Raubling – Nachts mit dem Lkw über den Brenner: Was aufgrund des nächtlichen Lkw-Fahrverbots in Tirol eigentlich unmöglich ist, hat die Spedition Dettendorfer mit Sitz in Nußdorf und Flintsbach möglich gemacht. Mit dem Einsatz von E-Lkw, die vom Nachtfahrverbot ausgenommen sind, kann die Spedition nun auch nachts Güter über den Brenner transportieren – und so auch Staus sowie die österreichische Blockabfertigung umgehen.
Dettendorfer mit
eigener E-Ladestation
für Lkw in Raubling
Um das möglich zu machen, hat Georg Dettendorfer investiert. Nicht nur in Lkw mit elektronischem Antrieb, sondern auch in seine eigene Ladestation in Raubling. Auf der anderen Seite haben auch die Südtiroler mitgeholfen und eine Ladestation in Bozen eingerichtet. „Das war für uns der Schlüssel, dass wir damit starten konnten“, erklärt Dettendorfer bei der Vorstellung seiner Ladestation gemeinsam mit dem Lkw-Hersteller MAN in Raubling am vergangenen Donnerstag.
Es läuft bisher also gut. Der E-Lkw schafft es über den Brenner – und bergab Richtung Bozen rekuperiert das Fahrzeug, lädt sich also wieder auf. Ist man dann allerdings in Italien angekommen, fehlt es dort noch an der Ladeinfrastruktur. Daher eignen sich die Fahrzeuge bisher fast nur für die Fahrten über den Brenner und zurück.
Bei der Vorstellung seiner Elektro-Tankstelle richtete Dettendorfer auch direkt ein paar Worte an Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter, der neben dem Tiroler Verkehrslandesrat René Zumtobel auch zur Diskussion geladen war.
„Wirtschaftlich ist das Ganze natürlich nur dann, wenn die Maut befreit oder reduziert ist“, betont Dettendorfer. „Die Mautbefreiung muss auch für die Zukunft bleiben.“ Kein Wunder, schließlich sind die elektrischen Lkw auch mehr als doppelt so teuer wie die klassischen Diesel-Fahrzeuge. „Wir nehmen wahnsinnig viel Geld in die Hand, und wir planen nicht nur für zwölf oder 24 Monate. Wir brauchen Planungssicherheit.“
Bernreiter betont, man sei im Freistaat natürlich in allen Bereichen technologieoffen. Man sei offen für E-Lkw, aber auch für Wasserstoff und andere Lösungen. Dettendorfer hält davon wenig. „Technologieoffenheit ist für uns nicht bezahlbar“, betont er. Er könne nicht alle Optionen anschaffen und betreiben. Das sei einfach nicht wirtschaftlich.
Beim Thema, wie es in Zukunft mit den E-Lkw weitergeht, reicht Bernreiter den Stab an Zumtobel weiter. Man brauche die Sicherheit aus Tirol, dass die Befreiung vom Nachtfahrverbot für E-Lkw bleibe.
Von Zumtobel folgt daraufhin nur ein erfreutes Lachen. Er betont: „Die beste Variante, Güter über den Brenner zu transportieren, ist der Transport durch den Brennerbasistunnel.“ Dann folge die Steilstrecke der Bahn und dann der E-Lkw.
Man müsse den E-Lkw als Brückentechnologie sehen, so der Tiroler. „Ich denke, das Wichtigste ist, dass wir nach dem 3-V-Prinzip arbeiten: Vermeiden, Verlagern, Verbessern.“ Der E-Lkw falle in die dritte Kategorie, die Bahn in die zweite.
Gesprächsbasis für
das Slot-System am
Brenner ist „sehr gut“
Man habe eine „sehr gute Gesprächsbasis“ zwischen Bayern und Tirol, ist sich Zumtobel sicher. Eine Gesprächsbasis braucht es auch, wenn man endlich vorankommen will – und den schier endlosen Blockabfertigungsstaus ein Ende bereiten möchte. Als Lösung steht nun ein Slot-System mit digital buchbaren Lkw-Fahrten im Raum.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Österreichs Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) hatten sich bereits dafür ausgesprochen. Aktuell hakt es allerdings noch in Italien. Und auch die Details sind wohl noch nicht ganz geklärt. „Wir brauchen dann wirklich einen Staatsvertrag“, betont Bernreiter nach der Diskussionsrunde im OVB-Gespräch. Über ein Slotsystem könne man nur sprechen, „wenn erstens die Blockabfertigung komplett gestorben ist und zweitens Tirol bereit ist, zumindest das Nachtfahrverbot einzuschränken“, sagt der Verkehrsminister. Und der Optimismus, dass das wirklich passiert, hält sich aktuell noch in Grenzen. „Bisher sehe ich auf Tiroler Seite noch keine Bereitschaft, sich zu bewegen“, sagt Bernreiter.
Zur Beibehaltung der Befreiung vom Nachtfahrverbot von E-Lkw betont Zumtobel gegenüber dem OVB, dass es nicht vorgesehen sei, ein Verbot für E-Lkw einzuführen, wenn man ohnehin noch nicht so wahnsinnig viele elektrische Lkw habe. Was man allerdings auch beachten müsse: Tirol habe nur eine gewisse Kapazität. Die Emissionen seien zwar in den vergangenen Jahren schon stark reduziert worden – und E-Lkw seien nahezu emissionsfrei unterwegs – aber man dürfe nicht vergessen, dass man den Verkehr schon aufgrund der Topografie von Tirol einfach aufteilen müsse.
Dennoch möchte sich Zumtobel bedanken. Bei Spediteuren, die in die Zukunft investieren – so wie Dettendorfer. Die ihren Fuhrpark modern halten, sodass die Emissionen möglichst gering gehalten werden. Und die in neueste Technologien wie die E-Lkw investieren – die mit einer Befreiung vom Nachtfahrverbot belohnt werden.
Auch Zumtobel sieht die Lösung im Slot-System. Und gibt den Spediteuren eine Aussicht für die Zukunft: „Am Nachtfahrverbot halten wir natürlich fest, aber was die Emissionsfreiheit betrifft, gibt es Ausnahmen, die fahren dürfen.“ Das sei auch der Grund, warum die Frachtunternehmen nun umstellen. „Sanfter Druck macht erfinderisch“, ergänzt Zumtobel und lacht erneut. „Ich bin guter Dinge, dass jetzt etwas in Bewegung kommt.“
Gewitterwolke am
Horizont: Lässt Italien
seine Klage fallen?
Die Gewitterwolke, welche allerdings noch über Österreich und Italien schwebt, bleibt allerdings: die italienische Klage gegen die Blockabfertigung der Österreicher. Zumtobel rechnet Ende 2026 mit einem Urteil. „Für uns in Tirol ist es natürlich schwierig, so etwas (Anm. d. Red.: ein Slot-System) zu vereinbaren, wenn es gleichzeitig eine Klage gibt.“
Vielleicht bestehe ja auch die Möglichkeit, diese zurückzuziehen. In Österreich sei man jedenfalls bereit für weitere Gespräche.