„Verrückt genug, um an Schönheit zu glauben“

von Redaktion

Unter dem Motto „Zeit der Blüte“ stehen heuer die Herrenchiemsee-Festspiele. Beim Festakt wurden diese feierlich eröffnet. Zu Gast war neben Bayerns Europaminister Eric Beißwenger auch Albaniens Ministerpräsident, der eine besondere Festrede hielt.

Chiemsee – Zum Abschluss spielte das Orchester KlangVerwaltung die als Hymne Europas bekannte „Ode an die Freude“ aus dem letzten Satz der 9. Sinfonie Ludwig van Beethovens. Europa war ein zentrales Thema des Festakts zur Eröffnung der Herrenchiemsee Festspiele. Neben Bayerns Europaminister Eric Beißwenger war auch Albaniens Premierminister Edi Rama, der die Festrede hielt und von Beißwenger im Schloss zum Staatsempfang geladen wurde, auf der Herreninsel. Schirmherr der Festspiele ist US-Dirigent Kent Nagano, der drei Konzerte leitet.

Alles unter dem Motto „Zeit der Blüte“

„Zeit der Blüte“ ist das Motto heuer, auch deshalb war Ministerpräsident Rama ein passender Gast. Albanien erlebt aktuell einen Wirtschaftsboom – größtenteils dank riesiger Bauinvestitionen in den Tourismus. Daran gibt es aber auch Kritik, denn Rücksicht auf Naturschutz oder den historischen Stadtkern der Hauptstadt Tirana wird bei den Investitionen kaum genommen. Zu den Investoren zählt auch Trumps Schwiegersohn Jared Kushner.

Bayern und Albanien pflegen enge Verbindungen, die auf Franz Joseph Strauß zurückgehen. Ministerpräsident Markus Söder belebte diese Verbindung wieder. Albanien strebt die EU-Mitgliedschaft an und wird dabei von Bayern unterstützt. Die Wiederwahl von Rama im Mai wurde von Wahlbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisiert. Ihnen zufolge waren die Bedingungen nicht für alle Parteien gleich.

Begrüßt hatte Rosenheims Landrat Otto Lederer, stellvertretender Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Festspiele Herrenchiemsee, die Gäste im Spiegelsaal. Minister Beißwenger sagte in seiner Grußrede, der Freistaat fördere die Festspiele mit 160000 Euro – eine der größten Festspielförderungen in Bayern. Kunst und Kultur im Allgemeinen fördere Bayern mit jährlich knapp einer Milliarde Euro. „Bayern ist ein Kulturstaat, das steht nicht nur in unserer Verfassung“, so der Europaminister. Das Motto „Zeit der Blüte“ passe gut, „das inspiriert nicht nur musikalisch, sondern hat uns auch gesellschaftlich viel zu sagen. Denn Zeiten der Blüte entstehen nie aus Bequemlichkeit“, mahnte Beißwenger. Neues zu schaffen erfordere meist Mut, Althergebrachtes zu hinterfragen und mit Ideen Neuland zu betreten. Beißwenger: „Das passt nicht nur bestens hierher zu Herrenchiemsee und Ludwig II., sondern auch zu unserem bayerischen Mindset.“

Albaniens Ministerpräsident Rama empfand es in seinem Festvortrag auf Englisch nicht nur als Ehre, sondern als echtes Privileg, eingeladen zu sein. Er erinnerte daran, dass König Ludwig II. als „mad king“ bezeichnet wurde, also als verrückter König: „Verrückt, weil er sein Vermögen nicht für Armeen, sondern für Wagner ausgab. Nicht für Eroberungen, sondern für die Perfektionierung des Schönen. Verrückt auch deshalb, weil er den Geist dem Schwert vorzog.“ Ludwig II. sei der letzte große Romantiker der Macht gewesen, ein Mann, der nicht durch Dekrete, sondern durch Träume regierte. Rama appellierte an die Gäste im Neuen Schloss Herrenchiemsee, die Seele Europas zu schützen: „Nicht nur in Verträgen und nicht nur mit Soldaten, sondern auf unseren Straßen, in den Klassenzimmern unserer Kinder und in den stillen Winkeln unserer Träume“. Albaniens Staatschef, selbst künstlerisch sehr aktiv, sagte abschließend: „Lasst uns so sein wie Ludwig, zumindest ein bisschen verrückt, vielleicht nicht so verrückt. Verrückt genug, um an die Schönheit zu glauben, verrückt genug, um sie zu verteidigen, verrückt genug, um die Schönheit wieder zum Herzstück Europas zu machen.“

Perfekt ins Timing der Festspiele passte die Ernennung der Märchenschlösser von König Ludwig II. in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Landrat Lederer sieht jetzt die einmalige Chance, „Schloss Herrenchiemsee als lebendigen Kulturort zu stärken – einen Ort, wo Weltkulturerbe nicht nur betrachtet, sondern auch erlebt wird.“ Die Festspiele seien dafür das beste Beispiel: „Hier wird das Schloss nicht zum Museum, sondern zur Bühne. Hier verbinden sich Ludwigs Traum von einem bayerischen Versailles mit zeitgenössischer Kultur. Genau das macht unsere Region so besonders – wir bewahren nicht nur das Erbe, wir lassen es lebendig werden.“

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