Rosenheim/Berlin – Eigentlich hätte die Entscheidung bis zum Sommer 2025 fallen sollen. Doch die vorgezogenen Neuwahlen der Bundesregierung haben die Pläne durcheinandergebracht. Jetzt steht noch in den Sternen, wann im Bundestag über den Brenner-Nordzulauf und dessen Ausgestaltung in der Region entschieden wird. Klar ist allerdings, dass sich die Machtverhältnisse inzwischen verschoben haben. Die Ampel-Parteien, SPD, FDP und Grüne hatten sich geschlossen für einen möglichst schnellen Neubau der Bahntrasse positioniert.
Seit Oktober hat sich
einiges getan
Bei der Opposition – damals der Union – versuchte man noch, die Belange der Region anzubringen. So beispielsweise die Inn-Unterquerung nördlich von Rosenheim und die Verlegung der Verknüpfungsstelle in den Wildbarren mittels eines Tunnels durch den Berg zwischen Flintsbach und Oberaudorf.
Um die Vorschläge aus dem Landkreis noch einmal zu prüfen, fand am 16. Oktober 2024 eine Anhörung vor dem Verkehrsausschuss in Berlin statt. Initiiert hat das die Unionsfraktion – nach Bemühungen der Rosenheimer Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig (CSU) und ihrem Parteikollegen Ulrich Lange (CSU).
Personalie „gut für
unsere Region“
Seit Oktober hat sich nun einiges getan. Die Ampel zerbrach, die Union ist gemeinsam mit der SPD wieder an der Macht. Und im Verkehrsministerium?
Da sitzt mit Patrick Schnieder (CDU) zwar ein Rheinland-Pfälzer als Minister, aber auch ein altbekanntes Gesicht. Denn Ulrich Lange wurde zum Parlamentarischen Staatssekretär im Verkehrsministerium berufen. Er ist laut Daniela Ludwig ein „ausgewiesener Verkehrsexperte mit langjähriger Erfahrung“.
Darf die Region nun also wieder Hoffnung schöpfen? Steigt dank Lange die Chance auf Verbesserungen für die Trasse in der Region?
Im OVB-Redaktionsgespräch zeigte sich auch Daniela Ludwig, die nun als Parlamentarische Staatssekretärin im Innenministerium tätig ist, optimistisch. „Dass Ulrich Lange jetzt als Staatssekretär im Verkehrsministerium ist, ist gut für unsere Region. Es gibt vermutlich niemanden dort, der das Thema Brenner-Nordzulauf besser kennt, als er“, sagt sie. „Er hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit mir die Anhörung zum Brenner-Nordzulauf im Deutschen Bundestag initiiert und durchgesetzt und stand auch schon im persönlichen Kontakt mit den betroffenen Bürgermeistern entlang der Zulaufstrecke.“
Bleibt abzuwarten, ob sich nun im Verkehrsministerium wieder etwas tut. Schnieders Vorgänger, Volker Wissing, hielt sich, was das riesige Bauprojekt betraf, nahezu durchgehend bedeckt. Auch diverse Presseanfragen an das Ministerium blieben unbeantwortet.
Sorgenkind:
die Finanzierung
Schnieder sei ein Pragmatiker, „das wird auf jeden Fall hilfreich sein“, sagt Daniela Ludwig über den neuen Verkehrsminister. „Er war lange mit mir im Verkehrsausschuss und kennt die Thematik Brenner-Nordzulauf und die Bedeutung dieses Projektes sehr gut.“
Allerdings reicht es nicht, wenn die Forderungen aus der Region in Berlin nur gehört werden – sie müssen auch bezahlt werden. Klar ist: Eine Inn-Unterquerung oder ein Tunnel durch den Wildbarren wären mit enormen Zusatzkosten verbunden. Ob die Regierung angesichts der ohnehin schon angespannten Haushaltslage dazu bereit wäre, dieses Geld zu investieren, ist nach wie vor fraglich. „Der Brenner-Nordzulauf ist ein europäisches Jahrhundertprojekt und Teil einer europäischen Eisenbahnachse, und nicht die Giesinger Bimmelbahn. Dementsprechend muss man es auch finanziell ausstatten“, betont Ludwig. Ergänzt aber: „Wie genau, bleibt allerdings abzuwarten.“
A8-Ausbau: Klagen
hemmen Bau-Projekt
Sollte es irgendwann eine Entscheidung geben, besteht noch eine weitere Hürde. Und die Auswirkung dieser Hürde ist im Moment besonders bei einem weiteren großen Infrastrukturprojekt in der Region zu beobachten: beim Ausbau der A8. „Der Frasdorfer Abschnitt wäre baureif. Allerdings wurde geklagt, und das wird den Ausbau um mindestens ein Jahr verzögern“, berichtet Daniela Ludwig. Dieses Beispiel zeige, dass man bei Großprojekten deutlich schneller vorankommen müsse und die Gerichtsverfahren viel zu lange andauerten – mit Folgen für die Finanzierung.
„Wenn man nicht weiß, wann die Klageverfahren enden, kann man auch keine Haushaltsmittel beantragen. Wir müssen das Verbandsklagerecht deshalb abschaffen“, fordert die CSU-Politikerin. „Es kann nicht sein, dass jeder bei Infrastrukturprojekten klagen kann, auch wenn er nicht betroffen ist. Das hemmt große Infrastrukturvorhaben ungemein.“