Traunstein/Bad Aibling – Ein psychisch kranker 42-Jähriger verursachte mit Dieselkraftstoff einen folgenschweren Brand in seiner Wohnung in Bad Aibling. Die Appartementanlage mit 35 Wohnungen musste komplett evakuiert werden, wobei zwei Personen Rauchgasvergiftungen erlitten. Die Neunte Strafkammer am Landgericht Traunstein unter Vorsitz von Richterin Barbara Miller ordnete gestern die Unterbringung des geständigen Brandstifters in der Psychiatrie an und setzte diese gleichzeitig unter strengen Auflagen zur Bewährung aus.
Aktion im
Krankheitsschub
Der Beschuldigte hatte den Dieselkraftstoff am 13. Oktober 2024 in der Mittagszeit in seinen Räumen im Erdgeschoss während eines akuten Krankheitsschubs verteilt. Das Feuer griff sofort um sich. Der 42-Jährige setzte einen Notruf ab und gestand dabei, selbst für den Brand verantwortlich zu sein. Das Feuer löste in der Schwimmbadstraße im Stadtteil Harthausen einen Großeinsatz von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei aus. Rund 80 Helfer der Freiwilligen Feuerwehren Harthausen, Ellmosen, Willing, Bad Aibling, Pullach und Kolbermoor brachten das Feuer in dem Flügelbau mit 14 Wohnungen binnen einer Viertelstunde unter Kontrolle. Dennoch brannte die Wohnung völlig aus. Rauchgasschwaden zogen durch Türen in den Baukomplex, und durch einen Lüftungsschacht in der Wohnung gelangten die gefährlichen Gase zudem in darüber liegende Wohnungen, wie der Sachbearbeiter der Kripo Rosenheim in der Hauptverhandlung schilderte. Zwei Bewohner kamen mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung in Kliniken in Wasserburg und Rosenheim. Nach Ende des Einsatzes konnten die Bewohner wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Der Sachschaden, zunächst auf etwa 100000 Euro geschätzt, summierte sich letztlich auf rund 300000 Euro. Der psychisch auffällige Brandstifter wurde damals statt in Untersuchungshaft vorläufig in einer Fachklinik untergebracht. Dem Beschuldigten wurden in dem Sicherungsverfahren vor dem Landgericht schwere Brandstiftung und zweifache Körperverletzung zur Last gelegt. Bestraft werden konnte der 42-Jährige nicht, da er zur Tatzeit aufgrund seiner Erkrankung total schuldunfähig war. Zu diesem Ergebnis gelangte auch der psychiatrische Sachverständige Dr. Josef Eberl vom Bezirksklinikum in Gabersee. Alle Voraussetzungen für eine Unterbringung in der Psychiatrie seien erfüllt. Allerdings könne die Maßregel unter strengen Auflagen zur Bewährung ausgesetzt werden, so der Gutachter. Staatsanwalt Martin Brunner plädierte dennoch auf Unterbringung ohne Bewährung. Der Beschuldigte sei weiterhin gefährlich für die Allgemeinheit – auch wenn sich seine Krankheitssymptome inzwischen dank Medikamenten zurückgebildet hätten und er therapiebereit sei. Der 42-Jährige habe schon zwei Langzeittherapien hinter sich und sei jeweils wieder rückfällig geworden. In der Gesamtwürdigung sah der Staatsanwalt die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten. Brunner hob heraus: „Die Brandstiftung war sehr gefährlich. Der Beschuldigte hatte Glück, dass nicht mehr passiert ist.“ Eine Unterbringung sei verhältnismäßig und im Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit. Verteidiger Hans Sachse aus Rosenheim meinte, in 50 Jahren als Strafverteidiger habe er in Unterbringungsverfahren fast nie erlebt, dass sich ein Gericht der Empfehlung eines Gutachters nicht anschließe. Dr. Eberl habe Bewährung für möglich gehalten. Der Rechtsanwalt weiter: „Ich habe selten bei einem Mandanten einen derartigen Wandel erlebt. Es gab keine Vorfälle in der vorläufigen Unterbringung. Er ist behandlungswillig und verträgt die Medikamente gut, hat sich selbst um einen Platz in einer Wohngruppe in Burghausen gekümmert und einen Therapieplatz gefunden. Wir haben Zusagen der Einrichtung und des Kostenträgers.“ Sachse sprach von der „letzten Chance“: „Wenn sich der Beschuldigte jetzt nicht bewährt, ist er selber schuld.“ Der 42-Jährige fügte an, er wolle nicht, „dass so etwas wieder passiert.“
Im Urteil schloss sich das Gericht dem Vortrag des Verteidigers an. Die Bewährungszeit wurde auf die maximale Dauer von fünf Jahren fixiert. Für fünf Jahre untersteht der Beschuldigte außerdem einer Führungsaufsicht und einem Bewährungshelfer. Die Vorsitzende Richterin erläuterte die zahlreichen Weisungen, darunter ein Verbot von Alkohol, Betäubungsmitteln sowie nicht verordneten Medikamenten und die zwingende Teilnahme an verschiedenen Screenings. Weiterhin müsse der 42-Jährige in der besagten Einrichtung in Burghausen seinen Wohnsitz nehmen. Er müsse seine Medikamente nehmen und regelmäßig in einer Nachsorgeambulanz zu Blut- und Urinproben erscheinen. Wenn er gegen die Weisungen verstoße, könne die Bewährung widerrufen werden, unterstrich Barbara Miller.
Verweis auf
Langzeittherapien
Im Übrigen hätten die beiden Langzeittherapien nicht der Erkrankung, sondern dem Drogen- und Alkoholentzug gegolten. Die Vorsitzende Richterin teilte die Meinung des Gutachters: „Sie haben eine gute Chance, dass Sie sich bewähren und die Krankheit in den Griff bekommen.“kd