Rosenheim – Ein Hund in der Kinder-Großtagespflege? Klingt ungewöhnlich, kann aber funktionieren. Das beweist die dreijährige Ylvi in der Großtagespflege „Märchenklang“ in Rosenheim. „Ich habe schon einen Hund zu Hause und wollte einen zweiten“, erzählt Erzieherin Kathrin Lange. Vor ihr krabbeln noch zwei der fünf Kinder, die sie in ihrer Einrichtung betreut. „Dann kam die Idee auf, meinen Zweithund mit hierher zu nehmen.“ Klar war allerdings, dass alle Eltern mit dem flauschigen Vierbeiner in der Einrichtung einverstanden sein müssen. Und das war damals sowie heute der Fall. „Die waren alle total begeistert“, erzählt Lange, während Ylvi brav in ihrer Ecke wartet.
„Ylvi ist von Tag eins an dabei“, sagt Lange. Mit acht Wochen erlebte sie ihren ersten Kita-Tag. Eine spezielle Ausbildung hat sie nicht absolviert. Sie hat den Alltag mit den Kindern von klein auf miterlebt – und weiß genau, was sie darf und was nicht. „Sie liegt oft einfach nur mittendrin und will alles mitkriegen“, erzählt Lange und blickt auf ihre Hündin. „Und wenn wir vorlesen, dann kuschelt sie sich einfach dazu.“
Das Konzept Kita-Hund bringt für die Kinder Vorteile mit sich. Denn so lernen sie auch, Grenzen zu respektieren – sowohl die des Hundes als auch die anderer Menschen. „Die Kinder wollen schließlich auch nicht am Ohr gezogen werden, genauso wie der Hund“, sagt Lange. Zudem seien die Regeln mit Ylvis Umgang genau definiert. Liegt die Flat Coated Retriever-Hündin auf ihrer Decke, wird sie in Ruhe gelassen. Wenn sie im Raum unterwegs ist, darf sie gestreichelt und mit ihr gekuschelt werden.
„Wer hier nach zwei, drei Jahren rausgeht, weiß, wie man mit einem Hund umgeht“, sagt Lange. Umgekehrt funktioniert es genauso: Wenn Lange und die Kinder am Tisch sitzen und essen, hat die Hündin dort nichts verloren.
Ylvi weiß genau, was sie darf und was nicht. Brenzlige Situationen, in denen Ylvi etwa die Geduld verloren hätte, gab es laut Lange noch nie. „Sie hält viel aus und lässt alles mit sich machen“, erzählt sie. Zudem sei die Hündin immer sehr sanft zu den Kindern, wie die Erzieherin erklärt. „Der Kleinste hier war viereinhalb Monate alt. Da hat sie sich immer wieder neben ihn gelegt und er hatte dann immer die Hand in ihrem Fell.“
Hinzu kommt dann noch, dass Ylvi teilweise auch als eine Art Krankheits-Detektor fungiert. „Das ist wirklich erstaunlich“, sagt Lange. „Wenn ein Kind krank wird und Fieber bekommt, geht sie von dem Kind nicht mehr weg und legt sich immer sanft wie ein Donut um das Kind.“
In 95 Prozent der Fälle habe die Spürnase dann auch recht und das Kind brütet tatsächlich eine Krankheit aus. „Da hat sie ein ganz feines Gespür“, sagt die Erzieherin.
Und auch bei einem kleinen Mädchen, welches sich nicht eingewöhnen lassen wollte und immer geweint hat, war Ylvi zur Stelle. Kaum hat das Mädchen die Hündin gestreichelt, war der Trennungsschmerz vorbei.
Ylvi zum Kita-Hund gemacht zu haben, bereut Kathrin Lange überhaupt nicht. „Ylvi kriegt hier unfassbar viel Liebe und wird jeden Tag durchgeknuddelt“, sagt sie mit einem Lächeln.
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