Rosenheim – Anlässlich seines 25. Bühnenjubiläums kommt der Hamburger Künstler Jan Delay auch nach Rosenheim. Im Gepäck: eine Mischung aus Funk, Soul, Disco, Hip-Hop und Pop. Warum man sich für sein Konzert unbedingt ein Ticket kaufen sollte – und was vor seinem Auftritt auf keinen Fall fehlen darf, verrät er im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen – per Du, darauf besteht er.
Würdest du dich selbst als politischen Menschen bezeichnen?
Ja, auf jeden Fall. Ich hatte aber auch das große Glück, dass ich mit Bands groß geworden bin, die sich politisch geäußert haben. Von daher war für mich klar, dass ich selber in eine ähnliche Richtung gehe.
Also gehören politische Themen auf die Bühne?
Das ist von dem Menschen abhängig, der auf der Bühne steht. Ich würde niemals von mir auf andere schließen und finde die Vorstellung schrecklich, dass man von jedem, der auf der Bühne steht, verlangt, dass er sich politisch äußert. Zumal ich die politische Meinung von einigen Menschen gar nicht wissen will.
In deinen Texten sprichst du oft gesellschaftliche Themen an.
Es sind oft Zeilen in meinem Text. Aber eben nur dann, wenn ich einen guten Reim für das Thema finde. Ansonsten findet es auch nicht statt. Denn für mich besteht die Regel, dass Entertainment über allem steht. Es geht bei meinen Auftritten um einen geilen Sound und gute Musik – und darum, dass alle tanzen und schwitzen.
Also die Möglichkeit, dass man für die Dauer des Konzerts alles vergessen kann?
Ja, wobei es mir gar nicht so sehr ums Vergessen geht, sondern vielmehr darum, neue Kraft zu tanken.
Am Dienstag, 15. Juli, bist du zu Gast beim Rosenheimer Sommerfestival. Dein zweiter Besuch in der Stadt.
Das stimmt, ich war damals beim Strandkorb-Festival dabei. Wir haben dort zwei Tage gespielt.
Ist dir von der Stadt selbst etwas in Erinnerung geblieben?
Ich war im Freibad, daran kann ich mich noch erinnern. Man kann also sagen, ich habe nur gute Erinnerungen an Rosenheim (lacht).
Gibt es Rituale vor deinen Auftritten?
Ja, wir sitzen mit der ganzen Band zusammen und gehen noch einmal die ganze Setlist durch. Wir besprechen noch einmal mögliche Änderungen oder Dinge, die am Vortag vielleicht nicht so gut gelaufen sind. Dann drücken wir unsere Fäuste aufeinander und schauen uns in die Augen. Wir übertragen sozusagen unsere Energie.
Du wirkst auf der Bühne immer gut gelaunt und sprudelst nur so vor Energie. Kommt das automatisch, wenn du auf die Bühne gehst?
Ja, das könnte ich auch gar nicht spielen. Ich liebe, was ich mache. Und ich liebe meine Band über alles. Ich liebe die Musik und einen Großteil der Menschen, die mir bei meinen Konzerten zuhören (lacht).
Ich kann also gar nicht anders, als gute Laune zu haben und mich über die Situation zu freuen.
Gibt es bei dir vor einem Auftritt noch so etwas wie Lampenfieber?
Ein bisschen Aufregung ist immer da. Das ist meiner Meinung nach auch wichtig, weil die Aufregung dabei hilft, fokussiert zu sein. Man denkt in diesem Moment nur daran, was gleich passiert. Du denkst nicht daran, dass du noch deine Steuer machen musst oder dass du vergessen hast, Haferflocken zu kaufen. Du denkst nur daran, was gleich passiert. Und deshalb ist man aufgeregt.
Wann besonders?
Es gibt immer mal wieder Orte, bei denen ich aufgeregter bin als bei anderen. Bei meiner Show in Hamburg war ich natürlich aufgeregter als bei meinem Auftritt in Bielefeld. Einfach deshalb, weil in Hamburg meine Familie und meine Freunde sind.
Was darf bei deinen Konzerten nicht fehlen?
Ein geiler Sound (lacht). Aber bestimmte Getränke oder Snacks brauchen wir nicht.
Deine Tour heißt „Best of 25 Years“ und ist eine musikalische Reise in die Vergangenheit. Bist du zufrieden?
Mit meiner Karriere? Ja, auf jeden Fall.
Und sind alle deine Lieder gut gealtert?
Ja, ich finde schon. Es war lustig, mir alle meine Lieder noch einmal anzuhören. Und natürlich habe ich bei einigen alten Liedern festgestellt, dass der Sound zum Teil suboptimal war. Wir waren damals eben noch nicht so gut. Und: Ich liebe alle meine Videos. Aber es gab schon damals ein Video, das ich nicht ganz so geil fand. Daran hat sich auch 25 Jahre später nichts geändert (lacht). Prinzipiell kann man also sagen: Es hat sich wenig verändert. Ich finde meine Lieder auch Jahre später noch genauso gut – oder schlecht – wie damals, als sie rauskamen.
Das ist schön.
Ja, dafür bin ich auch sehr dankbar.
Wenn ein Lied von dir im Radio kommt: Sender wechseln oder anhören?
Ich würde es hören, glaube ich. Wenn ich im Club bin, und es wird ein Lied von mir gespielt, ist mir das oft unangenehm, weil mich dann alle anstarren. Aber wenn das Radio läuft, bin ich entweder alleine oder nur umgeben von wenigen Leuten. Da ist es nicht so peinlich.
Wie lebt es sich als Berühmtheit?
Hin und wieder kann es nervig sein, wenn man erkannt wird. Aber ich will nicht meckern. Auch, weil es auf dieser Welt wahrscheinlich keinen einzigen Job gibt, der keine nervigen Schattenseiten hat.
Wie anstrengend ist so eine Tour eigentlich?
Ich glaube, es ist immer davon abhängig, was man für Musik macht und wie dich das ausfüllt. Was ich mache, ist eine krasse körperliche Betätigung. Wir machen zwei Stunden Leistungssport. Da braucht man ziemlich viel Kondition. Aber für mich kann es gar nicht anstrengend genug sein. Es gehört für mich dazu. Wenn ich will, dass die Leute bei meinen Shows hüpfen und tanzen, dann muss ich das auch selbst tun. Von nichts kommt nichts.
Bei mehreren Shows hintereinander stelle ich mir das anstrengend vor.
Natürlich ist das nicht ohne. Aber wenn man liebt, was man tut, ist es nicht anstrengend. Es gibt da diesen einen Spruch: Finde etwas, das dir Spaß macht, und du musst nie wieder arbeiten.
Und bei dir ist das so?
Ja, auf jeden Fall.
Wie entspannst du nach einem Konzert?
Mit meiner Band. Wir sitzen zusammen, trinken Whisky-Cola und reden über das Konzert. Wichtig ist, dass ich sitzen muss. Nach einem Konzert kann ich meist nicht mehr stehen. Nach einer halben Stunde oder so geht es dann wieder.
Worauf können sich die Rosenheimer freuen?
Auf die krasseste Show, die sie je gesehen haben. Ich habe eine wirklich sehr, sehr gute Band. Es kommt immer ein bisschen aufs Publikum an, aber in der Regel gibt es spätestens beim sechsten Lied niemanden mehr, der nicht tanzt. Im Anschluss gehen alle glücklich und selig grinsend nach Hause. Haben Muskelkater und sind für den nächsten Monat heiser. Aber gleichzeitig haben sie auch ganz viel Kraft getankt. Von einem „Disko No. 1“-Konzert kann man noch viele Wochen zehren.
Interview: Anna Heise