30000 Kilometer auf Oldtimer-Mopeds

von Redaktion

Knatterndes Abenteuer – Bea und Helmut aus Burghausen umreisen Australien auf Kreidler Floretts

Burghausen – Wenn sich morgens die ersten Sonnenstrahlen über das australische Outback legen und die Nachtkälte langsam aus dem Zelt kriecht, sitzen Bettina Höbenreich (42) und Helmut Koch (43) aus Burghausen wieder auf ihren beiden knatternden Kreidler Floretts. 50 Kubikzentimeter, Baujahr 1969 und 1975 und mehr als ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel – das sind ihre Gefährten auf ihrer außergewöhnlichen Motorradreise: Rund 30000 Kilometer fahren sie um und quer durch Australien. Übernachtet wird im Zelt – und mit dabei haben sie vor allem eins: Wasser und eine gehörige Portion Mut und Pioniergeist. Zuletzt machten die beiden Burghauser Station in Adelaide und sind etwa in der Halbzeit angelangt.

Bauchgefühl-Freiheit
auf zwei Rädern

Begonnen hat ihr Abenteuer Mitte August 2024 in Brisbane. Mit dem australischen Winter und der Trockenzeit startete das Paar in Richtung Norden, um Queensland zu erkunden. Mit Drohne und einem Talent für Fotografie ausgestattet, dokumentieren die beiden ihre Reise und laden regelmäßig Youtube-Videos von ihrer Fahrt, den abendlichen Camping-Abenteuern und der atemberaubenden australischen Wildnis hoch. 18 Monate lang wollen die Burghauser ihren Traum leben und sind inzwischen schon fast ein Jahr unterwegs. Nach ihrer Reise durch den tropischen Norden der Ostküste ging es zurück in den Süden bis nach Sydney.

Inzwischen sind Bea und Helmut in Adelaide angekommen, wo es nachts schon mal eisige 0 Grad haben kann. Im Süden Australiens fällt im Winter manchmal Schnee. Von Adelaide aus wollen die beiden nun quer durch den Kontinent starten – eine Strecke, die sie noch von ihrer Weltreise kennen. Hunderte von Kilometern geht es über Sandpiste, die durch die Reifen wellig ist. Mit maximal 40 bis 50 km/h kämpfen sie sich über die Piste – „materialmordend“, wie Helmut sie nennt. Doch als Maschinenbautechniker hat er damit kein Problem. „Wir machen natürlich viele Stopps – um zu filmen, zu fotografieren, und weil wir einfach Zeit haben wollen, das aufzunehmen, was da draußen passiert“, erzählen die beiden. Im Zentrum des Kontinents gibt es kaum Infrastruktur. Der nächste Ort ist oft mehrere Hundert Kilometer entfernt, eine Tankstelle manchmal der einzige Anlaufpunkt.

„Wir wollten eigentlich eine andere Strecke fahren, aber von den starken Regenfällen im April sind noch immer viele Landstriche überschwemmt“, betont Bea. Die beiden Moped-Fahrer aus Burghausen sind von den Regengüssen jedoch verschont geblieben. „Wir haben nur Ausläufer des Zyklons Alfred erwischt und auch sonst ist alles bisher super gelaufen“, sagt Helmut. Zum Schwimmen im Meer haben sich die beiden wegen Krokodilen und Haien bisher aber nur selten hinreißen lassen. „Die Sandstrände sind wirklich verführerisch, aber ohne Hainetze gehen wir nicht ins Wasser“, sagt Helmut.

„Am wichtigsten ist jetzt, genug Wasser dabei zu haben“, sagt Helmut. Die Ausrüstung der beiden ist aufs Nötigste reduziert – leicht, funktional und durchdacht. Wasserfilter gehören ebenso dazu wie Dosenessen, Trockenfrüchte und Milchpulver. „Wir können locker eine Woche autark leben“, sagt Bea. Und das ist notwendig – denn wer durch das Herz Australiens fährt, muss vorbereitet sein. Im Outback gibt es eben nur Staub, Hitze, Einsamkeit und wilde Schönheit. Und dann sind da die Tiere: „Manchmal kommt’s einem vor wie im Zoo“, schmunzelt Helmut. Kängurus, Emus, bunte Vogelarten – und ja, auch Spinnen und Schlangen. Doch denen begegnen die beiden mit gesundem Menschenverstand – feste Schuhe, Taschenlampe und nachts die Zeltplane gut im Blick. „Einmal war eine Spinne drin – das reicht auch.“

Mut und Neugier
als Zusatz-Motor

Die Reisen von Bea und Helmut sind jedoch nicht nur physisch herausfordernd – sie sind auch eine Begegnung mit sich selbst. Seit 2011 haben die beiden weit mehr als 155000 Kilometer auf zwei Rädern hinter sich – durch Russland, die Mongolei, Alaska und Chile. „Was uns antreibt, ist so etwas wie kindliche Neugier“, erklärt Bea. „Wenn man mutig ist und einfach losgeht, dann ergeben sich immer Wege.“ Genau das sei auch die größte Erkenntnis ihrer Weltreise gewesen: Nicht der Kopf entscheidet, sondern oft der Bauch.

Und mit dem richtigen Maß an Vertrauen und Flexibilität lassen sich auch die scheinbar unmöglichen Pläne umsetzen. Wie eine Tour mit alten Mopeds über den legendären „Old Telegraph Track“ an der Nordspitze von Queensland. „Alle haben gesagt, das geht nicht“, erinnert sich Helmut. Aber es ging. Auch wenn sie bei der letzten Flussüberquerung ihre Maschinen komplett versenkten: Das Lachen und der Zusammenhalt machen stark. Andere Abenteurer wurden zu eifrigen Helfern und halfen den beiden, die Mopeds durch den Fluss zu tragen.

Aus zwei Jahren
wurden sechs

Damit sich die reiselustigen Burghauser ihren Traum leisten können, kehren sie immer wieder in ihre Heimat zurück: Dann leben und arbeiten sie, bis sie erneut alles verkaufen, um ins Unbekannte aufzubrechen. „Es ist ein anderes Leben als das von vielen – aber es fühlt sich richtig an“, sagen beide. Als Umweltingenieurin und Maschinenbautechniker haben die beiden zudem Jobs, mit denen sie immer wieder gern als Arbeitskräfte aufgenommen werden. Von Youtube-Videos, Fotografie und ihrem bei National Geographic veröffentlichten Buch können die beiden noch nicht unabhängig leben.

Aber das macht nichts, sagen die zwei. Denn der Weg ist für sie zum Ziel geworden. „Als wir 2011 zu unserer Weltreise aufbrachen, da waren wir totale Anfänger und ich frag‘ mich schon manchmal, wie wir das hinbekommen haben – ohne Testfahrt und voll beladen, wie wir waren“, lacht Bea. „Damals wollten wir eigentlich zwei Jahre fahren und daraus wurden sechs. Das hat unseren Horizont so unglaublich erweitert und unseren Blick aufs Leben verändert. Man erkennt auf einmal viel klarer, was wirklich wichtig ist und welche Möglichkeiten einem offen stehen“, sagt Helmut. „Das hat das Reisen mit uns gemacht.“

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