Rosenheim/Traunstein/Berchtesgadener Land – „Noch vor 150 Jahren war Meister Petz in den Wäldern des bayerisch-böhmischen Grenzgebirges relativ häufig anzutreffen“, setzte ein Artikel im Bayern-Teil des Ober bayerischen Volksblatts (OVB) vom 16. Juli 1974 an. Anlass war die Ansiedlung von Braunbären im Nationalpark Bayerischer Wald, allerdings hinter Gittern. „Die Bärenfänger Georg und André Forster aus Zwiesel erlegten um diese Zeit rund 70 Bären zwischen Arber und Rachel. 1812 gab es an der Arberseewand noch eine regelrechte Bärenhatz.
Noch hinter
Gittern verwahrt
Ein Jäger hatte zwei Bären in einer Felsenhöhle aufgespürt. Man holte Schützen aus dem nahen Bodenmais, die den beiden nach einer dramatischen Jagd schließlich den Garaus machten. Am Deffernikbach am Fuß des Lusen fiel schließlich im Jahr 1875 der letzte Bayerwald-Bär der Kugel eines Jägers zum Opfer.“ Der letzte Bär überhaupt in Bayern wurde dann Mitte des 19. Jahrhunderts bei Ruhpolding erlegt.
In den 1970ern war Meister Petz also in jedem Fall noch, ob im Zoo, Zirkus oder Nationalpark, hinter Gittern verwahrt. Heutzutage werden sie auch wieder in unserer Region gesichtet und sorgen für Aufregung. Im Gebiet der Winklmoosalm, genauer am Sondersberg auf 1245 Metern Höhe, wurden am Wochenende des 16. und 17. August Hinweise auf die Anwesenheit eines Bären gemeldet. Die gefundenen Tierhaare sind – wie berichtet – zur genetischen Untersuchung im Senckenberg-Institut für Wildtiergenetik im südhessischen Gelnhausen, nahe der Grenze zu Bayern, geschickt worden. Der Vorfall beschäftigt bereits die sozialen Medien und lokale Politiker. Im April 2023 riss ein Bär bei Oberaudorf zwei Schafe. Er streifte weiter durch die Gegend, bevor er in Schwarzach im Salzburger Land von einem Zug erfasst wurde und starb. Seit 2019 gibt es immer wieder Bärennachweise in Bayern.
Anfang der 1990er-Jahre war unterdessen die Idee von Bären in unserer Region noch Theorie. „Wenn es nach Plänen österreichischer und deutscher Biologen geht (…) sollen sich im ganzen Alpenraum bald wieder wilde Wölfe und Bären tummeln“, berichtete Erwin Lass im OVB am 8. April 1992. Sogar „bärengerechte Autobahnbrücken“ seien vorgeschlagen worden. Auch der Raum Rosenheim sei davon betroffen. Allerdings stießen diese Überlegungen auch auf Kritik. „Die heimische Jägerschaft erteilt den Plänen der Wildbiologen jedoch eine klare Absage.“ „Seiner Meinung nach könnten die Versuche für gewisse Zonen in den Zentralalpen geeignet sein. Doch wilde, umherwandernde Braunbären oder Wolfsrudel im Voralpengebiet seien ein Unding“, wird Alo Pan, Zweiter Vorsitzender des bayerischen Jagdverbands zitiert. Das Gebiet sei zu dicht besiedelt, das Nahrungsangebot zu gering. „Leidet der Bär Not, dann geht er auch auf Schafe oder andere Beutetiere los“, prophezeite Pan.
Nicht zu unterschätzen sei auch die Gefahr für Menschen, etwa durch Bärinnen, die ihre Jungen schützen wollten. Wichtiger sei nach Pans Ansicht, so schließt der Bericht, der Schutz heimischer Tiere, wie Birkhühner, Haselwild oder Murmeltiere.
Schon im Jahr darauf wurde die Theorie von Bären in der Region dann Praxis: „Vermutlich aus Kärnten oder Niederösterreich stammt der Braunbär, der seit Tagen in den Tegernseer Bergen für Aufregung sorgt“, meldete die Zeitung in der Ausgabe vom 8. August 1995.
„Seit Tierfotograf Georg Hofmann am 21. Juni auf seinen Wanderungen fernab von Fuß- und Radwegen einen Haufen Bärenkot fand, ist die Diskussion um den seit 100 Jahren hier nicht mehr heimischen Vierbeiner entfacht.“ „Muss man nun auch im Landkreis Rosenheim verstärkt mit ‚Wander-Bären‘ rechnen?“, fragt der Beitrag. „Der Bär braucht einen großen Lebensraum mit viel Wald und möglichst wenigen Menschen“, wird Bären-Experte Kai Elmauer zitiert. Ob die Bären sich auf die Wanderschaft nach Bayern begeben würden, könne man nicht vorhersagen. „Das Inntal würde den reisenden Bären jedenfalls nur als Durchzugsgebiet dienen, vermutet der Experte.“ Die Bären würden, seiner Ansicht nach, zudem „normalerweise keine Gefahr für den Menschen darstellen.“ Gleichzeitig finden sich zu diesem Zeitpunkt Anzeigen für den Schutz des Bären durch die Stiftung Europäisches Naturerbe unter dem Slogan „Sein Leben ist kein Honiglecken!“
Die Rückkehr
in die Alpen
In der Ausgabe vom 3. November 2004 konnte die Rückkehr des Tiers berichtet werden: „Der Braunbär ist in die Alpen zurückgekehrt. Staatsgrenzen werden ihn kaum aufhalten. Brummen also bald wieder Bären in Bayern?“, fragten Edgar Bauer und Nina Bautz. „Der eine oder andere Braunbär könnte schon in ein paar Jahren zum Beispiel im Raum Berchtesgaden anzutreffen sein“, wird Wildbiologe Andreas König zitiert. Gleichzeitig warnte auch er vor den Gefahren der Tiere: „Wenn man hingeht und ihn streichelt, kann er schon grantig werden und zu einer Watschn ausholen.“