Rosenheim – Ein seltenes Pech traf einen Rinderzüchter aus dem Landkreis Rosenheim, als ihm ein Kalb mit einer Fehlstellung der Mittelfußgelenke an den Vorderfüßen geboren wurde. Dadurch hatte das Tier ausgeprägte O-Beine. Zunächst hoffte der Landwirt, dass sich diese Fehlstellung wieder verwächst. Als sich diese Hoffnung jedoch nicht bewahrheitete, bestellte er seinen Hoftierarzt ein, um mit diesem das weitere Vorgehen zu beraten. Das Ergebnis: Dieser konnte ihm keinerlei Hoffnung auf Besserung machen.
Keine Hoffnung
für das Tier
Er riet dem Landwirt vielmehr, das Tier zur Schlachtung freizugeben. Dem Tier konnte für die Zukunft kein artgerechtes Dasein gewährleistet werden. Deshalb verständigte der Landwirt seinen Tierhändler, der wie üblich einen Schlachthof aufrief, der Bedarf angemeldet hatte. Damit wurde die junge Kuh nach Baden-Württemberg verfrachtet.
Im dortigen Schlachthof fiel die Missbildung des Tieres erneut auf. Um sich gegen spätere Vorwürfe abzusichern, wurden nach der Schlachtung die Vorderbeine abgetrennt und zur Tierpathologie nach Karlsruhe geschickt. Die Pathologen kamen dort zu der Ansicht, dass das Tier unter Schmerzen gelitten haben müsse. Deshalb hätte es sich um einen Akt der Tierquälerei gehandelt, die Kuh über eine so lange Strecke zu transportieren.
Dies wurde auch der Staatsanwaltschaft gemeldet, die gegen den Landwirt einen Strafbefehl wegen Tierquälerei erließ. Dagegen erhob der Landwirt Einspruch und so gelangte das Verfahren vor das Rosenheimer Amtsgericht unter dem Vorsitz von Richter Bernd Magiera. Dort wurde – nach der Verkündung der Anklage – ein Videofilm gezeigt, der das Tier im Schlachthof zeigte. Tatsächlich stand die Kuh auf ungewöhnlich ausgeprägten O-Beinen. Als der Haustierarzt des Landwirts als Zeuge aufgerufen wurde, bestätigte dieser, dass das Tier tatsächlich an einer Fehlstellung des Mittelfuß-gelenkes litt. Er habe deshalb, und um eine Verschlimmerung des Zustandes der Kuh zu verhindern, zur Schlachtung geraten. Auf die möglichen Schmerzen des Tieres angesprochen erklärte der Tierarzt, dass die Kuh im Stall nicht nur problemlos auf Futterlockung reagiert habe, sondern auch körperlich in einem hervorragenden Zustand gewesen sei. Dies spräche gegen jede Schmerzbelastung. Tiere unter Schmerzen würden zuerst die Futteraufnahme verweigern und sichtlich binnen Tagen abmagern, betonte er. Dies sei bei der Kuh des Landwirts keinesfalls der Fall gewesen. Bei einer telefonischen Befragung durch die Polizei habe er auf eine entsprechende Frage außerdem erwähnt, dass er keine Transportbescheinigung ausgestellt habe. Dies sei offensichtlich von Polizei und Staatsanwaltschaft so interpretiert worden, als wäre eine solche eigentlich notwendig gewesen. Das Gegenteil sei richtig. Nur im Falle einer Notschlachtung – die hier nicht der Fall gewesen war – müsse eine solche erstellt werden.
Schmerzen nicht
auszuschließen
Insgesamt habe in diesem Fall alles seine Richtigkeit gehabt. Die Pathologin aus der Veterinärmedizin in Karlsruhe erklärte als Zeugin, dass sie ausschließlich die abgetrennten Vorderbeine des Tieres zur Untersuchung gehabt habe. Dabei sei die Fehlstellung des Gelenks offensichtlich gewesen. Sie konnte nicht ausschließen, dass das Tier unter Schmerzen gelitten habe. Letztlich sei dies jedoch nur klinisch, also durch einen Tierarzt, feststellbar.
Das Gericht kam zu dem Urteil, dass der Landwirt sich auf die Beurteilung seines Hoftierarztes verlassen durfte, er das Tier auch selber am besten kenne. Ein Fehlverhalten sei daher nicht erkennbar. Von dem Vorwurf der Tierquälerei sprach das Gericht den Landwirt daher frei.