Rosenheim – Er ist der Neue im Team von Romed. Einer mit ziemlich guten Aussichten. Das betrifft sein Büro, luftig und hell, es öffnet sich auf eine großzügige Vordach-Terrasse, von der aus man einen schönen Ausblick auf eine der ruhigeren Ecken Rosenheims hat. Mit verhältnismäßig wenig Straße bei viel Grün.
Gute Aussicht genießt er aber auch, was seinen Job bei Romed in Rosenheim betrifft; eine beruflich „besonders erfüllende Aufgabe“ nehme er als neuer Chefarzt der Kinderklinik in Angriff, wie Dr. Hendrik Jünger sagt. „Und das in der Heimat der Familie meiner Frau.“
Den Neuen zog es
immer in die Berge
Der Besucher stutzt da erstmal. Hendrik ist nicht der häufigste aller bayerischen Vornamen, und dann spricht Hendrik Jünger auch noch reines Hochdeutsch. Aber – im Lichte eines bayerischen Sommertages betrachtet, täuscht das ebenso wie die klaren blauen Augen, die Hendrik Jünger vom Büroschreibtisch aus zum Casting einer norddeutschen Krankenhaus-Serie empfehlen würden. Der neue Chefarzt der Kinderklinik bei Romed in Rosenheim ist nicht nur Kinderarzt aus Überzeugung. Er ist aus Überzeugung auch in Bayern.
Jünger stammt aus Wipperfürth, gut 50 Kilometer von Köln entfernt. Es zog ihn nach dem Abi aber bald in den Süden. Zunächst nach Berchtesgaden. Dort diente er bei den Gebirgsjägern. Genauer: beim Hochgebirgszug. In den Bergen ist er sommers wie winters gerne unterwegs, wie er sagt. Sein Medizinstudium nahm er in Bonn auf, Lausanne und München waren die weiteren Stationen. Seine Ausbildung zum Facharzt absolvierte er in Tübingen und München. Schwerpunkte: Neuropädiatrie, Neonatologie sowie Intensiv- und Notfallmedizin. In München lernte er seine Frau kennen – eine Aiblingerin. „Ich war dann auch privat oft in der Gegend“, erzählt er.
2019 ging er nach Kempten, ihn reizte die Möglichkeit, eine Klinik zu leiten. Die akademische Laufbahn jedenfalls habe ihn nicht so angezogen, auch wenn er 2011 den Wissenschaftspreis der deutschen Fachgesellschaft für Neuropädiatrie erhalten hatte. Nach sechs Jahren im Allgäu zog er im April 2025 weiter – in die Heimat seiner Frau.
Hendrik Jünger folgt
auf Thorsten Uhlig
Rosenheim also. Dort leitet er nun seit wenigen Wochen die Kinderklinik, als Nachfolger von Dr. Thorsten Uhlig, der in den Ruhestand ging. Es sei ein fließender Übergang gewesen, heißt es vonseiten der Klinik, und auch Jünger betont die gute Atmosphäre. „Ich bin sehr freundlich empfangen worden“, sagt er, „da kann ich mich nur bei meinem Vorgänger bedanken.“ Überhaupt, sinniert er, sei die Atmosphäre in einer Kinderklinik in der Regel freundlich, angenehm, auch aufgrund der besonderen Patienten, die eben mitunter mehr Fröhlichkeit verbreiten. „Spontan gute Stimmung“ nennt er das.
Das fördert nicht nur die Laune unter den Kollegen. Das fordert auch dauernden Einsatz. Ein besonderer Beruf sei das, sagt Jünger. In der Kinderklinik stehen die Patienten am Anfang ihres Lebens, sie haben hoffentlich noch viele Jahre vor sich und können dementsprechend davon profitieren, was das Personal bei Romed für sie tue. Und: Andere Ärzte konzentrieren sich auf Fachbereiche. Kinderärzte auf den ganzen kleinen Patienten. Jeden Tag lernen und wachsen, das gilt dementsprechend für Kinder und die Spezialisten, die für sie da sind.
Jünger selbst war viel unterwegs. Er arbeitete in Level-1-Neonatologien, also in Neugeborenen-Stationen der höchsten Versorgungsstufe, aber auch als Kindernotarzt der Berufsfeuerwehr München. In der Kinderklinik in Kempten baute er in sechs Jahren eine breit aufgestellte und doch spezialisierte Kinderklinik mit zahlreichen Spezialambulanzen, MVZ und Pädiatrischer Psychosomatik auf, holte die Zulassung für ein neues Sozialpädiatrisches Zentrum und leitete das Perinatalzentrum, die Einrichtung also, die sich auf die Versorgung von Schwangeren, Müttern und Neugeborenen konzentriert, vor allem im Falle von Früh- und Risikogeburten.
In Rosenheim will Hendrik Jünger die stationäre Versorgung ausbauen und spezialisierte Angebote fördern, etwa in der Neuropädiatrie und Kindergastroenterologie. Er setzt auf Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen, etwa so, wie er das mit der Telemedizinischen Plattform in München zehn Jahre lang erlebt hat. Nicht jeder Arzt kann und muss alles können. Er sollte aber wissen, wo Experten zu finden sind, die man konsultieren kann.
Netzwerken zum
Besten der Familien
Ambulante und stationäre Leistungen enger zu vernetzen ist Jünger daher ein Anliegen. Es gehe darum, die heimatnahe Versorgung für chronisch und komplex erkrankte Kinder zu stärken, um betroffene Familien zu entlasten. So will er auch die Neonatologie und Kinderintensivmedizin ausbauen. Langfristig strebt er die Entwicklung der Klinik hin zu einem Zentrum, das sämtliche Schwerpunkte der Kinder- und Jugendmedizin ambulant und stationär anbietet. „Im Sinne unserer kleinen Patienten lege ich Wert auf enge und kollegiale Kooperationen“, betont Jünger. „Regional mit unseren Partnern aus den kinderärztlichen Praxen, und überregional mit den Münchner Universitätskliniken.“ Wenn Familien mit komplexer erkrankten Kindern immer wieder weite Wege zur nächsten Universitätsklinik fahren müssen, sei das eine zusätzliche Belastung. Vor allem, wenn es um Frühgeborene gehe, die oft mehrere Monate in der Klinik bleiben müssen. Das stresse Kind und Eltern, sagt er: „Es zerreißt Familien.“
Es sind viele Aufgaben und Möglichkeiten, die Hendrik Jünger in Rosenheim sieht. Er weiß sie zu schätzen. Weil er auch schon die andere Seite der Welt gesehen hat. Die arme Seite. Während der Arbeit an einer Kinderklinik in Uganda entdeckte er seine Leidenschaft für die Kindermedizin. Und in Sierra Leone vertiefte er sie. „Das ist eines der ärmsten Länder der Welt“, sagt Jünger, „mit extrem hoher Kindersterblichkeit.“ Eine traurige Quote, die man manchmal schon mit einfachen Maßnahmen senken könne. „Wenige Flugstunden von uns ist die Welt eine andere“, sagt der Arzt, der die Nähe doch so schätzt. „Das hilft, Themen einzuordnen.“