Harte Attacke aus München

von Redaktion

Streit um Brenner-Nordzulauf – Bußjäger schießt gegen Sepp Lausch

Rosenheim/München – Der Brenner-Nordzulauf spaltet die Region – und nicht nur sie: Für Ärger sorgt er auch in den Reihen der Freien Wähler. Otto Bußjäger, stellvertretender Landrat des Landkreises München, kritisiert Sepp Lausch, Landtagsabgeordneter aus Großkarolinenfeld, als „Bremser“, Lausch polemisiere gegen den Brenner-Nordzulauf, und das aus Eigennutz.

In der Tat positioniert sich Sepp Lausch immer wieder gegen das Neubau-Projekt der Bahn, das Deutschland und den Norden Europas an den Brennerbasistunnel anschließen soll. So denken viele Bundespolitiker, so denken auch die Planer der Deutschen Bahn.

Tunnel wichtig,
neue Gleise nicht

Nicht aber Lausch: Der Brennerbasistunnel sei ein großartiges Projekt und wichtig für die Zukunft des Alpentransits, sagte er kürzlich beim Landtruck, einer Veranstaltung des Bayerischen Landtags. Den Brenner-Nordzulauf in Form von zwei neuen Gleisen, den brauche es aber nicht.

Der eine dafür, der andere dagegen: Das ist nicht ungewöhnlich. Auch bei den Grünen beispielsweise äußerten sich Vertreter der Partei vor Ort mitunter kritisch gegenüber dem Brenner-Nordzulauf. Anders als Mitglieder des Landtages oder des Bundestages: Die sind offenbar in den meisten Fällen für das Neubau-Projekt.

Ungewöhnlich ist die
Schärfe der Kritik

Ungewöhnlich ist die Schärfe der Kritik. Otto Bußjäger ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Vor einigen Wochen vollzogen er und der FW-Kreisverband München die Trennung von der Partei Freie Wähler. Unter anderem wegen des Rechtsdralls der Partei, wie Bußjäger sagt. Aber auch wegen der Brenner-Nordzulauf-Opposition von Sepp Lausch. Der stelle „sein Wohl über das Gemeinwohl“, findet Bußjäger. Jedenfalls wollen die Freien Wähler im Landkreis München auch deswegen künftig wieder parteifreie Politik machen. Im Sinne der Kommunen. Und da spielt der Brennerbasistunnel eine wichtige Rolle.

So wollen die Münchner die enormen Verkehrsprobleme in und vor der Metropole in den Griff bekommen. Um sich zu informieren, machten der stellvertretende Landrat und andere Interessierte aus dem Münchner Umland eine Tour zur Großbaustelle. „Die Teilnehmer an der Fahrt waren sehr beeindruckt“, sagt Bußjäger. Sepp Lausch hatte vergangenes Jahr nach seiner Tour in den Süden ein ganz anderes Fazit gezogen.

Einigkeit immerhin
in einem Punkt

Dabei sind sich beide Kontrahenten in einem Punkt einig: Der Brennerbasistunnel ist eine gute Sache. Nur an der Zuführung scheiden sich die Wege. Anders als Sepp Lausch ist Bußjäger davon überzeugt, dass es die beiden neuen Gleise braucht. Wegen des absehbar steigenden Bedarfs. Aber auch wegen der verschiedenen Geschwindigkeiten der Züge für Güter und Personen, für Nahverbindungen und Fernzüge. Daher kritisiert er Lausch. Der streue Verunsicherung und polarisiere. Und zwar mit Halbwahrheiten. Ähnlich hatte das OVB bereits berichtet. Und auch aus der Partei selbst hatte es schon Kritik gegeben.

In der Tat fällt Lausch mit Thesen auf, die Erklärungsbedarf nach sich ziehen. Woher seine Rechnung von 30 Milliarden Euro Kosten für den Brenner-Nordzulauf stammt, erschließt sich nicht sofort. Eine Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen ergab Folgendes: Lausch überträgt nach eigenen Worten die Kostenkalkulation der zweiten Stammstrecke in München auf das Brenner-Nordzulauf-Projekt.

Da liegen die Kostenplanungen mittlerweile bei 9,5 Milliarden Euro, wohingegen die Bahn bereits mit elf Milliarden rechnet – wegen der Inflation, die bis zur Fertigstellung in frühestens zehn Jahren viel Kaufkraft fressen wird. Und weil der Nordzulauf fünfmal so lang und das Gelände gleichermaßen schwierig sei, habe er 30 Milliarden in den Raum gestellt.

An höhere Kosten
glauben auch andere

Denn Lausch geht davon aus, dass der Brenner-Nordzulauf womöglich erst Mitte der 2040er-Jahre fertiggestellt sein wird. Er ist im Übrigen nicht der Einzige, der von höheren Kosten ausgeht. Ulrich Lange (CSU), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, sprach kürzlich von 15 Milliarden Euro „im Extremfall“. Von der Deutschen Bahn selber gibt es nur grobe Peilungen, und die liegen auch noch Jahre zurück. Von sieben Milliarden Euro war zu Beginn der Planungen die Rede.

Otto Bußjäger setzt sich dennoch weiter vehement für den Brenner-Nordzulauf ein. Damit bessere Verbindungen für Reisende möglich sind, damit aber auch Güter von der Straße auf die Schiene verlagert werden können. München würde das entlasten, sagt er. Er kennt als Kommunalpolitiker das Verkehrschaos in und um die Landeshauptstadt herum.

Konter auf die Kritik?
„Kein Kommentar“

Doch nicht nur München, auch die Menschen in der gesamten Region und Europa würden vom Brenner-Großprojekt profitieren, meint er. Daher verwahre er sich dagegen, dass aus leicht durchschaubaren Gründen ein europäisches Leuchtturmprojekt der Verkehrswende und des Umwelt- und Menschenschutzes verzögert oder gar zerredet werde. Bußjäger: „Wir lassen uns von Sepp Lausch nicht vor Europa blamieren.“

Der so Angegriffene will sich zur Kritik seines Ex-Parteifreundes nicht äußern: „Zu Otto Bußjäger gebe ich keinen Kommentar ab.“

Artikel 6 von 11