Stummen Zeugen der Landvermessung wiederentdeckt

von Redaktion

Neue Infotafel auf dem Wendelstein feierlich vorgestellt – Grundlage für Eigentumsfragen

Brannenburg – „Der Vermessungspunkt am Gipfel des Wendelsteins von 1856 ist einer der letzten stummen Zeugen der ersten systematischen Landesvermessung Bayerns, die 1801 ihren Anfang nahm“, erläuterte Daniel Kleffel als Präsident des LDBV (Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung).

Damals wurden exakte topografische Karten erstellt und die über 21 Millionen Grundstücke im Königreich Bayern erstmals genau vermessen. Dafür wurde ein Netz von 129 Punkten festgelegt. Grundlage für die Messungen im 19. Jahrhundert war das bayerische „Hauptdreiecksnetz“. Aus den Verbindungslinien zahlreicher Punkte ergab sich ein Netz aus Dreiecken, mit denen man Winkel bestimmen konnte. Vom Wendelstein aus konnte bis zur Münchner Frauenkirche gemessen werden. Kleffel: „Das Ergebnis war eine Pionierleistung. Das Erbe prägt die Bayerische Vermessungsverwaltung noch heute.“

Lange war der Vermessungspunkt am Wendelstein und dessen Bedeutung nur Insidern bekannt, bis ein Gipfelbesucher per Facebook öffentlich nachfragte: „Weiß jemand, was es damit auf sich hat?“ Anlass genug für Florian Vogt, Geschäftsführer der Wendelstein GmbH, und das LDBV das Thema aufzugreifen und am Vermessungsstein eine Infotafel mit genauer Erläuterung der Zusammenhänge zu installieren. Vogt: „Dass dieser Stein überhaupt noch existiert – sichtbar, aber unbeachtet – grenzt an ein kleines Wunder.“ Es unterstreiche einmal mehr, dass der Wendelstein nicht nur ein herrlicher Aussichtspunkt ist, sondern immer schon Ziel von Wissenschaftlern, Technikpionieren, Künstlern und nicht zuletzt Vermessern sei.

Otto Lederer, Landrat vom Landkreis Rosenheim, konnte dem nur beipflichten: „Es ist ein Stück Heimatgeschichte.“ In seiner täglichen Arbeit bilden die genauen Vermessungen Grundlage für die Klärung von Eigentumsfragen, ob im Bereich des Grundsteuerfestlegung, dem Jagdbereich oder im Wasserrecht. „Sogar bei unserem Bürgerservice „Solarkataster“ ist eine genaue Vermessungsgrundlage fundamental“, so Lederer. Dem konnte sich der stellvertretende Miesbacher Landrat Jens Zangenfeind nur anschließen.

Zwischenzeitlich wurde die Vermessungsmethode durch die moderne Satellitenvermessung abgelöst, die als Messmittel nicht mehr Winkelmessungen, sondern Signale der globalen Navigationssatelliten verwenden. Diese basieren aber weiterhin auf Festpunkten, den 38 SAPOS (Satellitenpositionierungsdienst)-Referenzstationen des LDBV, was permanent und in Echtzeit eine amtliche Positionierung mit einer Genauigkeit von wenigen Zentimetern ermöglicht. Roland Schmidt

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