläche keine Baugenehmigung nötig sei. Nun habe sich allerdings die Rechtsauffassung geändert. „Söder hat das von Anfang an so geplant. Er wusste, dass Anbaugenehmigungen irgendwann erteilt werden müssen, und unterwandert mit Baurecht das Gesetz“, vermutet der Vorsitzende.
Heißt für den Verein: Um Cannabis anbauen zu dürfen, muss ein Antrag auf ein Sondernutzungsgebiet bei der örtlichen Kommune gestellt werden. „Den werden wir nicht genehmigt bekommen“, sagt Degenhart. „Selbst wenn, dauert es Jahre und kostet den Steuerzahler viel Geld.“
Weiterhin stellt sich die Frage, warum das Landratsamt den Verein nicht früher unterrichtet hat, dass eine solche Genehmigung nun doch nötig ist.
Dazu schreibt das Landratsamt Rosenheim auf OVB-Anfrage: „Die für das Baurecht zuständige Abteilung hat erst durch die Presseberichterstattung vom 24. April davon erfahren, dass durch das LGL eine Cannabisanbauvereinigung in Raubling eine Erlaubnis zum Anbau und zur Weitergabe von Konsumcannabis erhalten hat.“ Im Anschluss habe das Landratsamt die baurechtliche Situation mit dem zuständigen Ministerium abgestimmt und den Verein Mitte Mai über das Ergebnis informiert. „Nach unseren Informationen wird in der Genehmigung durch das LGL darauf hingewiesen, dass diese Genehmigung nicht eine regelmäßig erforderliche Baugenehmigung ersetzt“, ergänzt die Sprecherin des Landratsamts.
Bürgermeister äußert
sich nicht weiter
Raublings Bürgermeister Olaf Kalsperger hatte sich schon kurz nach Gründung des Cannabis-Clubs kritisch zur Legalisierung geäußert. „Ich sehe in diesem Verein keinen Mehrwert für Raubling“, sagte Kalsperger bereits Anfang 2024. Weiter wolle er sich auch nicht zu diesem Thema äußern, machte er auf OVB-Anfrage deutlich. Ob die Gemeinde ein solches Sondernutzungsgebiet also ausweisen würde, steht in den Sternen.
„Landräten wird ein
Maulkorb verpasst“
Für Degenhart ist die Zurückhaltung in den Behörden nicht verwunderlich. „Den Landräten wird vom Söder ein Maulkorb verpasst. Sie haben die Weisung, seinen Willen durchzusetzen und von eigenen Stellungnahmen abzusehen“, sagt der CSC-Vorsitzende.
Die letzte Hoffnung sieht er nun in Berlin. „Ich hoffe, dass sich die Regierung den Feldzug eines Ministerpräsidenten nicht gefallen lässt.“