„Lauterbachs halbgarer Schnellschuss“

von Redaktion

Herzpatienten können sich in der Region Rosenheim auf die Kooperation von Kardiologen und Herzchirurgen verschiedener Kliniken verlassen. Ob das auch nach der Krankenhausreform noch möglich sein wird, ist unklar. Die Gründe erklärt das Bayerische Gesundheitsministerium.

Vogtareuth – „Das Fachzentrum für Herzchirurgie in Vogtareuth darf nicht der Krankenhausreform zum Opfer fallen“, betont CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig. Das regionale Netzwerk habe sich bewährt. „Und gerade im ländlichen Raum sind wir auf Netzwerke zwischen Kliniken angewiesen“, betont sie.

Die Krankenhausreform soll die Behandlungsqualität verbessern, eine flächendeckende medizinische Versorgung sichern und die Krankenhausversorgung entbürokratisieren. „Die Kliniken vor Ort brauchen Planungssicherheit“, fordert Daniela Ludwig. Doch gerade in diesen Bereichen hätte „Lauterbachs halbgarer Schnellschuss“, so Ludwig, gravierende Fehlentwicklungen zur Folge gehabt. „Unter anderem für die medizinische Versorgung im ländlichen Raum und die Fachkliniken, die um einzelne Abteilungen oder gar um ihren Bestand fürchten.“

Krankenhausreform
wird nachgebessert

Entsprechend groß seien die Aufgaben, die vor der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) stünden. Die neue Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine „praxisnahe Weiterentwicklung“ des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) geeinigt. Der neue Name: Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG).

Vor wenigen Tagen sind die Ergebnisse auf Landesebene angekommen. „Dem Bayerischen Gesundheitsministerium liegt der vom Bundesgesundheitsministerium angekündigte Referentenentwurf zum Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) seit dem 5. August vor“, informiert ein Ministeriumssprecher.

Der Entwurf enthalte „nach kursorischer erster Durchsicht durchaus einige merkliche Nachbesserungen“. Die geplanten Änderungen am KHVVG müssten nun aber erst einmal intensiv fachlich geprüft werden. Dazu gehöre auch die Frage, ob oder inwieweit die Anpassungen durch das KHAG nun Kooperationen zwischen den Kliniken stärker anerkennen, um Leistungsgruppenvoraussetzungen zu erfüllen und „den Ländern ausreichend Beinfreiheit für notwendige Abweichungen von im konkreten Fall unerfüllbaren Vorgaben einzuräumen“.

Gerade diese Frage ist für das Fachzentrum für Herzchirurgie in Vogtareuth von existenzieller Bedeutung. Nach der Tabelle für Qualitätskriterien des Lauterbachschen Gesetzes (Anlage 1 des KHVVG) bräuchte eine Klinik für Herzchirurgie künftig auch eine eigene Kardiologie.

In der Region wird die kardiologische Akutversorgung aber seit vielen Jahren in enger Kooperation von Vogtareuther Herzchirurgen und Kardiologen der Kliniken in Rosenheim, Agatharied, Traunstein, Landshut oder Eggenfelden gesichert.

Noch geht Gesetz
an der Realität vorbei

„Es ist essenziell, dass die Länder von den Leistungsgruppenvoraussetzungen im begründeten Einzelfall abweichen dürfen“, betont das bayerische Gesundheitsministerium auf OVB-Anfrage, denn: „Das vom ehemaligen Bundesminister Karl Lauterbach gegen massive Bedenken aus der Praxis durchgedrückte Gesetz geht aktuell an der Versorgungsrealität in Flächenländern vorbei.“

Im Moment sei es noch zu früh, um „konkrete Einschätzungen über die finale Ausgestaltung der Krankenhausreform zu geben“, erklärt CSU-Bundestagsabgeordnete Ludwig.

„Wir befinden uns noch am Anfang dieses Prozesses. Der Gesetzentwurf bleibt abzuwarten.“ Die Spezifik der Fachkliniken und die vielfältige Ausgestaltung von Kooperationen, Netzwerken und eigenen Abteilungen in den Kliniken mache das Konstrukt sehr komplex. „Wir müssen genau prüfen, welche Folgen jede einzelne Änderung der Reform hat“, beschreibt Ludwig einen komplizierten Prozess. „Dazu bedarf es eines intensiven Austauschs aller Verantwortlichen.“

Auch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention kann „keine Aussagen zu den Auswirkungen im Detail tätigen, bevor das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist“. Die Festlegung der letztlich maßgeblichen Leistungsgruppen und deren Voraussetzungen erfolge auf Bundesebene. „Daher sind bis zum Inkrafttreten des KHAG keine Aussagen dazu möglich, ob die Schön Klinik Vogtareuth die künftigen Vorgaben für eine herzchirurgische Versorgung erfüllen wird“, betont der Sprecher des Gesundheitsministeriums.

Daniela Ludwig sagt ihre „unterstützende Begleitung“ zu. Sie stehe den Kliniken für Gespräche zur Verfügung, denn: „Je mehr Input ich aus meiner Region habe, umso mehr kann ich diese Erfahrungen in den Gesamtprozess einbringen.“

Auswirkungen
noch nicht absehbar

Auch das bayerische Gesundheitsministerium verspricht, „sich unter den künftigen Leistungsgruppen weiterhin für die Sicherstellung einer flächendeckenden und qualitativ hochwertigen Versorgung der Bevölkerung im Bereich der Herzchirurgie wie auch der anderen medizinischen Fachdisziplinen“ einzusetzen.

Versorgung soll
erhalten bleiben

Ein Ministeriumssprecher erklärt aber auch: „Die vom Bayerischen Krankenhausplanungsausschuss verabschiedeten Planungsgrundsätze sehen für den Bereich der Herzchirurgie große und besonders leistungsfähige spezialisierte Einrichtungen vor. Bereits jetzt ist die herzchirurgische Versorgung in der Regel an einem Standort/Ballungsraum je Regierungsbezirk gebündelt. So gibt es etwa in Niederbayern, der Oberpfalz und Oberfranken jeweils einen Standort für die herzchirurgische Versorgung. Lediglich in Oberbayern gibt es mehrere Herzzentren.“

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