Rosenheim – Es ist ein Problem, das auch viele Eltern zu spüren bekommen. In zahlreichen Kitas fehlt es bundesweit am Personal. Das bringt nicht nur die vorhandenen Mitarbeiter an ihre Grenzen, sondern führt auch schnell zu Schließungen von einzelnen Gruppen oder ganzen Einrichtungen. Während die Träger und Kommunen händeringend versuchen, die Stellen zu besetzen, brauchen Eltern nicht selten eine Notlösung. In der Region vom Mangfalltal über Rosenheim und Mühldorf bis ins Berchtesgadener Land kennt man die Sorgen.
Wie es tatsächlich in den einzelnen Kitas aussieht, ist allerdings schwer genau zu sagen. Auch für die Gemeinden. Denn nicht alle Einrichtungen werden von den Kommunen selbst getragen. Viele stehen in Trägerschaft der Kirche oder werden von den großen Wohlfahrtsverbänden betrieben. Wie zum Beispiel der Awo.
Die Arbeiterwohlfahrt hat einige Kitas in der Region Rosenheim – und ist vom Fachkräftemangel ebenfalls nicht verschont. „Teilweise gibt es Standorte, in denen es schwierig ist, andere sind voll besetzt“, sagt Anton Reiserer, Geschäftsführer des Awo-Kreisverbandes Rosenheim-Miesbach, auf OVB-Anfrage. Gründe dafür seien, dass im Umland von München viele Fachkräfte wegen der Zulagen lieber in die Großstädte fahren oder Absolventen nach dem erfolgreichen Abschluss erst mal im Ausland arbeiten wollen. „Zudem Kinderpfleger auch tendenziell in andere Berufsfelder abwandern“, betont der Geschäftsführer.
Rosenheim profitiert
von der Berufsschule
So sei es immer wieder mal der Fall, dass Gruppen oder Einrichtungen geschlossen werden müssen. „Wir bemühen uns um Notgruppen und senden mobile Kräfte in die Einrichtungen, um Schließungen weitgehend zu vermeiden“, versichert Reiserer. Der Awo-Geschäftsführer berichtet zudem davon, dass er insgesamt eine „leichte Besserung“ bei der Suche nach Fachpersonal feststellt. Auch bei den Kinderpflegern habe sich die Situation „durch die Ausbildung an der Berufsschule Rosenheim stark verbessert“.
Ähnliches ist von der Erzdiözese München und Freising zu hören. Diese betreibt zwar selbst keine Kitas in der Region, allerdings gibt es Einrichtungen in der Trägerschaft verschiedener Kirchenstiftungen. „In den Stiftungskitas hat sich die Lage in den vergangenen Jahren allgemein leicht verbessert, ist aber immer noch angespannt“, teilt eine Sprecherin der Erzdiözese mit.
Stabile Personallage
in Stadt und Landkreis
Gründe für die schwierige Personallage sind ihr zufolge auch „das gesellschaftliche Ansehen des Berufs und teils veraltete Aussagen über Gehälter“. Und: „Da im Vergleich zu anderen Branchen mehr junge Frauen als Erzieherinnen tätig sind, befinden sich die Mitarbeiterinnen zudem häufiger in Mutterschutz, Teilzeit und Elternzeit“, betont die Sprecherin. Dennoch gebe es in „vielen Stiftungskitas“ ausreichend Personal, Personalengpässe seien nur aus „einigen“ Einrichtungen bekannt.
Das zeigt auch ein Blick auf die Antworten der Gemeinden aus dem Landkreis Rosenheim. Während in der Stadt Rosenheim zum Beispiel zwei Erzieherstellen unbesetzt sind, konnten bis auf wenige Ausnahmen alle Landkreis-Kommunen die Stellen für den Herbst besetzen. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Erzieherstellen oder Ausfälle wegen einer Schwangerschaft oder der Elternzeit.
Stabile Situation
auch im Mangfalltal
In vielen Kitas im Landkreis gibt es zudem Praktikumsstellen oder Plätze für ein Freiwilliges Soziales Jahr – auch nach diesen ist die Nachfrage nicht überall gleich groß. Letztlich ergibt sich in den Kitas, die in der Trägerschaft der Landkreis-Gemeinden stehen, ein Personalschlüssel – Kinder pro Erzieher – im Schnitt von 8,5 bis neun. Berechnet an den Zahlen, die von den Gemeinden zur Verfügung gestellt wurden.
Ähnlich ist die Personalsituation im Mangfalltal. Der Betreuungsschlüssel bewegt sich in den Einrichtungen dort in der Regel zwischen 1:7 und 1:10, wobei immer zwischen Kindergarten und Krippe unterschieden werden muss. Was die nackten Zahlen betrifft, lässt sich die personelle Situation im Mangfalltal als durchaus stabil bezeichnen. Fast alle angefragten Träger, zu denen oftmals die Kommunen selbst gehören, verzeichnen keine unbesetzten Stellen. Weder im Bereich der Erzieher, noch im Bereich der Kinderpfleger-Anstellungen treten hier nennenswerte Lücken auf.
Doch zur Wahrheit gehört auch, dass es für die Verantwortlichen in den Mangfalltal-Kommunen immer herausfordernder wird, die Stellen grundsätzlich neu- oder nachzubesetzen.
Neubesetzung wird
herausfordernder
So berichtet etwa Manuela Müller, Verwaltungsleitung beim katholischen Kita-Verbund Wendelstein, dem insgesamt sechs Einrichtungen in Bad Aibling, Bad Feilnbach und Raubling angehören, dass sich die Lage deutlich verändert habe. „Vor 20 Jahren gab es mehr Bewerberinnen, insbesondere Kinderpfleger-Bewerberinnen, als Stellen“, so Müller.
Seit etwa fünf Jahren seien die qualitativ guten Bewerbungen jedoch sehr selten geworden. Etwas abfedern könnten dies zwar teils zahlreiche Quereinsteiger. Jedoch benötigten diese sehr viel Anleitung und stellten zunächst „keine große Hilfe bei der frühkindlichen Bildung und Erziehung der Kinder“ dar, so Müller.
Keine größeren
Sorgen in Wasserburg
Im Wasserburger Land müssen sich die Eltern auch nicht um die Erziehung und Bildung ihrer Kinder sorgen: Die Lage beim Personal ist dort in den Kitas „stabil“. Eine regionale Umfrage zeigt kaum Engpässe. Der Kita-Verbund Wasserburger Land verzeichnet eine „äußerst positive Entwicklung“ und versorgt 600 Kinder mit 130 Mitarbeitern. Auch die städtischen Kitas in Wasserburg sind gut aufgestellt, lediglich eine Leitungsstelle ist offen.
Der Soyener Integrationskindergarten und die Awo-Kitas in Schonstett und Ramerberg melden auch keine unbesetzten Stellen. Ähnlich positiv ist die Lage bei der Katholischen Kirchenstiftung St. Nikolaus Albaching, deren Kita-Verbund bis auf eine Hort-Stelle alle Positionen besetzt hat. Der evangelische Kindergarten Löwenzahn und der Integrationshort Pfaffing sind ebenfalls voll besetzt.
Ausreichend Personal
und Kitas in Mühldorf
Im Landkreis Mühldorf und Altötting stehen die Träger hingegen vor einer anderen Herausforderung: Die Zahl der Kinderbetreuungseinrichtungen ist in den vergangenen zehn Jahren nahezu explodiert. So gibt es im Landkreis Altötting derzeit 100 Kindergärten und -krippen, im Landkreis Mühldorf sind es sogar 122. Trotzdem sagt stellvertretend für viele andere Träger Maximilian Gschwendtner vom Bayerischen Roten Kreuz in Altötting: „Derzeit finden wir ausreichend Fachpersonal.“ Nur drei Anbieter im Landkreis Mühldorf melden im Moment je eine offene Stelle. 979 Menschen arbeiten dort gerade in der Kinderbetreuung.
Auf der Suche nach dem Grund für die derzeit noch gute Personalsituation in der Region hört man immer wieder zwei Antworten: die Hochschule mit ihrem Studiengang Pädagogik der Kindheit, und vor allem die Fachakademie für Sozialpädagogik in Starkheim im Süden von Mühldorf. „Deren Absolventen erfüllen häufig passgenau unser Suchprofil“, betont Mühldorfs Sprecher Werner Kurzlechner.
Schwierige Suche in
Traunstein und BGL
Im Landkreis Traunstein und Berchtesgadener Land gestaltet sich die Suche nach neuen Kräften wohl etwas schwieriger. Die Eindrücke aus den Rathäusern sind beinahe einhellig. „Früher hatten wir bis zu zehn Bewerbungen auf eine Stellenausschreibung, heute haben wir oft gar keine oder nur eine“, berichtet die Stadt Bad Reichenhall. Eine Entwicklung, die auch andere Gemeinden wie Ramsau bestätigen und die sich bis in die Nachwuchsgewinnung durch Praktika oder Freiwilligendienste zieht, wo die Nachfrage oft ausbleibt.
Trotz dieser Lage zeigt sich das hohe Engagement der Kommunen. Viele schaffen es, durch große Anstrengungen einen Personalschlüssel zu realisieren, der deutlich über dem gesetzlichen Minimum liegt, mit Werten, die oft zwischen 1:6 und 1:9 liegen.
Wie es ums Personal der Einrichtungen in der ganzen Region von BRK, Diakonie und Caritas steht, blieb bis gestern, Freitag, unbeantwortet.