Mangfalltal – Es war ein Familienurlaub, der tödlich endete: Ein sechsjähriger Bub aus Deutschland fuhr mit seiner Familie in das italienische Ferienareal „Tahiti“ in Lido delle Nazioni (Provinz Ferrara). Am Sonntagnachmittag geschah dann das Unglück. Der Sechsjährige trieb plötzlich leblos im Wasser. Eine Familie aus dem Mangfalltal entdeckte den Bub und versuchte ihm noch zu helfen – doch es war zu spät.
„Wir wollten nur kurz in den Pool hüpfen, um uns abzukühlen“, berichtet die Frau aus dem Mangfalltal, die lieber anonym bleiben möchte. Am Telefon versucht sie, die Ereignisse gegenüber dem OVB so gut es geht zu schildern.
Der Schock nach dem Unglück sitzt noch tief
Der Schock sitzt noch tief. Sie erzählt weiter, dass der Pool auf dem Campingplatz in dem Urlaubsort an der Adria sehr groß sei. Schließlich müsse er für mehrere Hundert Personen reichen. „Wir sind dann einfach bis nach hinten geschwommen und auf einmal dreht sich mein Mann um und fragt, was ist denn mit dem Jungen da?“, erinnert sich die Ersthelferin.
Der Bub habe auf dem Bauch im Wasser getrieben. Der Ehemann sei direkt hinübergeschwommen und habe ihn hochgehoben. „Wir haben sofort gemerkt, dass er nicht mehr geatmet hat“, so die Frau aus dem Mangfalltal. Schnell holten sie den Sechsjährigen aus dem Pool und riefen um Hilfe. Erst da sei die Bademeisterin auf die Situation aufmerksam geworden. „Es gab nur die eine und die saß auch nicht direkt bei uns. Für diesen riesigen Pool und die Menschenmenge nicht ausreichend“, so die Ersthelferin. Ihr Ehemann fing direkt mit der Reanimation an. Auch eine Ärztin, die mit ihrem Bruder, einem Feuerwehrmann, im Urlaub war, kam direkt zu Hilfe. Zu viert versuchten sie, das Kind wiederzubeleben. Der Ehemann der Ersthelferin, ebenfalls im medizinischen Bereich tätig, rannte schnell zum Auto und holte seinen Notfallkoffer. „Es gab kein Equipment vor Ort, das wir für die Erste Hilfe hätten nutzen können“, erklärt die Augenzeugin. 25 Minuten habe die Reanimation gedauert, ehe die ersten Sanitäter eintrafen. Doch schnell sei allen Beteiligten klar gewesen, dass jede Hilfe zu spät kam. „Es war von vornherein eigentlich klar, dass die Reanimation nicht mehr funktioniert“, so die Frau. „Er war schon tot. Auch als wir ihn gefunden haben, war er schon nicht mehr am Leben.“
Dennoch führten die Sanitäter und der Notarzt die Wiederbelebungsmaßnahmen fort. Einige Urlauber breiteten laut der Ersthelferin Badetücher aus, um die medizinische Versorgung vor Schaulustigen abzuschirmen. Auch der Pool, der an diesem Tag voll gewesen sei, wurde direkt geräumt. Insgesamt eineinhalb Stunden hätten die Reanimationsversuche angedauert, ehe der Bub mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen wurde.
Für die Ersthelferin war es ein schrecklicher Moment. „Wir waren selbst mit unserem Kind dort, es hat alles mitbekommen“, sagt sie. Für alle habe dieser Tag mit einem Schock geendet. Ein Moment, den sie nicht vergessen wird, ist die Reaktion der Eltern des Buben. „Als mein Mann den Jungen im Arm aus dem Wasser getragen hat, hat die Mutter das gesehen und schrie nur ‚Oh mein Gott, oh mein Gott‘“, erinnert sich die Frau aus dem Mangfalltal. Danach habe die Mutter des Sechsjährigen einen Nervenzusammenbruch erlitten. Der Vater sei ein paar Minuten später dazugekommen „und immer wieder in Ohnmacht gefallen“.
Am Folgetag schon wieder Badebetrieb
Den restlichen Tag über sei der Pool gesperrt geblieben. Einige Menschen legten dort Kerzen und Blumen nieder. „Am nächsten Tag wurde er einfach wieder aufgemacht, so als wäre nichts gewesen“, sagt die Ersthelferin.
Wie es zum Unglück kam, sei nach wie vor unklar. Die Untersuchungen würden noch andauern. „Es sind natürlich Vermutungen aufgekommen, dass er ins Wasser gesprungen ist und sich den Kopf angeschlagen hat und bewusstlos wurde“, sagt die Ersthelferin. Aber klar sei: „Es hat keiner gesehen, was genau passiert ist.“ Mehrfach seien Augenzeugen dazu befragt worden. Doch niemand habe gesehen, wie das Kind in den Pool gelangte. „Hätte man mitbekommen, dass der Junge nicht mehr hochkommt oder nicht mehr schwimmt, dann hätte man schneller reagieren können.“