Haftende verschoben?

von Redaktion

Nächste Wendung im Prozess um den gewaltsamen Tod von Hanna W. in Aschau: Für heute, Montag, war eigentlich der Haftprüfungstermin für den Angeklagten Sebastian T. angesetzt, der über seine Freiheit entscheiden sollte. Dieser Termin wird nun verschoben. Die Gründe – und was das bedeuten könnte.

Traunstein – Wenn ein Antrag auf Haftprüfung abgegeben ist, hat ein Gericht zwei Wochen, um einen Termin für eine Verhandlung festzusetzen.

In dieser Verhandlung geht es dann darum, ob die Gründe für eine Fortdauer der Untersuchungshaft noch vorhanden sind. Somit hatte das Landgericht Traunstein den Haftprüfungstermin für Sebastian T. auf den 16. Juni gelegt.

Wie glaubhaft ist
die Aussage des JVA-Zeugen?

Dieser Termin wird nun verschoben, und zwar auf den 25. Juni. „Wir waren einverstanden“, sagt Verteidiger Dr. Yves Georg auf Anfrage des OVB. Zwar haben Verteidiger stets den Wunsch, ihren Mandanten – wenn möglich – schnell aus der U-Haft zu holen im Blick. Aber in diesem Fall seien er und seine Kollegin Regina Rick wie das Gericht der Meinung, dass eine Verschiebung sinnvoll sei.

Der Grund für die Verschiebung: Ein wichtiges Gutachten wird dem Gericht wohl früher vorliegen als gedacht. Es handelt sich um das aussagenpsychologische Gutachten, das die 1. Jugendkammer unter dem Vorsitz von Heike Will bei Prof. Dr. Max Steller in Auftrag gegeben hat. Steller gilt als Größe auf dem Feld der Rechtspsychologie. In diesem Fall soll er untersuchen, wie die Glaubwürdigkeit von Adrian M. und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage zu bewerten sei.

Adrian M. ist der wohl entscheidende Zeuge im sogenannten „Eiskeller-Prozess“. M. hatte in der ersten Auflage des Prozesses ausgesagt, dass der Angeklagte Sebastian T. in der Untersuchungshaft in der JVA Traunstein ihm gegenüber den Mord an Hanna W. zugegeben habe.

Als Adrian M. vor dem Landgericht aussagte, hing der Prozess am seidenen Faden – die ursprüngliche Hauptbelastungszeugin hatte sich heillos in Widersprüche verwickelt. Ihre Aussage, die Sebastian T. überhaupt erst dringend tatverdächtig gemacht hatte, konnte somit als weitgehend wertlos betrachtet werden.

„Wir gehen davon aus, dass das Gutachten eine zentrale Rolle spielen wird“, sagt Georg. In welche Richtung der Gutachter tendiere, wisse er nicht. „Es kann sein, dass auch ich von den Feststellungen des Gutachters überrascht bin.“ Das Gutachten soll der Verteidigung in den nächsten Tagen vorlegt werden, damit sie sich auf den neuen Termin vorbereiten kann.

Die Verteidigung selbst will Gutachten vorlegen. Eines betrifft Geodaten von Hannas Handy. Sie sollen belegen, dass Hanna weiter flussabwärts in den Bärbach gelangt ist als von der Polizei angenommen und dass ein Notruf abgesetzt wurde, als sie sich bereits im Wasser befand. Außerdem geht es darum, dass die Verteidigung überhaupt keinen Tatort erkennt: Vergleiche der Kopfwunden mit einem Wehr-Tor einer Mühle an der Prien sollen darlegen, dass Hanna Treibverletzung erlitt und dass es einen Angriff nie gegeben hatte. Verteidigerin Regina Rick hat dazu eine Präsentation mit Fotos, Videoclips und Grafiken vorbereitet.

Hanna W. hatte an jenem fatalen Morgen nach durchfeierter Nacht den „Eiskeller“ verlassen und sich auf den 800 Meter langen Weg zu ihrem Elternhaus gemacht. Die 23-jährige Medizinstudentin kam dort jedoch nie an. Am Nachmittag des selben Tages entdeckte ein Spaziergänger ihren leblosen Körper in der Prien treibend. Die Gerichtsmedizin legte sich auf ein Gewaltverbrechen fest.

Nach intensiven Ermittlungen wurde Sebastian T., den Zeugen an jenem Morgen joggend in der Umgebung auch des mutmaßlichen Tatorts gesehen hatten, am 19. November 2022 festgenommen.

Seitdem sitzt er in U-Haft; die Verurteilung zu einer Jugendstrafe wurde nicht rechtskräftig, weil die Verteidigung wegen eines Verfahrensfehlers erfolgreich Revision einlegte.

In den zweieinhalb Jahren seiner U-Haft haben sich die Umstände nicht entscheidend geändert, sieht man von der Aussage des JVA-Zeugen ab: Es gibt kein Geständnis, keine Tatwaffe wurde gefunden, auch DNA-Spuren konnten nicht nachgewiesen werden. Auch einen Tatzeugen suchte man vergebens. Deswegen hängt so viel an der Aussage von Adrian M.

Die Neuauflage der Verhandlung soll im September 2025 im Amtsgericht Laufen stattfinden.

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