Tuntenhausen/München – Sie ist vierfache Olympiasiegerin und gilt als eine der besten Dressurreiterinnen ihrer Generation: Jessica von Bredow-Werndl (39), die im Tuntenhausener Gemeindeteil Aubenhausen lebt, ist ohne Zweifel das sportliche Aushängeschild der Region. Als Botschafterin will sie nun dazu beitragen, dass Bayern – genauer gesagt die Landeshauptstadt München – nach 1972 wieder zum Schauplatz von Olympischen Spielen wird. Nach derzeitigem Stand der Dinge liebäugelt die Stadt mit einer Bewerbung für die Sommerspiele 2036 oder 2040. Wieso München die ideale Wahl für das Sportspektakel wäre, welche royale Kulisse für die Pferdewettkämpfe dienen könnte und ob sie dann noch selbst als Olympionikin im Sattel sitzt, hat von Bredow-Werndl im OVB-Gespräch verraten.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat Sie im Rahmen der Olympia-Bewerbung für die Spiele 2036, 2040 oder 2044 auf Instagram als „prominente Unterstützerin” und „Patin” der Bewerbungsidee bezeichnet. Wieso sollten Olympische Spiele unbedingt wieder in München stattfinden?
Ich verbinde mit Olympia so viel mehr als nur Sport. Für mich steht es für Begegnung, Inspiration, gemeinsame Emotionen – Momente, die Menschen über Grenzen hinweg verbinden. München hat als Stadt eine besondere Wärme und Offenheit, und ich finde, genau das braucht es für Spiele, die wirklich berühren und nachhaltig, international wirken sollen. Die Stadt hat 1972 ein Zeichen gesetzt – und ich glaube fest daran, dass wir heute wieder so ein wichtiges Zeichen setzen können. Für eine neue Art von Olympia: Mit Rücksicht auf unsere Umwelt, mit Respekt gegenüber der Gesellschaft – und mit echter Begeisterung für den Sport. Als Botschafterin darf ich diese Idee mittragen, und das ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich wünsche mir, dass junge Menschen in Deutschland spüren dürfen, was Olympia bedeuten kann – als Traum, als Ziel, als Quelle von Hoffnung.
Mit der „Pferd International” hat jetzt das größte Pferde-Festival Deutschlands in München stattgefunden. Wie würden Sie die Sport-Begeisterung der Münchner dort – gerade in Hinblick auf die Olympischen Spiele – beschreiben?
Was mich bei der „Pferd International“ immer wieder beeindruckt, ist diese besondere familiäre Atmosphäre: Menschen aus ganz unterschiedlichen Bereichen kommen zusammen – Familien, Pferdebegeisterte, Spitzensportfans – und feiern gemeinsam den Reitsport. Das zeigt mir: Die Münchnerinnen und Münchner haben ein tiefes Gespür für Sport – nicht nur als Event, sondern als Teil einer Lebenskultur. Diese Begeisterung, diese Offenheit und Gastfreundschaft würden Olympische Spiele in München besonders machen. Ich glaube, genau so ein Umfeld braucht es, damit die Spiele echte Strahlkraft entwickeln können – für die Athleten und für die Zuschauer weltweit.
Auch Hamburg, die Metropolregion Rhein-Ruhr und der Großraum Berlin liebäugeln mit einer Olympia-Bewerbung: Was hat München diesen Kandidaten voraus?
Ich bin überzeugt, dass München alles mitbringt, was es für moderne Olympische Spiele braucht – und zwar auf eine sehr bodenständige, glaubwürdige Weise. Die Begeisterung für den Sport ist spürbar, die Menschen stehen dahinter, und was besonders wichtig ist: Über 90 Prozent der benötigten Sportstätten gibt es bereits. Das ist ein riesiger Vorteil. Wir können auf Bestehendem aufbauen – das passt auch zum Gedanken der Spiele, die nachhaltig, durchdacht und zukunftsorientiert sind. Wenn Paris 2024 ein neues Kapitel für die Olympischen Spiele aufgeschlagen hat, dann traue ich München zu, dieses Kapitel weiterzuschreiben – mit einer ganz eigenen Handschrift.
Gibt es ein besonderes sportliches Erlebnis, das Sie mit München verbinden?
Ich verbinde mit München viele besondere Momente. Hier durfte ich als junge Reiterin meine ersten großen Turniere reiten – und auch heute noch spüre ich, wie groß die Unterstützung für den Pferdesport hier ist. Das fühlt sich nicht anonym an, sondern echt und getragen von Menschen, die mitfiebern und mitträumen. Auch privat ist München für mich ein besonderer Ort – es ist ein Stück Heimat, ein Ort der Inspiration. Diese Verbindung macht es für mich so besonders, mich jetzt als Botschafterin für die Olympiabewerbung einsetzen zu dürfen.
Wie sieht es aus Ihrer Sicht mit den Wettkampfplätzen für den Reitsport in München aus? Gibt es da geeignete Sportstätten oder müssten neue gebaut werden?
München hat im Reitsport eine lange Tradition – und auch heute gibt es hier hervorragende Voraussetzungen. Die Olympia-Reitanlage in Riem ist ein gutes Beispiel: Sie bringt die nötige Infrastruktur mit und hat Erfahrung mit großen internationalen Veranstaltungen. Natürlich müssten einige Bereiche modernisiert und an heutige Standards angepasst werden – aber das ist machbar und vor allem nachhaltig. Die Idee, den Reitsport bei Olympischen Spielen vor der Kulisse von Schloss Nymphenburg stattfinden zu lassen, begeistert mich auch. Es ist ein Ort mit besonderer Geschichte, Würde und Schönheit.
Im Pferdesport spielt das Alter der Athleten auf zwei Beinen eine untergeordnetere Rolle, als in vielen anderen Sportarten. So hat beispielsweise der Brite Nick Skelton 2016 im Alter von 58 Jahren die olympische Gold-Medaille im Springreiten gewonnen. Können wir 2036 oder 2040 noch mit Ihnen als Olympionikin rechnen?
Ich glaube, im Pferdesport tickt die Uhr ein bisschen anders – und das ist etwas Schönes. Erfahrung, Vertrauen zum Pferd und innere Ruhe spielen eine genauso große Rolle wie körperliche Fitness. Ob ich 2036 oder sogar 2040 noch im Viereck stehen werde? Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich lasse mir da bewusst die Freiheit, von Jahr zu Jahr zu schauen, wie es sich anfühlt – für mich und meine Pferde. Was ich aber sicher sagen kann: Die große Leidenschaft für diesen Sport wird bleiben. Und ob als aktive Reiterin oder in einer anderen Rolle – ich werde alles dafür tun, diesen olympischen Gedanken weiterzutragen.
Interview: Mathias Weinzierl