Hundham – Zwei Brände binnen weniger Stunden auf zwei Bauernhöfen im selben Ort. An Zufall glaubt kaum jemand. Die Bilanz der Nacht ist jedenfalls verheerend: Nach Angaben des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd wurde ein Feuerwehrmitglied leicht verletzt. Vier Kälber wurden durch das Feuer getötet. Der Gesamtschaden an den Anwesen geht in die Millionen.
Die Erschöpfung ist den verbliebenen Einsatzkräften der Feuerwehr am Dienstagvormittag, an dem die Sonne bei bereits über 25 Grad gnadenlos herunterbrennt, anzusehen: Ihre Haare sind zerzaust, die Gesichter verschwitzt, ihrer schweren Schutzjacken haben sich die Retter entledigt.
Langwierige Suche
nach Glutnestern
Doch immer noch gibt es hier an dem großen, landwirtschaftlichen Anwesen an der Leitzachtalstraße in Hundham, das nur noch einer Ruine gleicht, viel zu tun. „Das Gebäude wird gerade abgetragen, damit wir auch wirklich an alle Glutnester kommen“, sagt Michael Floßmann, Einsatzleiter und Kommandant der Hundhamer Feuerwehr, die bei der Suche nach Glutnestern auch auf den Einsatz einer Drohne setzt. „Bis in den Nachmittag hinein werden wir sicherlich noch im Einsatz sein.“
Begonnen hatte der herausfordernde Einsatz bereits elf Stunden zuvor, als die Integrierte Leitstelle Rosenheim über einen Brand auf dem landwirtschaftlichen Anwesen im Herzen des Dorfes informiert worden war. Bei Ankunft der ersten Einsatzkräfte standen das Wohnanwesen sowie ein landwirtschaftliches Nebengebäude bereits in Vollbrand. „Durch das rasche und professionelle Eingreifen der Einsatzkräfte konnte der Brand unter Kontrolle gebracht und abgelöscht werden“, teilte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd mit.
Nach Angaben des Polizeisprechers sei im Zuge der Löscharbeiten ein Helfer der Feuerwehr leicht verletzt worden, die Familie, die sich beim Ausbruch des Feuers im Wohnraum befunden hatte, konnte die Räumlichkeiten „selbstständig und unverletzt“ verlassen. Für vier Kälber, die in einem Nebengebäude untergebracht waren, kam allerdings jede Hilfe zu spät. Den Sachschaden am Gebäude und den technischen Geräten schätzen die Ermittler auf einen hohen sechsstelligen Betrag.
Gelegenheit zum Durchschnaufen gab‘s für die rund 300 Einsatzkräfte von Feuerwehren aus den Landkreisen Miesbach und Rosenheim allerdings nicht. Denn bereits um 2.30 Uhr wurde die Wehr zum Brand eines weiteren landwirtschaftlichen Anwesens – nur rund 900 Meter vom ersten Brandort entfernt, an der Leitzachtalstraße in Richtung Dürnbach – gerufen. Auch hier gelang es schnell, den Vollbrand unter Kontrolle zu bekommen. Dadurch konnte ein Übergreifen des Feuers auf das Wohngebäude verhindert werden. Verletzt wurde niemand, den Schaden am zerstörten Nebengebäude sowie den dort abgestellten landwirtschaftlichen Geräten taxierten die Ermittler auf einen niedrigen sechsstelligen Bereich.
Tadellose Kooperation
der Blaulicht-Teams
„Die Zusammenarbeit zwischen den Feuerwehren aus den beiden Landkreisen sowie allen beteiligten Blaulicht-Organisationen hat hervorragend geklappt“, bewertete Einsatzleiter Floßmann den Ablauf der beiden, teilweise parallel verlaufenden Einsätze. Wobei allerdings die hohen Außentemperaturen den Einsatzkräften deutlich zugesetzt hatten. „Die Kleidung ist ja alles andere als leicht, wenn dann noch die Temperaturen und die körperliche Anstrengung hinzukommen, kommt man da schon an die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit“, berichtet der Kommandant der Hundhamer Feuerwehr. Dass es Probleme mit der Wasserversorgung gegeben habe, wie zunächst berichtet, sei hingegen nicht richtig, klärt Kreisbrandinspektor Franz Huber auf: „Die Wasserversorgung war immer ausreichend.“
Und wie geht es den Betroffenen? „Die Familie, die auf dem Anwesen wohnt, auf dem es zuerst gebrannt hat, ist bei Bekannten untergekommen“, teilt Polizeisprecher Daniel Katz auf OVB-Anfrage mit. Wobei auch Kreisbrandinspektor Huber hier die Hilfe aus der Nachbarschaft nicht unerwähnt lassen möchte: „Die Dorfgemeinschaft hier und der familiäre Zusammenhalt machen so ein Erlebnis zwar nicht leichter, aber vielleicht doch erträglicher für die Familie.“
Das Wohnhaus am zweiten Brandort ist hingegen nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Wobei der eigentliche Hausherr dort derzeit gar nicht anzutreffen ist. „Mein Vater, dem das Anwesen gehört, ist derzeit in einem Krankenhaus auf Reha“, berichtet der Sohn des Hofbesitzers, der mit seiner Lebensgefährtin und dem kleinen Kind derzeit als „Hofsitter“ fungiert. „Für uns war das natürlich schon ein Schock“, berichtet der junge Mann. „Ich hab‘s erst mitbekommen, dass es bei uns brennt, nachdem meine Freundin die Feuerwehr bemerkt hat.“
Mittlerweile hat er auch seinen Vater über das Unglück informiert. „Das hat ihn natürlich schon mitgenommen“, sagt der junge Mann. „Aber letztlich war er natürlich froh, dass niemandem etwas passiert ist.“ Landwirte aus der Nachbarschaft seien gleich zu Hilfe geeilt, um bei der Versorgung der Tiere zu helfen.
Die Dorfgemeinschaft
steht fest zusammen
Auch Verwandte und Freunde fanden sich nur wenig später auf dem Anwesen ein, um die junge Familie zu unterstützen. Dass es wenige Stunden davor bereits auf einem anderen Hof in der Nachbarschaft gebrannt hatte, hat der Sohn des Hofbesitzers nach eigenen Angaben dann erst später erfahren. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ein Zufall ist“, so der junge Mann, der glaubt, dass beide Brände in Verbindung stehen. Eine Befürchtung, die auch die Polizei nicht entkräften kann. „Für die Kripo Miesbach, die die Ermittlungen übernommen hat, ist auch ein Brandstiftungsdelikt vorstellbar“, bestätigt Polizeisprecher Katz gegenüber dem OVB. Einen Beleg dafür gibt es aber noch nicht, wie er klarstellt.
Für die Hundhamer ist die Unsicherheit jedenfalls eine belastende Situation. So bezeichnet ein Dorfbewohner, der sich mit Freunden vor einer Bäckerei verabredet hat, die Stimmung im Dorf als „depressiv“. Mehr möchten er und seine Freunde dazu aber nicht sagen. Auch die Mitarbeiterin einer Bäckerei will in Hinblick auf eine Einschätzung „zunächst abwarten, was Polizei und Feuerwehr herausfinden“, sagt aber dann doch: „Ein komischer Zufall wäre es schon, wenn das nicht zusammenhängt.“
Ein Zufall, an den auch eine andere Hundhamerin nicht glaubt, die gerade mit ihrem Fahrrad auf dem Weg zum Friedhof ist. „Ich wohne ganz in der Nähe des ersten Brandorts und stand gerade auf dem Balkon, als das Feuer ausgebrochen ist“, erinnert sie sich. „Erst habe ich eine Feuersäule gesehen, kurze Zeit später dann schon die Sirenen gehört.“ Vom zweiten Brand habe sie hingegen erst später erfahren. „Ich bin überzeugt davon, dass die beiden Brände miteinander in Verbindung stehen“, sagt die Hundhamerin, die den Gedanken, in ihrem Heimatort könnte ein Feuerteufel sein Unwesen treiben, als „ein schreckliches Gefühl“ bezeichnet.