Abstrus hohe Mengen an Kinderpornos

von Redaktion

68-Jähriger hortet Zehntausende Dateien – Täter nicht pädophil – Bewährungsstrafe

Traunstein/Rosenheim – Ein 68-jähriger Angestellter aus dem Landkreis Rosenheim hortete Zehntausende kinder- und jugendpornografischer Dateien. Das Besondere daran: Es ging ihm weniger um den Inhalt der Bilder und Videos, sondern vorrangig um das Sammeln, den Besitz. Die Erste Jugendkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzender Richterin Heike Will verurteilte den geständigen und reuigen Angeklagten gestern zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die unter Auflagen zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Der Tatzeitraum reichte zurück bis in das Jahr 2021. Auf den Fotos und Filmen waren ganz oder teilweise entkleidete Mädchen unter 14 beziehungsweise 18 Jahren beim vaginalen oder oralen Geschlechtsverkehr mit anderen Minderjährigen oder Erwachsenen zu sehen.

Alter der Opfer war
eindeutig zu erkennen

Das Alter der Opfer hätte der Angeklagte ohne Weiteres erkennen können, hieß es in der Anklage. Zur Last lagen dem verheirateten Mann in sechs Tatkomplexen insgesamt inkriminierte 33278 Dateien, darunter 535 Filme und 25412 Bilder mit Kinderpornos. Den Rest bildeten Videos und Fotos mit Jugendpornografie.

Bei einer Wohnungsdurchsuchung waren Beamte der Kripo Rosenheim auf einen Raum gestoßen, den nur der Angeklagte nutzte. Er hatte im Lauf der Jahre bezüglich der Datenträger aufgerüstet. Neben internen Festplatten auf PCs fanden sich 29 externe Festplatten und 45 CDs beziehungsweise DVDs. Die Ermittler konnten gar nicht alle über 38000 Dateien auswerten, sondern beschränkten sich auf große Teile.

Der nicht vorbestrafte Angeklagte zeigte sich gestern einsichtig und reuig. Er beteuerte, ihm sei es nicht um die Darstellungen gegangen. Das bestätigte ein Therapeut, den der 68-Jährige auf eigene Kosten konsultiert hatte. Der Angeklagte stamme aus schwierigen familiären Verhältnissen, habe berufliche Probleme gehabt und habe „sich selbst mit dem Schopf aus dem Sumpf gezogen“. Die Pornos hätten „zum Abschalten im Kopf“ gedient. „Es war eindeutig Stresskonsum“, meinte der Therapeut. Der 68-Jährige habe „wahllos alles heruntergeladen und messiehaft gesammelt“. Eine Suchthaltung, eine Abhängigkeit mit Kontrollverlust verneinte der Therapeut. Die Behandlung sei erfolgreich abgeschlossen: „Er hat einen Schlussstrich gezogen.“

Der Mann habe bis zu 100 Gigabyte bei seinen „exzessiven Downloads“ heruntergeladen, stellte der psychiatrische Sachverständige, Dr. Rupert Müller aus Freilassing, fest. Der 68-Jährige habe sich davon angeblich nicht sexuell erregt gefühlt. Vielmehr sei das Sammeln für ihn „wie ein Kick“, vergleichbar mit wahllosem Shoppen, die Kinderpornos „Beifang“ gewesen. Keinerlei Suchtkriterien seien erfüllt, hob der Gutachter heraus. Auch eine „pädophile Präferenz“ liege nicht vor. Der Angeklagte sei bei allen Taten voll schuldfähig gewesen. „Weiß Ihre Frau von dem Verfahren?“, wollte die Vorsitzende Richterin wissen. Der Rentner bejahte. Weiter unterstrich er: „Ich weiß durch die Therapie, dass es viel schönere Dinge gibt, als vor dem PC zu sitzen. Wir gehen viel in die Natur.“ Der Angeklagte war mit Einziehung seiner ganzen Technik inklusive Handy einverstanden, was ihm in der Strafzumessung zugutekam.

Eine Sammlung
nur für den „Kick“?

Staatsanwältin Sabine Krotky sprach von „einer exorbitanten Sammlung“ von Dateien. Auch sie nahm dem 68-Jährigen ab, dass es ihm eher um „das Haben der Pornobibliothek“ ging. Auf die Spur gelangt sei man ihm über eine Mitteilung aus den USA. Ein IT-Forensiker habe das Volumen an Dateien als „nicht alltäglich“ bezeichnet.

In der Strafzumessung führte die Anklägerin an: „Es steckten wohl keine sexuellen Neigungen oder psychiatrische Störungen dahinter. Aber soll ich einen aus Neigung handelnden Täter schwerer bestrafen als jemand, der es wegen des Kicks macht?“ Eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten sei angemessen, eine Bewährung wäre damit nicht möglich gewesen. Die Verteidiger aus München plädierten auf ein Jahr neun Monate Strafe mit Bewährung. Das Urteil wurde noch im Gerichtssaal rechtskräftig – und zwar mit Zustimmung der Staatsanwältin. kd

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