Hexe Petrosilia kocht leider vergebens

von Redaktion

Auf dem Herbstfest kochte die Hexe Petrosilia Zwackelfrau gerade eine Kartoffelsuppe, als sie der Wiesnigel Ignaz entdeckte. Für wen sie kocht, wollte er wissen. „Für meinen Bruder natürlich, den bösen Zauberer Petrosilius Zwackelmann, und für den Räuber Hotzenplotz, der bekanntlich auf Otfried Preußlers Schreibmaschine in Stephanskirchen das Licht der Welt erblickte“, verriet die Hexe. Petrosilius ist, was heute viele nicht mehr wissen, ein Freund des berüchtigten Räubers.

„Des kannst du vergessen“, setzte der Ignaz die Petrosilia ins Bild. „In Stephanskirchen ist vom Preußler und seinen Figuren nix mehr da, auch dein Bruder nicht.“ Die verschnarchte Gemeinde, so erklärte ihr der Ignaz weiter, und Preußlers Töchter hätten es nicht gerafft, dass sowohl Preußlers Wohnhaus samt Arbeitszimmer sowie die wunderbare, leider aber verschleuderte Ausstellung im ehemaligen Sparkassen-Gebäude, das der Gemeinde gehört, ein touristischer Besuchsmagnet, ja ein „Wallfahrtsort“ für die über 50 Millionen Leser und Leserinnen der Hotzenplotz-Bücher aus aller Welt darstellen könnte. Da sei gedankenlos auf „fette Beute“ – so der Aufdruck auf einem beliebten Hotzenplotz-Stoffbeutel – verzichtet worden.

So aber sind für Familien, die im Urlaub nach Bayern kommen, Neuschwanstein, das Münchner Hofbräuhaus und das Schloss Herrenchiemsee die großen Sehenswürdigkeiten. Sie kennen von Bayern den Kasperl und den Sepperl und etliche weitere Gestalten aus Preußlers Werken, aber als Erinnerungsort geblieben ist nur noch der Teich des „Kleinen Wassermanns“ an der Sims, wo Preußler spazieren ging und in sein Diktiergerät sprach.

Es war in den 1970er-Jahren, als es schon mal hier einen solchen „Andenken-Frevel“ gab: Trotz vielfacher Proteste wurde mitten in Bad Aibling das Atelier des bedeutenden Malers Wilhelm Leibl abgerissen, das auch ein Ziel für Kunstbegeisterte hätte werden können – wie es heute das „Exterhaus“ in Übersee-Feldwies darstellt.

Ganz verwundert blickte Petrosilia Zwackelfrau den Wiesnigel an: „Ja, Krötenbein und Schlangengift, von welchem Gegenzauber waren denn die Ratsmitglieder verhext? Da haben der Kasperl und der Sepperl sicher gepennt!“ Der Wiesnigel entgegnete trocken: „Die waren eben nicht im Gemeinderat.“ hh

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