München/Waldkraiburg – Wer schießt welches Tor? Wann gibt es eine Rote Karte? Wie geht ein Spiel aus? Fußballwetten sind eine eigene Welt für sich. Vor allem eine lukrative. Wer sich dabei nicht an die Regeln hält, kann richtig abkassieren. Beim Kampf gegen illegales Glücksspiel hat das Polizeipräsidium mit der Staatsanwaltschaft München I zu einem Rundumschlag ausgeholt. Wie bereits berichtet, gab es am vergangenen Mittwochmorgen deutschlandweite Razzien, auch Objekte im Ausland wurden durchsucht. Die Hintergründe dieser Aktion haben die Ermittler jetzt erläutert.
Fußballwetten im Internet ohne Lizenz
Demnach ging es vor allem um illegale Fußballwetten im Internet. Die auf bestimmten Internetseiten agierenden Anbieter hatten laut Polizei zum einen keine Glücksspiellizenz, zum anderen sollen keine Steuern auf die Gewinne gezahlt worden sein. Letzterer ist ein wichtiger Punkt. Denn: „Es geht um einen Gewinn im zweistelligen Millionenbereich“, erklärt Ermittler Guido Rissmann vom Kommissariat 33. Seit 2023 hat er zusammen mit Staatsanwältin Anja Biel ein groß angelegtes Netzwerk im Visier, das wohl schon seit dem Jahr 2012 aktiv sein könnte.
Jetzt wurden 162 Objekte durchsucht – etwa in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Berlin. Außerdem gab es Zugriffe in Österreich, Spanien und auf Malta. Die heftigen Vorwürfe: Bildung einer kriminellen Vereinigung, illegales Glücksspiel, Steuerhinterziehung.
950 Polizisten bei den Razzien im Einsatz
Insgesamt 950 Beamte waren bei den Razzien im Einsatz, allein 200 in München, wo 51 Objekte durchsucht wurden. Zweiter Schwerpunkt: Waldkraiburg. Konkret auf das Umfeld des dortigen Wettanbieters „Bet3000“ angesprochen, verwies Staatsanwältin Biel auf das Steuergeheimnis und das laufende Verfahren. Das heißt: keine Auskunft.
Bis zum Mittwochnachmittag waren Ermittler in Waldkraiburg vor Ort, durchsuchten in der Innenstadt Büros, Wohnungen und Privathäuser. Insgesamt waren es 15 Objekte. Bei den Anwohnern blieb das große Polizeiaufgebot natürlich nicht unbemerkt und warf viele Fragen auf. Denn erklären konnte es sich keiner, warum so viel Polizei auftaucht.
Die Polizei wies jetzt darauf hin, dass bei der Razzia am Mittwoch kein Wettbüro in Waldkraiburg durchsucht worden ist. Das hat auch die Geschäftsführung des Wettanbieters bestätigt. Außerdem stamme ein durchtrenntes Polizei-Siegel an der Eingangstür nicht von der Razzia, sondern sei nach einem Überfall auf die Filiale angebracht worden. Näher zu den Durchsuchungen wollte sich die Geschäftsführung aber bislang nicht äußern.
„Bet3000“ mit einer
ersten Stellungnahme
Eine erste Stellungnahme hingegen verteilte die Firma IBA Entertainment, die unter dem Namen „Bet3000“ Sportwetten anbietet und ihren Sitz in Malta hat, am gestrigen Donnerstag vor dem Polizeipräsidium in München.
Demnach richten sich die Vorwürfe „gegen einzelne Personen, auch aus dem Umfeld der Gesellschaft“ – aber nicht gegen den Wettveranstalter selbst. „Wir nehmen diese Vorwürfe sehr ernst und werden vollumfänglich mit den Behörden kooperieren“, hieß es in der Mitteilung. Auf E-Mail-Anfrage antwortete IBA bis Redaktionsschluss nicht.
„Bet3000“ ist übrigens einer der Sponsoren des TSV 1860 München. Die Homepage des Unternehmens, das gerade erst seine Online-Glücksspiellizenz in einem anderen Verfahren zurückbekommen hat, war zuletzt zugangsgeschützt.
Verdächtige führten ein Luxus-Leben
Die Ermittler prüfen das Szenario, dass die Verdächtigen vordergründig legale Sportwetten betrieben – und hintergründig ihr illegales Online-Geschäft. Dazu seien über private Kontakte Links und Zugangsdaten verteilt worden. Auf den schwarzen Seiten wurde dann mit Einsätzen von 50 Euro bis zu 100000 Euro gezockt. „Dabei wurde die gesetzlich vorgeschriebene Wettsteuer von 5,3 Prozent systematisch nicht abgeführt.“
Von den Millionengewinnen hätten sich die Tatverdächtigen ein Luxus-Leben mit Villen, Sportwagen und teuren Uhren geleistet. Entsprechend wurden laut Rittmann „Vermögenswerte sichergestellt“.
Tätergruppen in
Form einer Pyramide
Der Ermittler skizziert „hierarchisch strukturierte Tätergruppen“, deren Strukturen einer Pyramide ähneln. Es gebe Beschuldigte im Bereich einer niedrigen zweistelligen Zahl, darunter auch Frauen. Hinzu kommen etwa 85 männliche Spieler, die genau gewusst hätten, was sie da illegales trieben. Für Letztere stehen Geldstrafen oder Haftstrafen von bis zu sechs Monaten in Aussicht. Den Hintermännern drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis.